# taz.de -- Crowdfunding für Computerspiele: Millionen für den Monkey Man | |
> Keine Investoren? Lass' es von der Crowd bezahlen! Tim Schafer fand | |
> niemanden, der sein neues Spiel finanzieren wollte. Jetzt hat er im Netz | |
> jede Menge Geld bekommen. | |
Bild: Keiner weiß, worum es in Schafers neuem Spiel überhaupt gehen soll. | |
BERLIN taz | Am Computer schwierige Rätsel lösen, knifflige Geheimnisse | |
erforschen und verschwundene Gegenstände suchen? Während Grafikadventures | |
in Deutschland noch großen Anklang finden, gelten die Spiele in den USA als | |
klinisch tot. Große Publisher unterstützen die Spielentwickler nicht mehr, | |
neue Grafikadventures werden nicht mehr finanziert. | |
So erging es auch Tim Schafer und Ron Gilbert, Entwicklerlegenden und | |
Macher von Monkey Island. 400.000 Dollar benötigten sie für ihr neues | |
Spiel, Double Fine Adventure. Als sie unter den Publishern keine Geldgeber | |
fanden, wandten sie sich an die Netzgemeinde und riefen zur | |
[1][Crowdfunding-Aktion] auf. | |
Mit sensationellem Erfolg: Tausende Spendenwillige folgten Schafers Aufruf | |
und spendeten innerhalb von 24 Stunden mehr als eine Million Dollar. Und | |
das Projekt läuft weiter. Mittlerweile sind über 1,8 Millionen Dollar von | |
über 50.000 Unterstützern eingegangen, Tendenz steigend. | |
Schon ab einem Dollar kann man Schafers und Gilberts Aktion unterstützen. | |
Für 15 Dollar können Spendenwillige das Spiel – von dem zurzeit nur bekannt | |
ist, dass es ein "oldschool adventure" wird – vorab kaufen, für 250 Dollar | |
ein signiertes Poster. 10.000 Dollar sichern ein exklusives Mittagessen mit | |
den Spieldesign-Koryphäen, wer noch mehr hinlegen will, kann sich sogar als | |
Spiel-Character verewigen lassen. | |
## Längerfristiger Trend der Spielfinanzierung | |
"Die Spielewelt wird demokratisch" ließ Schafer nun euphorisch ob des | |
Erfolgs auf seiner Website verlauten. Projekte wie Kickstarter würden | |
Spieleentwicklern "die Freiheit geben, zu experimentieren und Risiken auf | |
sich zu nehmen und völlig frei zu designen". Es sei ein "kreativer Luxus", | |
den sich die meisten Studios nicht leisten könnten – "bis jetzt", laut | |
Schafer. Glaubt man den Worten des Spieleentwicklers, ist Crowdfunding ein | |
längerfristiger Trend der Spielfinanzierung. | |
"Crowdfunding ist eine demokratische Form der Kulturförderung", findet auch | |
Anna Theil von [2][startnext.de], einer deutschen Crowdfunding-Plattform, | |
die nach dem amerikanischen Kickstarter-Modell fungiert. "Tim Schafer hat | |
auf dem traditionellen Weg keine Geldgeber gefunden. Der Erfolg von Double | |
Fine Adventures zeigt, wie sinnvoll das Crowdfunding-Modell ist, wenn man | |
den Konsumenten direkt ansprechen und damit testen kann, ob ein Projekt | |
Erfolg haben wird." | |
Dabei kommt der Erfolg eines Projekts nicht von ungefähr. Wer Erfolg haben | |
will, muss gut vernetzt sein. "Crowdfunding basiert auf viraler | |
Kommunikation. Unterstützer tragen ihre Zustimmung in sozialen Netzwerken | |
weiter – und locken so neue Unterstützer an", so Theil. | |
Auch Matthias Finke von dtp entertainment, einem deutschen Publisher für | |
Adventure-Games, macht ein Schneeballsystem für den Erfolg von Schafers | |
Projekt verantwortlich, aber auch die Prominenz der Auftraggeber: "Das, was | |
dort passiert ist, ist schon eine ziemliche Ausnahme". Ihn begeistert das | |
Interesse, das den Spielentwicklern entgegengebracht wird. "Die Gamer sind | |
nicht nur mit Herz und Seele, sondern auch mit ihrem Geld dabei. Das | |
beweist, dass auch international noch Interesse für Grafikadventures da | |
ist." | |
## Der Stromberg-Faktor | |
Einen neuen Trend zur Finanzierung neuer Spiele möchte er nicht bestätigen, | |
"aber ich lasse mich gerne vom Gegenteil überzeugen." Einen Markt sieht er | |
eher für kleine Projekte und Nischengenres mit starker Fanbasis. "Ansonsten | |
ist der finanzielle Aufwand für ein gut produziertes Adventure doch zu | |
groß". Und dadurch von der Crowd nicht zu stemmen. | |
Dass Bekanntheit und gute Community-Arbeit wichtig für eine erfolgreiche | |
Aktion sind, lässt sich auch an Deutschlands prominestem | |
Crowdfunding-Beispiel erkennen – Stromberg. Per Investition übers Internet | |
durften sich die Fans des Bürohengstes an der Finanzierung eines | |
Stromberg-Kinofilms beteiligen – allerdings werden Sie auch am Gewinn | |
beteiligt, eine Ausnahme im Crowdfunding-Sektor. | |
Ansonsten sind die Projekte in Deutschland bislang eher klein ausgefallen. | |
"Dass die gespendeten Summen kleiner sind, hat vor allem mit der | |
Bekanntheit von Crowdfunding in Deutschland zu tun", behauptet Anna Theil | |
von Startnext. Aber: "Die Unterstützungszahlen wachsen in Deutschland. | |
Crowdfunding ist ein alternatives Finanzierungsmodell, das an Bedeutung | |
gewinnt, da die digitale Vernetzung immer wichtiger wird und auch die | |
Akzeptanz für Online-Bezahlsysteme zunimmt." | |
Ob sich Crowdfunding als alternative Finanziermethode auch in Deutschland | |
durchsetzt, ist noch unklar. Immerhin ersetzt es traditionelle | |
hierarchische Investitionsstrukturen und revolutioniert die klassische | |
Marktforschung – an der Spendenwilligkeit der Crowd lässt sich absehen, ob | |
ein Projekt überzeugt. Gleichzeitig bleibt als Vorraussetzung zur | |
"demokratischen" Finanzierung der Spendenwille der Unterstützer – und die | |
finanzielle Möglichkeit, zu spenden. | |
16 Feb 2012 | |
## LINKS | |
[1] http://www.kickstarter.com/projects/66710809/double-fine-adventure | |
[2] http://www.startnext.de/ | |
## AUTOREN | |
Katalina Präkelt | |
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