| # taz.de -- Gegen Langzeitarbeitslosigkeit: Linke: SPD-Pläne sind sittenwidrig | |
| > Im neuen Programm des Senats gegen Langzeitarbeitslosigkeit soll der im | |
| > Koalitionsvertrag vereinbarte Mindestlohn nicht gelten. | |
| Bild: Wer endlich eine findet, soll wenigstens davon leben können. | |
| Noch bastelt Arbeitssenatorin Dilek Kolat (SPD) an ihrem neuen Programm | |
| "Berlin Arbeit": Es soll auf den auslaufenden Öffentlich geförderten | |
| Beschäftigungssektor (ÖBS) folgen und dem Anspruch der großen Koalition | |
| gerecht werden, Langzeitarbeitslosigkeit gezielt abzubauen. Die | |
| Linksfraktion im Abgeordnetenhaus sieht Kolat aber schon jetzt auf dem | |
| falschem Weg, weil der im Koalitionsvertrag vereinbarte Mindestlohn im | |
| neuen Programm nicht gelten soll. "Das ist kein Jobwunder, sonder | |
| sittenwidrig", sagt Arbeitsmarktexpertin Elke Breitenbach. | |
| Die Kritik der Linkspartei-Abgeordneten orientiert sich an jenen 8,50 Euro | |
| Stundenlohn, die Unternehmen künftig zahlen müssen, die Aufträge vom Land | |
| Berlin bekommen wollen. Im Rahmen von "Berlin Arbeit" soll es hingegen nur | |
| 7,50 Euro geben, wie bisher im ÖBS. | |
| Senatorin Kolat wies Breitenbachs Kritik am Donnerstag im | |
| Parlamentsausschuss für Arbeit zurück. Aus ihrer Sicht sind die Zahlungen | |
| nicht mit Löhnen bei regulären Jobs zu vergleichen. Maßstab seien vielmehr | |
| andere Beschäftigungsmaßnahmen wie etwa die Mehraufwandsentschädigung, | |
| bekannt als 1-Euro-Job. Für Breitenbach ist das hingegen nicht zulässig: | |
| "Ein Mindestlohn ist nicht teilbar. Das würde die Diskussion ad absurdum | |
| führen." | |
| Kolat räumte ein, dass die Gelder gekürzt geworden sind, auf Bundes- wie | |
| auf Landesebene. Hintergrund ist neben dem Berliner Sparkurs das 2011 von | |
| der Bundesregierung beschlossene "Gesetz zur Verbesserung der | |
| Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt". Umso mehr müsse man das Geld | |
| effektiv nutzen, sagte Kolat: Sie wolle "echte Qualifizierung". Das ließ | |
| die Grünen-Fraktion fragen, ob Kolat meine, im ÖBS sei nicht qualifiziert | |
| worden. "Es gab auch sinnvolle Qualifizierung", sagte die Senatorin, "aber | |
| bei anderen musste man fragen, ob das zielführend war." | |
| Für SPD und CDU liegt der entscheidende Unterschied zwischen ihrem Ansatz | |
| und dem des ÖBS - der im rot-roten Vorgängersenat vor allem von der | |
| Linkspartei getragen wurde - in der Herangehensweise: Anders als bislang | |
| betrachte man die Maßnahmen als Übergangsphase. Laut Kolat sollen | |
| Langzeitarbeitslose wie im ÖBS für gemeinwohlorientierte Zwecke eingesetzt | |
| werden - "aber ohne darüber das Ziel aus den Augen zu verlieren, Leute | |
| wieder in den ersten Arbeitsmarkt zu bringen". | |
| Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Niels Korte, sieht | |
| sogar einen "Paradigmenwechsel". Zu Zeiten von Kolat-Vorgängerin Carola | |
| Bluhm (Linke) sei "Arbeitslosigkeit verwaltet und nicht abgebaut" worden. | |
| Korte hielt dem erst seit Ende letzten Jahres regierenden rot-schwarzen | |
| Senat zugute, dass Berlin in der jüngsten Arbeitslosenstatistik auf den | |
| vorletzten Platz vorrückte. Das mochte Breitenbach nicht unkommentiert | |
| lassen: "Wenn Sie nun meinen, Sie hätten in vier Wochen das Ruder | |
| herumgerissen, sage ich Ihnen nur: Träumen Sie weiter." | |
| 16 Feb 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Stefan Alberti | |
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