# taz.de -- Rotes Kreuz verhandelt mit Assad-Regierung: Erst die Menschen, dann… | |
> Um die Versorgungwege in Syrien zu verbessern, verhandelt das Rote Kreuz | |
> mit der Regierung über einen Waffenruhe. US-Außen-ministerin Clinton | |
> nimmt derweil Russland und China in die Pflicht. | |
Bild: Nach Schätzungen der UN wurden im vergangenen Jahr mehr als 5.400 Mensch… | |
GENF/BEIRUT/LOS CABOS/MOSKAU dapd/dpa | Das Internationale Komitee vom | |
Roten Kreuz (IKRK) will zur Versorgung der Bevölkerung einen | |
Waffenstillstand in Syrien aushandeln. Die Organisation "diskutiert mit den | |
Betroffenen verschiedene Möglichkeiten", sagte IKRK-Sprecherin Carla Haddad | |
am Montag. "Dazu gehört eine Kampfpause in den am stärksten betroffenen | |
Gebieten." | |
Es gehe nicht um eine politische Lösung des Konflikts, sondern um schnellen | |
Zugang zu den Menschen in Not in den umkämpften Gebieten. Das IKRK stehe | |
bereits seit längerem mit der syrischen Regierung und Oppositionsgruppen in | |
Kontakt, sagte Haddad. Der Versuch, einen Waffenstillstand zu vermitteln, | |
sei jedoch "ein wichtiger neuer Schritt". | |
Unterdessen verstärkte die syrische Regierung nach Angaben von | |
Oppositionsaktivisten ihre Truppen in der Rebellenhochburg Homs. Kolonnen | |
unter anderem mit Panzern sollten in die Stadt verlegt werden, wie Aktivist | |
Mustafa Osso am Montag sagte. | |
Die Regierung wolle offenbar noch vor dem Verfassungsreferendum am 26. | |
Februar die von Aufständischen gehaltenen Stadtteile einnehmen. Auch der | |
zwei Wochen andauernde Beschuss des von Rebellen eingenommenen Stadtteils | |
Baba Amr an wurde fortgesetzt. | |
## Einwohner von Baba Amr wollen Widerstand leisten | |
Nach Ansicht des in London ansässigen Observatoriums für Menschenrechte | |
wollen die Truppen von Präsident Baschar Assad das Viertel Baba Amr wieder | |
erobern. "Die Zahl der Toten wird groß sein, wenn ihnen das gelingt", sagte | |
der Leiter der Organisation, Rami Abdul Rahman. Die Einwohner seien zu | |
erbittertem Widerstand bereit. Am Montag seien bei Angriffen acht | |
Zivilpersonen getötet worden. | |
Syrische Regierungstruppen belagern die Stadt Homs bereits seit Anfang | |
Februar. Telefonleitungen und Internetverbindungen sind unterbrochen, | |
sodass es kaum Informationen aus erster Hand über die Situation dort gibt. | |
Ins Internet gestellte Amateurvideos zeigen nach Angaben der Aktivisten | |
einen Granatenangriff auf Baba Amr. Auf den Bildern sind schwarze | |
Rauchschwaden zu sehen. | |
Wie viele Menschen seit Beginn der Unruhen im März 2011 in Syrien ums Leben | |
kamen, ist unklar. Nach Schätzungen der UN wurden alleine im vergangenen | |
Jahr mehr als 5.400 Menschen in Syrien getötet. Das Observatorium für | |
Menschenrechte spricht dagegen von etwa 7.300 Menschen, die seit März 2011 | |
ums Leben kamen. | |
Assad hatte in der vergangenen Woche ein Verfassungsreferendum angekündigt, | |
wonach die alleinige Herrschaft der Baath-Partei nicht länger | |
festgeschrieben sein soll. Seine Gegner bezeichneten die Pläne als | |
oberflächliche Reform, die nichts an der Macht des Regimes ändere. | |
## USA erhöhen den Druck | |
Zwei Mitglieder des Ausschusses für Verteidigungspolitik des US-Senats | |
sprachen sich derweil für eine internationale Zusammenarbeit zur Versorgung | |
der syrischen Opposition mit Waffen und Hilfsgütern aus. Die Senatoren John | |
McCain und Lindsey Graham sprachen sich bei einem Besuch in Kabul jedoch | |
gegen ein direktes militärisches Eingreifen seitens der USA aus. | |
Die Vereinigten Staaten müssten die Opposition nicht direkt mit Waffen | |
beliefern, aber es gebe eine Menge anderer Möglichkeiten, etwa in | |
Zusammenarbeit mit der Arabischen Liga, sagte McCain am Sonntag. Graham | |
fügte hinzu, es sei beschämend, dass die USA keine größere Rolle bei der | |
Unterstützung der Rebellen spiele. | |
US-Außenministerin Hillary Clinton will währenddessen Russland und China | |
dazu bewegen, ihre "falschen Entscheidungen" zur Lage in Syrien zu | |
korrigieren. "Wir werden den diplomatischen Druck auf solche Länder | |
erhöhen, die immer noch das Assad-Regime unterstützen", sagte Clinton am | |
Montag am Rande des Treffens der G20-Außenminister in Los Cabos in Mexiko. | |
Das am Wochenende geplante Treffen der "Freunde Syriens" in Tunis werde | |
zeigen, dass das Regime des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad | |
zunehmend isoliert sei. Die Menschen in Syrien bräuchten mehr | |
Unterstützung, ihr Leid müsse beachtet werden. | |
## Westerwelle für verschärfte Sanktionen | |
Auch die Europäische Union wird nach Worten von Bundesaußenminister Guido | |
Westerwelle den Druck auf Syriens Präsident Baschar al-Assad bald erhöhen. | |
"Ich rechne damit, dass wir bereits in der nächsten Woche die Sanktionen | |
verschärfen werden, denn die Gewalt in Syrien wird fortgesetzt", sagte | |
Westerwelle am Montag im mexikanischen Los Cabos am Rande der | |
G20-Außenministerkonferenz. | |
Details zu den geplanten Strafmaßnahmen nannte er zunächst nicht. Aus | |
G20-Kreisen verlautete, dass die Sanktionen auf die Zentralbank zielten. | |
"Dass wir den Druck auf das Assad-Regime erhöhen müssen, dass ist | |
unstreitig. Wir werden in Europa, und nicht nur in Europa, weitere | |
Sanktionen beschließen," ergänzte Westerwelle. Deutschland hat Assad | |
bereits zum Rückzug aufgefordert. | |
## Russland fordert Sondergesandten | |
Russland fordert angesichts der andauernden Gewalt in Syrien einen | |
UN-Sondergesandten für das Land. Es sei dringend humanitäre Hilfe für | |
Syrien notwendig, erklärte der Sprecher des russischen Außenministeriums, | |
Alexander Lukaschewitsch, am Dienstag in Moskau. Ein Sondergesandter solle | |
mit der Führung in Damaskus und allen Beteiligten die Sicherheit der | |
Transporte gewährleisten. Russland sei zur Zusammenarbeit bereit. | |
Am Treffen der "Gruppe der Freunde Syriens" an diesem Freitag in Tunesien | |
werde Russland nicht teilnehmen, hieß es in der im Internet | |
veröffentlichten Stellungnahme des Ministeriums. Lukaschewitsch | |
kritisierte, dass dem Vernehmen nach nur Vertreter der Opposition, aber | |
keine syrischen Regierungsvertreter eingeladen seien. Damit bleibe ein | |
großer Teil der syrischen Bevölkerung außen vor. | |
Russland sei zudem weder über die Tagesordnung noch über die | |
Teilnehmerliste informiert worden. "Vor allem aber ist die wirkliche | |
Stoßrichtung der Initiative nicht klar", sagte Lukaschewitsch. Zur | |
Überwindung der Krise sei weiter ein gesamtsyrischer Dialog notwendig. | |
Russland sei besorgt, dass das Treffen zu einer internationalen Koalition | |
nach dem Vorbild der Kontaktgruppe in Libyen und damit zu einer gewaltsamen | |
Einmischung führen könnte. | |
Russland hatte im Weltsicherheitsrat als Vetomacht bisher eine härtere | |
Gangart gegen Syrien verhindert. Russland will nur eine Resolution | |
mittragen, die Machthaber und Opposition zu einem Ende der Gewalt und zum | |
Dialog aufruft. Ziel müsse es sein, alle Konfliktparteien an einen Tisch zu | |
setzen, sagte Lukaschewitsch. | |
21 Feb 2012 | |
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