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# taz.de -- Schlamperei im AKW Brunsbüttel: Verrostete Atomfässer
> Im AKW Brunsbüttel sind rostige Behälter mit leicht- und
> mittelradioaktivem Abfall aufgetaucht. Die Atomaufsicht kritisiert den
> Betreiber Vattenfall.
Bild: Zufällig entdeckt: Im AKW Brunsbüttel rotten Blechfässer vor sich hin.
KIEL taz | Schleswig-Holstein hat seine eigene kleine Asse: Fässer mit
leicht- und mittelradioaktivem Abfall, die auf dem Gelände des
Atomkraftwerks Brunsbüttel seit Jahrzehnten auf den Abtransport in ein
Endlager warten, sind im Lauf der Zeit verrostet. Mindestens eines war so
korrodiert, dass es beim Versuch, es zu leeren, auseinanderbrach.
Justizminister Emil Schmalfuß (parteilos), in dessen Aufgabenbereich die
Aufsicht der schleswig-holsteinischen Atomkraftwerke fällt, betonte am
Mittwoch bei einer Pressekonferenz, dass keine Gefahr für Menschen oder
Umwelt bestanden habe. Es sei auch keine „unzulässige Radioaktivität“
ausgetreten.
Schmalfuß kritisierte das Verhalten des Betreibers Vattenfall: Das
Unternehmen hatte der Atomaufsicht nichts von dem Vorfall mitgeteilt.
Inzwischen hat das Ministerium das Umfüllen der strahlenden Abfälle vorerst
verboten. Die Kavernen, in denen die Fässer lagern, wurden zubetoniert,
Vattenfall soll ein Konzept vorlegen, wie es weitergehen soll.
Noch rund 500 Metallfässer lagern in den unterirdischen, mit Beton und
Erdpech umschlossenen Kavernen. Bis zu sechs der 200-Liter-Behälter stehen
in Regalen übereinander. Was sich am Grund der Kavernen tut, ist
unsichtbar: Kameras halten der Strahlung nicht Stand, für einen
menschlichen Kontrolleur ist zwischen den eng an eng stehenden Behältern
kein Platz.
Von „Abwassersumpf“ ist in der Pressemitteilung des Ministeriums die Rede �…
ob tatsächlich in einer der vier Kavernen neben dem Atommeiler Wasser am
Grund steht, ist unklar. Es gebe darauf keinen Hinweis, so ein Vertreter
der Atomaufsicht, aber „Abwassermöglichkeiten bestehen in allen
unterirdischen Anlagen“. So weiß zurzeit auch niemand genau, wie viele der
verbliebenen etwa 600 Fässer in kritischem Zustand sind.
## Acht Stunden in der „Absauganlage“
Aufgefallen – jedenfalls bei Vattenfall – war das Gammel-Fass bereits am
15. Dezember. Seit 2004 werden die Fässer, die teilweise seit den 70er
Jahren in den Kammern stehen, herausgehoben und ihr Inhalt in gusseiserne
Behälter umgefüllt. Sie sollen in das Endlager im „Schacht Konrad“ bei
Salzgitter gebracht werden, das allerdings erst ab 2019 bereitstehen wird.
Das betreffende Fass hing acht Stunden in der „Absauganlage“ im
Feststofflager des AKWs, normalerweise dauert die Prozedur zwei bis drei
Stunden. Was die Techniker am Ende herauszogen, war ein brüchiges,
spinnwebfeines Gebilde: Der Rost, der das Fass zusammengehalten hatte, war
beim Absaugen abgeschmirgelt worden, so beschrieb es einer der Fachleute
der Atomaufsicht.
Radioaktiver Müll trat aber nicht aus, hieß es, der Vorgang passierte im
Inneren der Kammer. Das Fass wurde per Kran aus der Kaverne zur
Absauganlage gehoben – künftig wird das vorsichtiger geschehen, das hat
Vattenfall zugesagt.
Die zuständige Sprecherin des Konzerns, Barbara Meyer-Bukow gab an, der
Vorgang sei dem Justizministerium in Kiel am 11. Januar mitgeteilt worden.
Doch nach Angaben des Justizministeriums war der TÜV Nord am 10. Januar bei
einer Kontrolle von Dokumenten auf das defekte Fass aufmerksam geworden.
Ein Techniker stolperte darüber, dass die Umfüllaktion deutlich länger
gedauert hatte als geplant und hatte umgehend das Justizministerium
informiert. Erst auf dessen Nachfrage hin, so das Ministerium, habe
Vattenfall einen Tag später, am 11. Januar, geantwortet.
## Kavernen-Lager
Das Kavernen-Problem könnte durchaus auch an anderen Standorten auftauchen,
landes- und bundesweit, daher hat Schmalfuß das Bundesumweltministerium
informiert.
Dabei sei das Verfahren den Betreibern nicht anzulasten, sagt Schmalfuß: Es
sei anfangs nicht geplant gewesen, Fässer jahrzehntelang am Standort zu
behalten. „Wir haben hier etwas aufzuarbeiten, was mit der ungelösten
Endlager-Frage zusammenhängt.“ Kavernen-Lager gibt es vor allem bei älteren
Meilern, während die neueren die radioaktiven Abfälle überirdisch stapeln:
So sind die Fässer zumindest zu sehen.
Die Landespolitik reagierte über alle Parteigrenzen hinweg mit Lob für die
Atomaufsicht und Kritik an Vattenfall: Verloren gegangenes Vertrauen
gewinne der Konzern so nicht zurück, hieß von CDU und FDP.
7 Mar 2012
## AUTOREN
Esther Geisslinger
## TAGS
Atomenergie
Schwerpunkt Atomkraft
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