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# taz.de -- Ein konsternierter Ausschuss: Keimbefunde vorenthalten
> Nach zwei weiteren toten Frühchen ist die Neonatologie in Bremen-Mitte
> nun geräumt. Der Untersuchungsausschuss beklagt, unvollständig informiert
> zu sein
Bild: Wollen Untersuchung ausweiten: Ausschuss-Vorsitzende Antje Grotheer (SPD)…
Ein „Skandal im Skandal“ ist es für Rainer Bensch (CDU), dass Akten über
frühere Keimfunde am Klinikum Bremen-Mitte (KBM) erst jetzt aufgetaucht
sind. Der Untersuchungsausschuss fordert nun vom Senat „nachdrücklich“ die
Zusendung aller Akten und „rügt“, nicht vollständig informiert worden zu
sein.
Am Mittwoch hatte die Gesundheitssenatorin Renate Jürgens-Pieper (SPD)
bekannt gegeben, dass Akten und Proben von resistenten Klebsiella-Keimen
bei Frühchen aus dem Jahr 2009 erst diese Woche vom Krankenhaus-Hygieniker
übergeben wurden – nachdem auf der gerade renovierten Neonatologie bei drei
Frühchen der gleiche Keim nachgewiesen wurde und zwei weitere Frühchen
starben. Bei ihnen fand man ebenfalls ESBL-bildende Klebsiellen.
Am Donnerstag soll Diethelm Hansen als Zeuge vor dem Ausschuss aussagen.
Der Gesundheit-Nord-Chef war, ebenso wie der Krankenhaus-Hygieniker, am
Mittwoch von der Senatorin vom Dienst „freigestellt“ worden. Die
GeschäftsführerInnen des KBM, Robert Pfeiffer, Brigitte Kuss und Daniela
Wendorff, hatten von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht.
Claudia Bernhard (Linkspartei) kritisiert: „Es kann nicht sein, dass im KBM
eben die Leute für die Übergabe der relevanten Akten verantwortlich sind,
die selbst ihre Aussagen verweigerten“ – um sich nicht selbst zu belasten.
Es gibt Hinweise, dass der Keimbefall auch andere Stationen am KBM
betreffen könnte, etwa Intensivstation oder die Anästhesie. Die
Ausschuss-Vorsitzende Antje Grotheer (SPD) bekräftigte, die Ermittlungen
auszuweiten. Um Beweise zu sichern, kann ein Untersuchungsausschusses dafür
auch Beschlagnahmungen und Durchsuchungen beantragen.
Inzwischen wurden die verbliebenen Frühchen von der Neonatologie in die
benachbarte Professor-Hess-Kinderklinik verlegt. Auch die direkt
angrenzende Geburtshilfe-Station wurde geschlossen. Laut Gesundheit Nord
waren die beiden am Montag und Dienstag verstorbenen Frühchen Ende letzter
Woche mit einem Not-Kaiserschnitt zur Welt gekommen. Eines wog 3.000 Gramm
und musste reanimiert werden. Das andere wog nur 500 Gramm.
Dirk Olbertz, Vorstandsmitglied der Gesellschaft für Neonatologie und
pädiatrische Intensivmedizin, erklärt: „Bei Frühchen, die nach 23
Schwangerschaftswochen geboren werden, die also etwa 500 Gramm wiegen,
sterben etwa 20 bis 40 Prozent.“ Auch seien Blutvergiftungen durch
Krankenhauskeime nicht selten: „Die Rate an nosokomialer Sepsis bei
Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht von unter 1500 Gramm beträgt in
Deutschland etwa 10 bis 15 Prozent.“ Die Fälle in Bremen erfüllten
Mediziner bundesweit mit Sorge, so Olbertz. „Man wird nicht umhinkommen,
ein Eingangs-Screening für Krankenhaus-Patienten zu etablieren, wie in den
Niederlanden üblich.“
Auf die Schließung der Geburtshilfe-Station des kommunalen KBM haben sich
andere Bremer Kliniken schon vorbereitet. Am privaten St.-Joseph-Stift etwa
wurden Dienstpläne und Rufbereitschaften ausgeweitet.
1 Mar 2012
## AUTOREN
Jean-Philipp Baeck
Jean-Philipp Baeck
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Frühchen
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