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# taz.de -- Wahl zum Bundespräsidenten läuft: Es hat gegongt
> Gauck oder Klarsfeld? Der nächste Bundespräsident steht schon vor der
> Wahl de facto fest. Die Mitglieder der Bundesversammlung haben am Mittag
> mit der Stimmabgabe begonnen.
Bild: Otto Rehhagel (r.) und Frank Elstner sind auch dabei
BERLIN dpa/afp | Die Bundesversammlung zur Wahl eines neuen
Bundespräsidenten ist am Sonntag in Berlin zusammengekommen.
Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) begrüßte die Wahlleute. Der
Kandidat von Union, FDP, SPD und Grünen, Joachim Gauck, kann bei der Wahl
mit einer breiten Mehrheit bereits im ersten Wahlgang rechnen. Die ihn
unterstützenden Parteien stellen gemeinsam 1100 der 1240 Wahlleute. Dazu
gehören auch Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens.
Zudem kann der frühere Stasiakten-Beauftragte auf Stimmen der Freien Wähler
hoffen. Für einen Sieg im ersten Durchgang ist die absolute Mehrheit
erforderlich, das sind 621 Stimmen.
Mit Spannung wird erwartet, ob der 72-jährige Gauck das beste Ergebnis
aller Bundespräsidenten seit 1949 bekommt. Der bisherige Spitzenreiter ist
Theodor Heuss, der bei seiner Wiederwahl 1954 85,6 Prozent schaffte. Mit
dem parteilosen Theologen Gauck würde erstmals ein Bürger der früheren DDR
zum Bundespräsidenten gewählt. Die Linke hat die Publizistin Beate
Klarsfeld aufgestellt. Die rechtsextreme NPD hat den Historiker Olaf Rose
nominiert.
Bei der letzten Wahl im Juni 2010 war Gauck noch dem CDU-Politiker
Christian Wulff unterlegen. Dieser war im Februar nach nur 20 Monaten im
Amt zurückgetreten. Norbert Lammert (CDU) plädierte für eine faire
Aufarbeitung der Affäre um Wulff. „Die Umstände des Rücktritts und die
Gründe, die dazu geführt haben, werden nur mit gemessenem Abstand zu den
Ereignissen fair zu bewerten sein“, sagte Lammert vor der Wahl.
Von seinem Leben als normaler Bürger nahm Gauck am Samstag mit „sehr
gemischten Gefühlen“ Abschied, wie er erklärte: „Ich kann Ihnen die nicht
beschreiben“, sagte er auf Journalistenfragen am Rande von kurzen Besuchen
bei Fraktionen der Bundesversammlung.
## „Eine große Ermunterung“
Unions-Fraktionschef Volker Kauder sagte, er sei zuversichtlich, dass Gauck
eine breite Mehrheit bekomme. „Das ist eine große Ermunterung, diese nicht
leichte Aufgabe zu übernehmen“.
SPD-Fraktionschef Fran-Walter Steinmeier sagte, er freue sich über die
große Zustimmung für den von Rot-Grün vorgeschlagenen Kandidaten. Gauck
werde ein Bundespräsident sein, „an dem sich viele reiben werden“, manchmal
auch die SPD. „Aber gerade deshalb ist es der richtige Präsident.“
FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle erklärte, Gauck werde „unserem Land
guttun“. Er sei integer, überzeugend und glaubwürdig. Die Liberalen hatten
Gauck gegen Widerstand der Union in der Koalition durchgesetzt.
## 80 Prozent halten Gauck für glaubwürdig
Gauck geht mit großem Vertrauensvorschuss der Bürger und Parteien in die
Wahl. Das voraussichtliche neue Staatsoberhaupt halten 80 Prozent der
Deutschen für glaubwürdig, wie eine Umfrage für die ARD-Sendung „Günther
Jauch“ ergab. Gut ein Drittel (37 Prozent) weiß aber noch nicht, wofür der
72-Jährige steht. Neben dem großen Thema der Freiheit wird von Gauck
erwartet, zu anderen Fragen wie dem Euro oder dem Rechtsextremismus
Position zu beziehen.
Gegenkandidatin Beate Klarsfeld rief am Vorabend der Bundesversammlung zum
Kampf gegen den Rechtsextremismus auf. „Ich betrachte meine Kandidatur als
große Ehre und verbinde damit das politische Signal, im Kampf gegen alte
und neue Nazis nicht nachzulassen“, sagte Klarsfeld am Samstagabend in
Berlin nach einem Treffen der Linke-Fraktion der Bundesversammlung.
Voraussichtlich an diesem Montag soll Gauck in sein Amt eingeführt werden.
Die Vereidigung des 11. Präsidenten vor Bundestag und Bundesrat ist für
kommenden Freitag vorgesehen. Offiziell im Amt ist der Präsident aber
bereits, sobald er die Wahl durch die Bundesversammlung annimmt. Ein
politische Rede will Gauck im ersten Tag noch nicht halten: „Morgen gibt's
nur Dankesworte, da gibt es noch keine politische Rede. Die gibt's
vielleicht am 23., da müssen Sie sich noch ein paar Tage gedulden“, sagte
Gauck am Samstag zu Journalisten.
18 Mar 2012
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Beate Klarsfeld
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