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# taz.de -- Roter Stern Leipzig bleibt zu Hause: Gefährliches Umland
> Die Spiele des linken Fußballvereins Roter Stern sind nur schwer zu
> sichern. Deswegen gibt Gegner Mügeln das Heimrecht ab und geht auch sonst
> auf die Leipziger zu.
Bild: Der Mannschaftsbus von Roter Stern Leipzig wird bis auf weiteres nicht du…
Es ist ein wichtiges Spiel, das Roter Stern Leipzig am Samstag gegen den SV
Mügeln-Ablaß 09 bestreiten wird. Es geht um den Abstieg. Roter Stern
braucht jeden Punkt in der siebtklassigen Bezirksliga. „Wir hängen ziemlich
unten drin“, sagt Adam Bednarski, Sprecher des Aufsteigers.
Eigentlich hätte das Spiel in Mügeln stattfinden sollen, 50 Kilometer
östlich von Leipzig gelegen. Aber jede Reise ins Leipziger Umland ist
problematisch für die Spieler und Fans von Roter Stern Leipzig (RSL), denn
der Verein ist links. Das kommt in Borna, Eutritzsch, Torgau oder Zwenkau
nicht immer gut an.
Die Leipziger werden nicht selten von Glatzköpfen empfangen, die
Schmähgesänge anstimmen – so wie im April 2010 in Mügeln, als Neonazis und
Mügelner Bürger skandierten: „Ein Baum, ein Strick, ein Judengenick“, „…
U-Bahn bauen wir, von Jerusalem bis nach Auschwitz“ oder „Frei, sozial,
national“.
Damals wurde das Spiel in der 80. Minute abgebrochen. Es war nicht das
einzige Skandalspiel. Am 24. Oktober 2009 wurde die Partie der
Rote-Stern-Kicker gegen den FSV Brandis nach nur zwei Minuten abgebrochen.
Etwa 50 Neonazis hatten den Gegner mit Stangen und Holzlatten angegriffen.
Es gab mehrere Schwerverletzte.
## Alle Spiele sind Sicherheitsspiele
Monate späte kam es in Schildau wieder zu einem Zwischenfall. RSL-Fans
wurden als „Judenschweine“ bezeichnet, nach Spielende reagierten sich
einige Schildauer an der Polizei ab. „Im Umland sind alle RSL-Spiele
Sicherheitsspiele“, sagt Bednarski. Nicht selten muss eine komplette
Hundertschaft der Polizei anrücken.
So ein Großeinsatz wäre auch am Samstag in Mügeln nötig gewesen, aber auf
Anraten der Polizei findet das Spiel nun im Sportpark Dölitz bei Roter
Stern Leipzig statt. Beide Vereine haben gemeinsam eine Presseerklärung
herausgegeben, allein das ist schon eine kleine Sensation, bedenkt man, wie
uneinsichtig noch vor zwei Jahren viele Mügelner Funktionäre waren, allen
voran der damalige Vereinsvorsitzende Gerhard Deuse, der nichts von den
Gesängen mitbekommen haben wollte.
Die Einnahmen aus dem Spiel am Samstag wollen beide Vereine zur Hälfte „an
Initiativen gegen Rassismus“ spenden. Die andere Hälfte soll an die vier
Kitas in Mügeln gehen. „Wir waren schon überrascht, dass die Mügelner auf
uns zugegangen sind“, sagt Bednarski. So überraschend findet das Jan
Greschner nun wieder nicht. Er ist Torwart der Mügelner und erster
Vorsitzender des Vereins. Er stand damals, 2010, auch schon im Tor der
Sachsen. „Nazi“ hätten ihn RSL-Fans das ganze Spiel über genannt, dabei s…
er doch gar keiner, hatte er sich danach beschwert.
## Keine Fronten
In den vergangenen zwei Wochen habe es eine „Annäherung“ und „konstrukti…
Gespräche“ mit den Leipzigern gegeben, sagt Diplomingenieur Greschner, 27.
„Hier bestehen keine Fronten“, sagt er. Klar, Rechtsextremismus gebe es in
der Gegend. Aber das sei ein Problem der Region und nicht von Mügeln
allein. Ja, gibt er zu, jeder Fünfzehnte wähle hier die NPD. Und es gibt
auch solche Gruppen wie die Terror-Crew Muldental, die Nationalen
Sozialisten oder Sturm Wurzen. Aber er wolle etwas tun, um das Image von
Mügeln zu verbessern.
Mügeln – der Name ist bekannt wegen der Hetzjagd auf acht Inder im Jahre
2007. Greschner und sein Verein wollen zeigen, „dass wir auf einem guten
Weg sind“. Mügeln soll raus aus den Negativschlagzeilen. Dafür macht sich
auch der Verein für Stadtmarketing stark. Man lädt zum Osterbacken und
Frühlingswandern ein. Oder zum Fußball. Das hätte Greschner auch gern am
Samstag getan.
„Wir wollten das Spiel hier austragen, um zu zeigen, dass wir alle Auflagen
erfüllen.“ Namen wollte man auf die Tickets drucken. Ins Stadion wären die
Fans nur mit Personalausweis und den personalisierten Karten gekommen.
„Aber die Polizei hat uns ans Herz gelegt, das Heimrecht abzugeben. Wir
haben uns beugen müssen.“
Bednarski findet es gut, dass beide Vereine ein Zeichen gesetzt haben,
„aber gesellschaftlich hat sich wenig geändert, im Umland von Leipzig ist
das Neonazi-Problem weiter virulent.“
22 Mar 2012
## AUTOREN
Markus Völker
## TAGS
Fußball
Staatsanwalt
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