# taz.de -- Crowdfunding für Computerspiele: Die Ödnis fruchtbar gemacht | |
> Über die Crowdfunding-Plattform Kickstarter wird ein Nachfolger des | |
> Abenteuerspiels „Wasteland“ finanziert. Innerhalb kürzester Zeit kam eine | |
> Million Dollar zusammen. | |
Bild: Der Abenteuerklassiker bekommt einen Nachfolger. | |
BERLIN taz | Brian Fargo ist begeistert. „Ein Traum ist wahr geworden“, | |
twitterte der Spieleentwickler, er habe die „beste Woche seines Lebens“ | |
hinter sich. Fargo hat allen Grund zur Begeisterung. Mehr als 1,4 Millionen | |
Dollar konnte er bei Kickstarter für die Entwicklung [1][seines | |
Rollenspiels „Wasteland 2“] sammeln, sein Projekt hat über 26.000 | |
Unterstützer. Vorerst, denn für das Projekt kann noch vier Wochen lang | |
gespendet werden. | |
Die Crowd hat wieder einmal zugeschlagen. Nach Tim Schafers Erfolg für die | |
Entwicklung [2][seines „Double Fine Adventure“] ist Wasteland 2 ein | |
weiteres Computerspiel, dessen Entwickler keine Publisher fanden und | |
stattdessen auf die finanzielle Macht der Crowd setzten. | |
Beide Projekte konnten innerhalb kürzester Zeit astronomische Spendensummen | |
verbuchen. Die Aktion sei ein „Warnsignal“ für die großen Publisher, ließ | |
Brian Fargo verlauten. Die private Finanzierung für Computerspiele sei auf | |
dem Vormarsch. | |
Fargo ist kein No-Name in der Branche. Sein | |
[3][//de.wikipedia.org/wiki/Wasteland:postapokalyptisches Rollenspiel | |
Wasteland] wurde 1988 von der Computer Gaming World zum Spiel des Jahres | |
gewählt und gilt unter Computerspielezeitschriften regelmäßig als eines der | |
besten bislang veröffentlichten Computerspiele. Ein Markenrechtsstreit | |
verhinderte die Entwicklung eines Follow-ups, und nachdem die Rechte | |
geklärt waren, wollte kein Publisher das Spiel produzieren. | |
## | |
Also wählte Fargo den gleichen Weg wie Schafer und wandte sich an die | |
Crowd. Seine Fans schienen auf das Projekt gewartet zu haben: Weniger als | |
zwei Tage dauerte es, bis der Entwickler das selbst gesetzte Ziel von | |
900.000 Dollar erreichte, um die Wasteland-Fortsetzung zu finanzieren. Nun | |
kehrt Wasteland also auf die Computerbildschirme zurück – und Fargo | |
triumphiert. | |
Denn in dem Video, mit dem er für sein Projekt wirbt, lästert er ordentlich | |
über die großen Publisher, die nicht glaubten „dass Interesse an einem | |
soliden Old-School-Spiel besteht“. In seinem Video durch schmierige, | |
Farmville spielende Geldhaie oder in der Nase bohrende Jungspunde | |
vertreten, glänzen die Publisher vor allem durch Desinteresse an | |
traditionellen, rundenbasierten Rollenspielen. Und ignorierten, so Fargo, | |
die Wünsche der Fans. | |
Auch der deutsche Spieleentwickler Daniel Dumont bemängelt, dass die großen | |
Publisher kaum mehr Risiken eingingen, wenn es um neue – oder, wie in | |
Fargos Fall, traditionelle – Spielideen geht. Der Creative Director der | |
Gaming Minds Studios glaubt, dass sich viele Publisher eher von | |
Verkaufszahlen als Kreativität und Vision beeindrucken ließen. | |
Aber auch wenn Dumont die Möglichkeit nicht ausschließen will, ein Spiel | |
von der Crowd finanzieren zu lassen, schätzt er doch die Sicherheit, die | |
ein Vertrag mit einem Publisher bietet: „Wer Mitarbeiter beschäftigt, muss | |
sich darauf verlassen können, dass das Geld ankommt.“ Bei einer | |
Crowdfunding-Aktion sei das nicht gegeben, „die Flexibilität, die | |
Kickstarter bietet, muss man sich schon erlauben können.“ | |
## Erfolg durch Prominenz | |
Thomas Friedmann, Geschäftsführer von Funatics Software und | |
Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes der Computerspielindustrie | |
beobachtet die Crowdfunding-Projekte mit großem Interesse. „Es wäre schön, | |
wenn die Entwickler Erfolg hätten, weil es einen alternativen Weg der | |
Spielefinanzierung aufzeigen würde“. Einen neuen Trend will er aber nicht | |
bestätigen. „Die klassische Finanzierung über einen Publisher wird auch in | |
Zukunft bestehen bleiben.“ | |
Denn die Finanzierung über die Crowd sei nicht massentauglich. Gerade für | |
kleinere und weniger bekannte Entwickler sei es schwierig, genügend mediale | |
Aufmerksamkeit und die entsprechende finanzielle Unterstützung zu erlangen. | |
Es brauche schon einen großen Namen, „ein Spiel, mit dem die Menschen etwas | |
assoziieren können“. | |
Davon profitierten Brian Fargo und Tim Schafer. Ihr Erfolg lässt sich dabei | |
wohl vor allem ihrer Popularität und Vernetzung zuschreiben. Beide sind | |
Koryphäen auf dem Gebiet der Spieleentwicklung und seit vielen Jahren in | |
der Branche tätig. Mit ihren Spielen begeisterten sie in den Achtzigern und | |
Neunzigern Millionen. | |
Ihre Fans sind mittlerweile dem schulpflichtigen Alter entwachsen. So | |
können sie mehr als nur ein Taschengeld für die Reminiszenz der | |
Rollenspiele spenden: Hunderte von Spenden im vierstelligen Bereich sind | |
bislang bei Kickstarter eingegangen. Razer-CEO Min-Liang Tan ging mit | |
prominentem Beispiel voran: 10.000 Dollar spendete der Hersteller von | |
Computerzubehör für Fargos Projekt – und entschuldigte sich gleichzeitig | |
per Tweet dafür, früher eine Schwarzkopie von Wasteland besessen zu haben. | |
Die Aktion läuft noch bis Mitte April weiter. Ob Brian Fargo dabei den | |
Rekord seines Kollegen brechen kann, ist noch offen – [4][mehr als 3,3 | |
Millionen Dollar] kamen für Schafers Projekt, das letzte Woche auslief, | |
zusammen. Die Erfolge dürften übrigens auch die Kickstarter freuen. Fünf | |
Prozent der Einnahmen gehen an die Crowdfunding-Plattform. | |
20 Mar 2012 | |
## LINKS | |
[1] http://www.kickstarter.com/projects/inxile/wasteland-2?ref=live | |
[2] /Crowdfunding-fuer-Computerspiele/!87823/ | |
[3] http://https | |
[4] http://www.kickstarter.com/projects/66710809/double-fine-adventure?ref=live | |
## AUTOREN | |
Katalina Präkelt | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Deutscher Computerspielpreis: „Killerspiel“-Debatte knallt Preise ab | |
Der harte Ego-Shooter „Crysis 2“ ist zum besten deutschen Computerspiel des | |
Jahres gewählt worden. Die Entscheidung der Jury ist umstritten. | |
Spieleentwickler Fargo über „Wasteland 2“: „Crowdfunding wird sich durch… | |
Brian Fargo hat für sein Rollenspiel über Crowdfunding fast drei Millionen | |
Dollar gesammelt. Der Entwickler über Fans, die Macht der Publisher und | |
Kulturfinanzierung im Netz. | |
Online-Enzyklopädie Wikipedia: Wikimedia wird zentraler und föderaler | |
Wikimedia, die Organisation hinter Wikipedia, bildet sich wieder um. Neue | |
Gremien sollen für eine gerechtere und effektivere Verteilung der | |
Spendengelder sorgen. | |
Neues Crowdfunding-Gesetz in den USA: Der kleine Börsengang | |
In den USA wird es künftig einfacher für Firmen, Gelder im Netz | |
einzusammeln. Das neue „Crowdfunding-Gesetz“ hat aber noch einige Tücken. | |
Independent-Spiele von Humble Bundle: Spiele-Schnäppchen im Paket | |
Im Netz werden Indie-Spielesammlungen zum Download angeboten – zu Preisen, | |
die die Käufer selbst festlegen. Die Pakete sind beliebt. | |
Crowdfunding-Plattformen wachsen: Der Schwarm zahlt's | |
In den USA wird die Plattform „Kickstarter“ erstmals mehr Projekte | |
finanzieren als die staatliche Kulturförderung. Auch in Deutschland gibt es | |
einen Boom. | |
Filmproduzenten setzen auf Crowdfunding: Große Hoffnungen | |
Filme wie Iron Sky, Keep the lights on oder Electrick Children auf der | |
Berlinale zeigen, dass Crowd Funding im Filmgeschäft funktionieren kann. | |
Aber nicht immer. | |
Crowdfunding für Computerspiele: Millionen für den Monkey Man | |
Keine Investoren? Lass' es von der Crowd bezahlen! Tim Schafer fand | |
niemanden, der sein neues Spiel finanzieren wollte. Jetzt hat er im Netz | |
jede Menge Geld bekommen. |