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# taz.de -- „Free Fighter“ gegen Nazis: Ring frei von Braunen
> In Essen soll der Hauptkampf beim größten deutschen Free-Fight-Event
> stattfinden. Nun wurde bekannt, dass einer der Kämpfer aus der Nazi-Szene
> kommt.
Bild: Techniken aus allen Kampfsportarten sind erlaubt: Ben Boekee vs. Andreas …
BERLIN taz | Es sollte der Hauptkampf des Abends werden. Titelverteidiger
Sebastian Risch aus Bremen sollte antreten gegen den bislang ungeschlagenen
Benjamin Brinsa aus Leipzig. Die Disziplin: Mixed Martial Arts (MMA), in
Deutschland besser bekannt als Free Fight.
Durch professionelle Organisation und spannende Kampfpaarungen hat
Veranstalter Ben Helm dafür gesorgt, dass die „[1][Respect Fighting
Championship]“ zur größten deutschen MMA-Veranstaltung gewachsen ist. Für
den Abend des 21. April in der Essener Eishalle rechnet Helm mit rund 3.000
Zuschauern.
Doch auf Benjamin Brinsa werden sie verzichten müssen. Am Donnerstag
vergangener Woche tauchte plötzlich im „[2][Kampfkunstboard]“, einem
Internetforum der Kampfsportszene, ein anonymer offener Brief auf,
überschrieben: „Nazis beim Respect Fighting Championship 7?“. Darin:
Hinweise darauf, dass Benjamin Brinsa seit Jahren der Leipziger
Hooligan-Szene rund um den Verein Lokomotive Leipzig angehört – und die
unterhält enge Verbindungen zur Nazi-Szene.
In einem [3][Beitrag] des ARD-Magazins „Kontraste“, den der anonyme
Schreiber ebenfalls verlinkt, erklärt ein vermummter Hooligan den Hass auf
Juden, Ausländer und Schwarze. Ein Vergleich von Sprache und Stimme mit
einem [4][Interview] des Kämpfers Benjamin Brinsa legt nahe: Es ist
derselbe Mann.
Veranstalter Ben Helm zögerte zunächst. Im „Kampfkunstboard“ erklärte er:
„Einem in der Öffentlichkeit neofaschistisch oder rassistisch auftretender
Kämpfer werden wir bei RESPECT.FC keinen Raum geben,“ zitierte aber
gleichzeitig aus einer Erklärung, die Brinsa ihm gegenüber abgegeben hatte
– darin weist er die Vorwürfe zurück und erklärt, mit Nazis nichts zu tun
zu haben. Helm beließ ihn auf der Fight Card.
## „Ultras Lok – Nationaler Widerstand“
Es dauerte allerdings nur einen Tag, bis die Schwarmintelligenz des Netzes
weiter recherchiert hatte. Zutage kam: Leipziger Antifa-Aktivisten haben
über Brinsa schon mehrfach geschrieben und auch Fotos veröffentlicht. Auf
[5][einem] sieht man ihn in einer Gruppe Männer hinter einem „Fan“-Plakat:
„Ultras Lok - Nationaler Widerstand“. Deutlicher kann es kaum noch gehen,
sollte man meinen.
Doch, das geht. Denn Brinsa, wie aus dem Handelsregister beim Leipziger
Amtsgericht hervorgeht, ist auch eingetragener Geschäftsführer der Firma
A&B Service UG, die verantwortlich für die Website einer „[6][Aryan
Brotherhood]“ (Arische Brüderschaft) zeichnet. Mitgeschäftsführer ist
[7][Thomas Persdorf] – und spätestens an diesem Punkt ist die Ebene der
Nazi-Prominenz erreicht, denn Persdorf hat nicht nur eine
Textildruckfabrik, in der rechte Kleidung hergestellt wird, sondern war
auch Inhaber von Front Records, einem führenden Vertrieb von Nazi-Musik,
Kleidung und sonstigen rechten Assessoires.
Jetzt reichte es Ben Helm. Am Montag dieser Woche entschied er, Brinsa von
der Fight Card zu nehmen. Gegenüber der „taz“ ärgert er sich über sich
selbst: „Ich wollte vorher offensichtlich ein paar Sachen nicht ganz
sehen,“ gesteht Helm zerknirscht. Die gute Kampfbilanz, die sportlichen
Erfolge Brinsas, seien ihm wichtiger gewesen. Gerüchte über Brinsas
Verflechtung zur Hool-Szene habe er nicht ernstgenommen, bedauert er und
sagt: „Ich hätte ihn gar nicht erst nehmen sollen.“
## Kein Bock auf Nazis
Denn er habe „absolut keinen Bock auf Nazis, weder im Ring noch im
Publikum“. Helm kennt die Vorurteile, die dem MMA-Sport in Deutschland
entgegenschlagen. Immer wieder werden kurzfristig öffentliche Hallen, die
für MMA-Veranstaltungen fest gebucht waren, abgesagt, zuletzt im Februar in
Bremerhaven.
Immer wieder auch schreiben die Medien, allen voran die Springerpresse, von
MMA als modernem Hahnenkampf brutaler Schlägertypen, die sich schlagen und
treten, bis das Blut spritzt, unter dem Gejohle der verrohten Zuschauer.
Mit dem Sport hat als das nichts zu tun, aber Nazis im Ring – das geht gar
nicht.
In den Netzdiskussionen der MMA-Szene wurde der Rausschmiss Brinsas
überwiegend positiv kommentiert. Das einflussreiche Magazin Groundn‘Pound,
das mehrfach sehr positiv über den Kämpfer geschrieben hatte, erklärte:
„Aufgrund der derzeit vorherrschenden Faktenlage begrüßt Groundandpound.de
die Entscheidung von Respect. Jegliche Art von politischem Extremismus,
Rassismus und Antisemitismus hat im Kampfsport nichts zu suchen.“
Das fanden auch andere Kämpfer. Zwei derjenigen, die am 21. April in Essen
Kämpfe bestreiten werden, hatten gegenüber der „taz“ klar erklärt, wenn
Brinsa komme, würden sie nicht antreten. Auf Nazis beim MMA, das ist in der
ganzen Debatte deutlich geworden, hat die Szene wirklich keine Lust.
Einen Titelkampf wird es am 21. April trotzdem geben. Neuer Herausforderer
von Sebastian Risch ist Nico Penzer, ein sympathischer Student und
Spezialist des Brazilian Jiu-Jitsu aus Stuttgart.
8 Mar 2012
## LINKS
[1] http://www.respectfc.de/
[2] http://www.kampfkunst-board.info/forum/f74/respect-7-21-april-2012-essen-13…
[3] http://www.youtube.com/watch?v=sUe4NbnLXfk
[4] http://www.youtube.com/watch?v=fvxyEWZ1jmw
[5] http://linksunten.indymedia.org/de/system/files/images/1602252448.jpg
[6] http://www.aryan-brotherhood.de/home.html
[7] http://left-action.de/archiv/33.shtml
## AUTOREN
Bernd Pickert
## TAGS
Kampfsport
Schwerpunkt HIV und Aids
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