# taz.de -- Kampagne für offene Mobilsysteme: „Volle Kontrolle übers Smartp… | |
> Käufer sollten die Software von Smartphones komplett kontrollieren | |
> können, findet Torsten Grote. Der Sprecher der „Free-Android“-Kampagne | |
> über Befreiung. | |
Bild: Freundlich und einladend, aber schwer ergründbar: Android. | |
taz.de: Herr Grote, worum geht es der [1][Free Software Foundation Europe] | |
bei Ihrer Kampagne für ein freies Android? Landläufig wird ja stets | |
angenommen, dass Android an sich schon "freier" sei als komplett | |
geschlossene Systeme wie Apples iPhone-Betriebssystem iOS. | |
Torsten Grote: Ein Telefon mit Android bietet den Nutzern zwar schon viel | |
mehr Freiheit als beispielsweise ein iPhone, aber ein bisschen Freiheit ist | |
noch nicht ausreichend. Unser Ziel ist es, dass Menschen die volle | |
Kontrolle auch über ihre kleinen mobilen Computer erhalten. Wir wollen, | |
dass Ihnen ihr Telefon wirklich gehört, nachdem sie es gekauft haben und | |
dass ihre Technik nicht von Anderen fremdbestimmt wird. Dazu gehört auch, | |
dass keine privaten Daten ungefragt an Dritte verschickt werden. Möglich | |
wird dies durch [2][Freie Software], die sich dadurch auszeichnet, dass sie | |
jeder verwenden, verstehen, verbreiten und verbessern darf. | |
Welche Teile von Android sind frei und welche nicht? | |
Das Grundsystem Android ist vollkommen frei, aber die meisten der | |
vorinstallierten Anwendungen wie die von Google für Email, Navigation und | |
die Erweiterungen der Hersteller sind es nicht. Auch die allermeisten Apps | |
aus dem Marktplatz sind unfrei. Selbst wenn man dort mal eine App findet, | |
die Freie Software ist, wird man darüber vom Markt nicht informiert. | |
Weniger sichtbar für die Nutzer sind die Treiber, die benötigt werden, um | |
die Hardware anzusteuern. Diese sind meistens nicht frei, was zum Beispiel | |
Fehlerbeseitigungen und Softwareaktualisierungen verhindern kann. | |
Wie sähe ein freies Android aus? | |
Im Prinzip sieht es rein optisch ganz ähnlich aus, wie das, was man kauft. | |
Es hat allerdings mehr Einstellungsmöglichkeiten, mehr Datenschutz und | |
regelmäßige Updates. Außerdem kommt es ohne Werbung aus. Man kann alle | |
vorinstallierten Programme tatsächlich entfernen und wird nicht ständig | |
aufgefordert, das Telefon mit einem Google-Account zu verbinden. | |
Vom PC her sind Nutzer gewohnt, sich jederzeit eigene Programme zu | |
installieren, zentrale Softwareläden, die nur von einem Hersteller | |
kontrolliert werden, haben sich noch nicht durchgesetzt. Wie kam es im | |
Smartphone-Bereich dazu, dass einzelne Anbieter zu so viel Macht kamen? | |
Diejenigen, die die Software ausliefern, entscheiden, welche Softwareläden | |
vorinstalliert sind und wie eng ihre Verzahnung mit dem System ist. Auf | |
iPhones ist der App Store die einzige vorgesehene Möglichkeit Apps zu | |
installieren. Dies beschert Apple sehr viel Gewinn und sehr viel Macht, die | |
auch regelmäßig ausgenutzt wird. | |
Ist es auch ohne Spezialkenntnisse möglich, sich selbst ein freies Android | |
zu basteln? | |
Der erste und ganz einfache Schritt ist die Installation eines | |
[3][alternativen Marktplatzes], der nur Freie Software anbietet. Dies | |
behebt noch nicht das Problem der unfreien Gerätetreiber und der | |
Google-Anwendungen, ist aber schon mal ein wichtiger Schritt. Mit ein wenig | |
technischem Sachverstand kann man andere Android-Versionen installieren, | |
die weniger oder gar keine unfreie Software beinhalten. Aber Vorsicht: Die | |
Hersteller einiger Geräte haben absichtlich eine Sperre eingebaut hat, um | |
dies zu verhindern. Auf unserer Seite [4][FreeYourAndroid.org] haben wir | |
Informationen dazu gesammelt, wie man sein eigenes Telefon befreien kann. | |
Außerdem arbeiten wir daran, dass der Umstieg auf eine freie | |
Android-Version so einfach wie möglich wird. | |
Firmen wie Apple argumentieren ja, dass es Kontrolle bräuchte, um | |
Datenschädlinge zu verhindern. Tatsächlich gilt Android unter | |
Sicherheitsexperten als gefährdeter, weil Google nicht jede einzelne App | |
durchsieht. | |
Kontrollen für Sicherheit sind natürlich sinnvoll. Die Frage ist, wer | |
kontrolliert und wer hat die Macht, Anwendungen zu verbannen. Bei Freier | |
Software fällt erst einmal das Problem von möglicher Zensur weg. Denn jeder | |
kann ungefragt einen Stand auf einem freien Marktplatz wie F-Droid | |
errichten und selbst Apps anbieten. Da aber der Quellcode aller Anwendungen | |
öffentlich ist, wird noch viel mehr Kontrolle ermöglicht. Nicht nur ein | |
paar Mitarbeiter eines Unternehmens können die Apps äußerlich auf | |
Schadfunktionen hin untersuchen, sondern alle, die dies wollen, können | |
eingehend auf Herz und Nieren prüfen. | |
Hat ein geschlossenes Mobilfunk-Betriebssystem negative Auswirkungen auf | |
den Datenschutz und die Privatsphäre des Nutzers? Lässt sich kontrollieren, | |
was der Hersteller tut? | |
Man kann zwar versuchen, den Datenverkehr zwischen Telefon und Internet zu | |
überwachen, doch schon bei verschlüsselten Verbindungen kann man nicht mehr | |
sehen, welche Daten das Telefon eigentlich überträgt. Volle Transparenz | |
schafft hier nur Freie Software, da sie es erlaubt, den Bauplan der | |
Software vollständig zu studieren. So wird sichtbar, welche Daten wie | |
verarbeitet und übertragen werden. | |
21 Mar 2012 | |
## LINKS | |
[1] http://fsfe.org | |
[2] http://fsfe.org/about/basics/freesoftware.html | |
[3] http://f-droid.org | |
[4] http://FreeYourAndroid.org | |
## AUTOREN | |
Ben Schwan | |
## TAGS | |
Mobilfunk | |
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