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# taz.de -- Griechenland ist kein „Kreditereignis“: Allzweckwaffe mit Ladeh…
> Beim Schuldenschnitt für Griechenland müssen Kreditausfallversicherungen
> nicht zahlen. Investoren dürften sich nicht über diese Nachricht freuen.
Bild: Hellas ist nicht insolvent, sagt der Internationale Derivate-Verband ISDA.
HAMBURG taz | Griechenland ist doch nicht pleite. Zu diesem Schluss ist am
späten Donnerstag in New York der Internationale Derivate-Verband ISDA
gekommen. Der von Griechenland geplante Schuldenschnitt sei kein
„Kreditereignis“, und damit würden auch die Kreditausfallversicherungen
(CDS) auf griechische Staatsanleihen nicht fällig werden. Für Investoren
ist das eine schlechte Nachricht.
Denn damit werden sie nicht für ihre Verluste mit griechischen Anleihen
entschädigt. Vor allem Hedgefonds-Manager hatten mit CDS auf einen Ausfall
griechischer Staatsanleihen gesetzt. Insgesamt geht es um 1,7 Milliarden
Euro. CDS sind eine Geldanlage, mit der auf eine andere Geldanlage gewettet
wird. Sie dienen Banken und Unternehmen normalerweise dazu, sich gegen
Verluste bei Staatsanleihen oder anderen Darlehen abzusichern.
Jüngst wurden CDS verstärkt aber selbst zu Spekulationsobjekten: Ohne
Staatsanleihen zu besitzen („Leerverkäufe“), wetteten Zocker mit diesen
Derivaten auf Pleiten von Eurostaaten wie Griechenland. Da zudem das Auf
und Ab der CDS-Kurse von anderen Akteuren als Wettbarometer wahrgenommen
wurde, beschleunigten sie die Euro-Staatsschuldenkrise. Eine Hauptrolle
spielten sie in der Finanzkrise seit 2007. CDS wurden zu einer
Allzweckwaffe, mit der Banken Regierungen zu gefügigen Helfern machen
konnten.
Doch jetzt werden die „Credit Default Swaps“ für deren Halter zum Problem.
Denn Griechenland will seine Gläubiger bewegen, auf nominal 53,5 Prozent
ihrer Forderungen zu verzichten. Die Euro-Finanzminister haben sich vor
zwei Wochen mit Banken, Versicherungen und anderen Investoren darauf
geeinigt, dass Letztere freiwillig auf 107 Milliarden Euro verzichten.
## Notfalls war der Zwang per Gesetz eingeplant
Nur so konnte für Griechenland rechtlich ein Zahlungsausfall verhindert
werden. Die Pleite des Mittelmeerstaates wurde auf diese Weise zumindest
vorerst abgewendet. Notfalls wollte Athen seine Anleger sogar per Gesetz
zwingen, beim Schuldenschnitt mitzumachen. Damit wären die
Kreditausfallversicherungen fällig geworden.
Ob jetzt aber formal ein Zahlungsausfall vorliegt, darüber richtet
ausgerechnet die Zockerorganisation ISDA – und damit der Zusammenschluss
von Mega-Banken, die den globalen CDS-Markt dominieren, darunter Barclays,
JP Morgan Chase und die Deutsche Bank. Sie entschieden am Donnerstag, dass
Griechenland wie geplant weitermachen darf. Das gilt, heißt es in einer
gemeinsamen Erklärung, „solange nicht weitere Fakten ans Licht kommen“.
Damit die Waffe scharf bleibt, drohten gestern auch der
US-Vermögensverwalter Blackrock und die Allianz-Fondsgesellschaft Pimco mit
weiteren ISDA-Tests. „Das ist noch keine ausgemachte Sache“, warnte
Pimco-Boss Gross in einem Interview mit dem Finanzdienstleister Bloomberg.
Als kritischer Punkt gilt, wenn Griechenland tatsächlich seine Gläubiger
per Gesetz zum Schuldenschnitt zwingt.
Von den Drohungen der Finanzlobby muss sich die Regierung in Athen aber
nicht beirren lassen. Im Umfeld der ISDA-Prüfung kam heraus, dass das
gesamte Volumen von Hellas-CDS lediglich 3,2 Milliarden Euro beträgt.
Ausgezahlt würde aber nur der Prozentsatz, der für die Gläubiger als
verloren gilt. Bei einem unfreiwilligen Schuldenschnitt von 53,3 Prozent
würden also gerade mal 1,7 Milliarden Euro fließen. Angesichts des neuen
Rettungspaketes von 130 Milliarden Euro wäre das also ein Klacks.
2 Mar 2012
## AUTOREN
Hermannus Pfeiffer
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