# taz.de -- Demonstrationen in Budapest: Neonazis dringen in IWF-Gebäude ein | |
> Während Demonstrationen für und gegen die ungarische Regierung sind | |
> Rechtsextreme ins Gebäude des IWF eingedrungen. Sie zündeten | |
> Feuerwerkskörper und hissten eine Fahne. | |
Bild: Anhänger der rechtsextremen Parlamentspartei Jobbik demonstrierten in Bu… | |
BUDAPEST dpa/afp | Mehrere hundert Rechtsextremisten und Neonazis sind am | |
Donnerstagabend in das Budapester Bank Center eingedrungen, wo auch der | |
Internationale Währungsfonds (IWF) sein Büro hat. Die Extremisten zündeten | |
Feuerwerkskörper und hissten auf dem Balkon die mittelalterliche | |
Arpad-Fahne, die vor 1945 auch von Faschisten benutzt wurde. Danach wurden | |
sie von der Polizei aus dem Gebäude gedrängt. | |
Die Aktion ging von der Jugendbewegung 64 Burgkomitate aus, die der | |
rechtsextremen Parlamentspartei Jobbik (Die Besseren) nahesteht. Unter den | |
Eindringlingen war auch der Jobbik-Abgeordnete Tamas Sneider. Ungarn strebt | |
derzeit Verhandlungen mit dem IWF über einen neuen Kredit an. | |
Hunderttausende Menschen hatten am Donnerstag in Budapest für und gegen die | |
umstrittene Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban demonstrierten. Am | |
Nationalfeiertag versammelten sich vor dem Parlamentsgebäude etwa 200.000 | |
Unterstützer des Regierungschefs. An der nahen Kundgebung der Opposition | |
beteiligten sich etwa 100.000 Regierungsgegner. | |
In einer Rede vor seinen Anhängern, deren Zahl die Regierung mit rund | |
250.000 bezifferte, erinnerte Orban an die Revolution von 1848, in der | |
Ungarn gegen die Vorherrschaft der Habsburger kämpfte und an die der | |
Nationalfeiertag erinnert. Heute gelte wie damals, dass Ungarn „keine | |
Kolonie“ sei, sagte er. Dem „Druck und dem Diktat von außen“ hätte Unga… | |
im Winter 2011/2012 nie widerstanden, wenn sich nicht hunderttausende | |
Menschen dagegen aufgelehnt hätten, fügte er mit Blick auf die | |
internationale Kritik an der Arbeit seiner Regierung hinzu. | |
Während bei der Kundgebung zahlreiche ungarische Flaggen wehten, waren bei | |
der Gegendemonstration viele Europafahnen zu sehen. Ein 37-jähriger | |
Bankangestellter, er protestiere „gegen Orbans Regime“. Zugleich rief er | |
die Europäische Union dazu auf, mit größerer Härte gegen die | |
rechtskonservative Regierung in Budapest vorzugehen. „Was in Ungarn | |
passiert, ist eine Schande für Europa“, unterstützte ihn der eigens | |
angereiste französische Abgeordnete der Linken im Europäischen Parlament, | |
Harlem Desir. | |
Orban steht international seit Monaten wegen umstrittener Gesetzes- und | |
Verfassungsänderungen in der Kritik, die etwa den Justiz- und Medienbereich | |
betreffen. Der Internationale Währungsfonds und die Europäische Union | |
brachen deswegen im Dezember Verhandlungen mit Budapest ab, in denen es um | |
Finanzhilfen in Höhe von bis zu 20 Milliarden Euro für das hoch | |
verschuldete Land ging. Erst am Dienstag sperrte die EU wegen des hohen | |
Haushaltsdefizit Ungarns Zahlungen aus Entwicklungstöpfen in Höhe von knapp | |
einer halben Milliarde Euro. | |
16 Mar 2012 | |
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