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# taz.de -- Datenbanken für den US-Wahlkampf: Mit Cookies fängt man Wähler
> Das wird der erste datengesteuerte US-Wahlkampf, sagen Wahlwerber und
> zeigen zielgruppengenau Banner und Spots. Am „Super Tuesday“ zeigt sich,
> was das heißt.
Bild: Der Republikaner Mitt Romney glaubt an Amerika, seine Familie – und an …
Jordan Lieberman sagt, dass seine Firma am besten trifft. Bei ihnen, sagt
Lieberman, geht am wenigsten daneben. Und darauf könnte es ankommen bei
diesen Präsidentschaftswahlen: auf die Zielgenauigkeit der Werbung. Sie
könnte schon an diesem Dienstag die entscheidenden Stimmen bringen, wenn
die Republikaner bei ihren Vorwahlen am „Super Tuesday“ gleich in zehn
Staaten über den Herausforderer von Barack Obama abstimmen.
Lieberman hat sein Büro im Regierungsviertel von Washington. Wenn er aus
dem Fenster schaut, kann er das Capitol sehen. Er ist Geschäftsführer der
Firma Campaign Grid. Kandidaten können bei ihm Online-Werbebanner oder
Spots buchen. Sollte morgens ein Wahlkampfleiter anrufen und sagen, er
hätte gern, dass alle alleinerziehenden Mütter über 30 mit einer Vorliebe
für Schokoriegel, die im Norden von New Mexiko leben, einen Clip seines
Kandidaten zur Familienpolitik sehen, würde Lieberman dafür sorgen, dass
der Spot noch am selben Abend für diese Mütter geschaltet wird.
Campaign Grid besitzt eine riesige Datenbank, in der 110 Millionen
US-Wähler verzeichnet sind, 65 Prozent aller Wahlberechtigten. Die Firma
bezieht Datensätze von Parteien und von kommerziellen Anbietern wie Acxiom,
die wissen, was Leute einkaufen, welche Autos sie fahren, welche Bücher sie
lesen. Campaign Grid kombiniert diese Informationen, um auf Webseiten genau
die passenden Banner und Spots zu zeigen.
„Das wird die erste datengesteuerte Wahl“, sagt Jordan Lieberman.
Nehmen wir also Ohio, ein wichtiger Staat, ein Swing-State, der sich an
Wahlabenden mal rot färbt und mal blau, weil mal ein Demokrat vorn liegt,
dann wieder ein Republikaner. Ein Staat, um den gekämpft wird. „7,5
Millionen Wähler“, murmelt Lieberman ins Telefon. 1,1 Millionen
registrierte Republikaner. Das heißt: Nur 14 Prozent aller Wähler werden
wirklich abstimmen. Warum sollte man also einen Online-Spot für ganz Ohio
schalten? „Sehen Sie, was das für eine Verschwendung wäre“, sagt Lieberma…
„86 Prozent Müll“, verschleuderter Werbeetat.
## Nascar-Dad oder Soccer-Mom
Campaign Grid dagegen trifft genau die, die wohl wählen werden. Nicht nur
das: „Wir können Leute ansprechen, die ihren Job verloren haben, ihr Haus“,
sagt Lieberman.
Wahlkämpfer in den USA benennen ihre Zielgruppen gern nach Prototypen.
Nascar-Dad oder Soccer-Mom. Der weiße Papa aus einem Südstaat, der
Rennsport mag. Die Mittelklassemutti, die ihre Kinder am Fußballfeld
anfeuert. Firmen wie Campaign Grid können diese Gruppen immer exakter
eingrenzen.
Wer wird den Ausschlag geben bei der Präsidentschaftswahl im November 2012?
„Economically insecure individuals“, schätzt Lieberman. Die wirtschaftlich
Abgehängten. Wie kommt man an sie heran? „Man könnte sich Daten besorgen
von Menschen, die kürzlich den Job gewechselt haben“, sagt er.
Die Kandidaten, allen voran Amtsinhaber Barack Obama, lassen ihre
Datenbanken aufrüsten. Aber über Details schweigen sie lieber. Die Wähler
könnten sich verfolgt fühlen.
Der Stanford-Wissenschaftler Daniel Kreiss betrachtet die zielgenauen
Methoden als eine Gefahr für die Demokratie. Die Wahlkämpfer würden sich
nur noch auf Leute konzentrieren, die wahrscheinlich wählen gehen.
Notorische Nichtwähler erreichten politische Informationen gar nicht mehr.
Die Kandidaten würden auch dazu verleitet, ihre Positionen so zu wählen,
dass für jeden etwas dabei ist.
## Cookie-Wissen als Wahlkampfhelfer
Noch allerdings macht der Anteil der Online-Werbung im Wahlkampf 2012 laut
dem Republican National Committee on Technology nur 10 bis 15 Prozent der
Gesamtausgaben aus.
Campaign Grid verwendet so ausgefeilte Algorithmen, dass sie einen
bestimmten Computernutzer, der ein Online-Video anklickt, unverzüglich
identifizieren und einen kurzen Werbeclip vor dieses Video schalten. Dies
funktioniert über Cookies, winzige Dateien, die Webseiten und
Werbenetzwerke auf den Computern der Nutzer ablegen, um festzuhalten,
welche Seiten sie besuchen wofür sie sich dort interessieren. Kombiniert
mit den Wählerdaten ist dieses Cookie-Wissen ein mächtiger Wahlkampfhelfer.
Michael Meyers leitet die Firma Target Point, die sich seit 2003 darauf
spezialisiert, mit immer exakteren Daten Wählerinnen immer genauer
anzusprechen: Microtargeting. Romney setzt schon seit 2007 mit der Hilfe
von Target Point auf die Macht der Zahlen. Vielleicht auch deshalb wirkt
Romney auf manche so menschlich-locker wie ein PC-Gehäuse.
## Winziger Ausschlag kann das Rennen bestimmen
„In Iowa, New Hampshire und Florida hat auch unser Microtargeting für die
Erfolge von Romney gesorgt“, schreibt Meyers per Mail. „Er konnte seine
Unterstützer besser identifizieren, seine Stärken zielgerichteter
ausspielen und die Leute zum Wählen animieren.“
Ken Strasma hat für Obama 2008 das Microtargeting gesteuert: „Es half uns
damals, unsere Ressourcen klug einzusetzen. Man kann am Super Tuesday nicht
überall mitspielen, aber ein gutes Microtargeting kann die Sache
entscheiden.“ Drei bis fünf Prozent Vorsprung könne Romney damit gewinnen.
„Die bessere Datenbank schlägt zwar nicht den besseren Kandidaten“,
schreibt Meyers, „aber mit zwei starken Bewerbern wie Governor Romney und
Präsident Obama könnte es den winzigen Ausschlag am Ende eines knappen
Rennens geben, gerade in Swing States.“
2 Mar 2012
## AUTOREN
Johannes Gernert
## TAGS
Schwerpunkt USA unter Donald Trump
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