# taz.de -- Zwei Jahre „Flattr“-Zahlungen: Der User bauchpinselt nicht gern | |
> Zwei Jahre nach seiner Gründung ist der Bezahldienst „Flattr“ kein | |
> Erfolg: Der Dienst hat zu wenige Nutzer. Die Nutzer bevorzugen vertraute | |
> Bezahldienste. | |
Bild: Es wird noch geflattrt, aber wenig. | |
Ein Pirat, der Urhebern zu Einnahmen verhelfen will? Gibt’s – Peter Sunde, | |
der mit seinem Team und der Plattform Flattr versucht, einen netzgerechten | |
Weg für Bezahlung zu finden. Sunde war früher einer der Köpfe hinter der | |
Plattform The Pirate Bay, über die legal wie illegal im | |
Bit-Torrent-Tauschbörsennetzwerk erreichbare Inhalte zu finden waren und | |
bis heute sind. | |
Sunde ersann einen Weg, wie beide Seiten zueinander finden könnten. Nutzer | |
laden Geld auf ein Konto bei seinem Flattr-Dienst und können den | |
aufgeladenen Betrag per Mausklick im Netz verteilen. Seitenbetreiber können | |
dann ihre Einnahmen von der Plattform abbuchen. Doch nach über zwei Jahren | |
ist Flattr immer noch selten im Netz zu finden – und auch die Zahl der | |
Nutzer, die Guthaben auf die Plattform laden, ist begrenzt. Konkrete Zahlen | |
veröffentlicht Flattr nicht. | |
Tim Pritlove ist der deutsche Star des Dienstes. Jeden Monat kann er etwa | |
1.700 Euro als echte Flattr-Einnahmen verbuchen. Pritlove produziert | |
Podcasts – Radio im internetgerechten Format. „Flattr funktioniert | |
besonders gut für Inhalte mit einem wiederkehrenden Erscheinungscharakter“, | |
sagt Pritlove. „Dazu kommt, dass bei Podcasts die persönliche Bindung | |
zwischen Sender und Empfänger ausgesprochen groß ist. Es ist ein | |
ausgesprochen emotionales Medium.“ | |
Das englische Wort „flatter“, von dem der Name abgeleitet ist, kann man als | |
„bauchpinseln“ übersetzen. Denn Flattr ist kein Bezahlmodell. Während | |
normalerweise vor dem Abruf bezahlt wird, funktioniert Flattr im | |
Nachhinein, als eine Art Belohnungssystem also. | |
Doch momentan „flattrn“ vor allem netzaffine Nutzer die Urheber. Der freie | |
Journalist Thomas Wiegold, der Flattr in seinen Verteidigungspolitikblog | |
„AugenGeradeaus“ integriert hat, erzielt trotz großer Leserschaft nur | |
geringe Einnahmen – unter 100 Euro pro Monat. „Flattr ist bei geringen | |
Einnahmen für Leute, die professionell im Internet publizieren, eher | |
zusätzlicher Aufwand“, sagt er. „Ich muss ja zum Beispiel auf die | |
Flattr-Einnahmen Mehrwertsteuer abführen, und die Berechnung ist für ein | |
paar Euro dann aufwendig.“ | |
## Flattr nur wenigen bekannt | |
Auch taz.de hat Flattr seit einiger Zeit integriert, als eine von wenigen | |
größeren deutschen Medienwebsites. Doch nach guten Start sind die Einnahmen | |
eher gesunken. Von April 2011 bis April 2012 haben sich die Zahlungen mehr | |
als halbiert – auf gerade noch 680 Euro. „Flattr ist nach wie vor nur in | |
der Internetszene bekannt“, sagt Matthias Urbach, Leiter von taz.de. „Leser | |
bezahlen lieber auf vertrauten Kanälen.“ Doch Flattr sei hilfreich gewesen, | |
die Nutzer mit der Bezahlidee vertraut zu machen, die taz.de mit der | |
Kampagne „taz zahl ich“ weiterentwickelt hat. | |
Nach zwei Jahren ist Flattr also kein Erfolg: auf zu wenigen Seiten | |
integriert, zu wenige Nutzer. Als eine Podcast-Anwendung für Apples mobiles | |
Betriebssystem iOS Flattr integrieren wollte, wurde ihr von Apple die | |
Zulassung zum Apple Store verweigert – nicht zulässig, hieß es aus | |
Cupertino. | |
Dass es Flattr überhaupt noch gibt und Einzelne davon profitieren, könnte | |
man auch als Erfolg sehen: Von der fast zeit- und modellgleich gestarteten | |
Plattform Kachingle hört man fast nichts mehr. Und mit | |
Crowdfunding-Plattformen hat sich ein weiteres Aufmerksamkeit und | |
Nutzergeld anziehendes Modell im Markt breitgemacht. | |
8 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Falk Lüke | |
## TAGS | |
Bezahlmodell | |
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