Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kommentar Schlecker-Insolvenz: Kosmetik fürs Publikum
> Wenn 11.200 Schlecker-Angestellte auf einmal entlassen werden, ist das
> ein Politikum. Die schnell gegründeten Auffanggesellschaften helfen –
> unserem schlechten Gewissen!
Anton Schlecker war ein Phänomen. Er wollte unbedingt sein Geld vermehren –
schien aber nicht zu wissen, dass sich Ertrag nicht nach Quadratmetern
bemisst. Jahr um Jahr eröffnete er neue Filialen, auch an Orten, wo sonst
kein anderer Laden mehr war. In abweisenden Vororten oder kleinsten
Dörfern: man konnte sicher sein, dass das blau-weiße Schild einer
Schlecker-Filiale auftauchte.
Wo Schlecker jetzt geht, bleibt oft Leerstand zurück. Denn viele Filialen
haben sich nie gerechnet und hatten einen Umsatz, für den das Wort
„fünfstellig“ euphemistisch war. Es handelt sich um eine
„Marktbereinigung“, wie es hässlich im Wirtschaftsdeutsch heißt.
Überflüssige Kapazitäten werden abgebaut.
Für die Kunden ist das nicht bedrohlich, denn es ist nicht zu befürchten,
dass sich die verbleibenden Drogerieketten wie dm oder Rossmann nun über
ein Quasimonopol freuen könnten. Shampoo gibt es in jedem Supermarkt.
Die Verlierer sind die Schlecker-Angestellten. Nur die wenigsten werden
sofort eine neue Stelle finden. Denn wenn sich ein Markt „gesundschrumpft“
– noch so ein hässliches Wirtschaftswort –, dann gehen Arbeitsplätze
verloren. Für immer.
Einen Vorteil aber haben die etwa 11.200 Schlecker-Angestellten, die nun
arbeitslos werden: Sie sind viele – und damit ein Politikum. Das ist
selten. Jährlich gehen Tausende Unternehmen bankrott, ohne dass die
Beschäftigten mit Mitleid rechnen könnten. Als anonyme Nummern verschwinden
sie in der Arbeitslosenstatistik.
Die vielen Schlecker-Angestellten hingegen fallen auf, sodass nun an
„Auffanggesellschaften“ getüftelt wird. Der Name klingt allerdings besser,
als die Realität ist. Faktisch würde die Arbeitslosigkeit für die meisten
nur verschoben – um durchschnittlich sechs Monate.
Die „Auffanggesellschaften“ wären ein symbolischer Akt. Der Schrecken der
Arbeitslosigkeit soll gemildert werden – aber gar nicht für die
Schlecker-Angestellten, sondern für die unbeteiligten Betrachter. Es soll
sich das wohlige Gefühl ausbreiten, dass etwas getan wird. Irgendetwas.
23 Mar 2012
## AUTOREN
Ulrike Herrmann
## ARTIKEL ZUM THEMA
Jahresbilanz der Drogeriekette Rossmann: Zufriedene Nummer Zwei
Drogerieriese Rossmann hat 2011 einen neuen Rekordumsatz erzielt. Bei der
Bilanz-Pressekonferenz sprach Chef Dirk Roßmann auch über eine mögliche
Übernahme von Schlecker-Filialen.
FDP kündigt Schlecker-Solidarität auf: Mir san gelb
Die FDP in Bayern verhindert die Gründung einer Schlecker-
Transfergesellschaft. Der Wirtschaftsminister lehnt eine Kreditbürgschaft
ab.
Schlecker-Pleite: Warten auf die Bürgschaft
Zittern bei den Schlecker-Beschäftigten: Auch nach dem Ablauf einer Frist
gibt es noch keine Auffanglösung. FDP-Chef Philipp Rösler übt sich in
Kritik, seine Parteifreunde in Bayern mauern.
Nach der Schlecker-Pleite: Keine Lösung für die Beschäftigten
Eine Transfergesellschaft für die Schlecker-Beschäftigten ist noch nicht in
Sicht. Die Bürgschaft aller Bundesländer scheiterte an Niedersachsen und
Sachsen.
Pleite eines Familienimperiums: Wie die Schleckers sich ruinierten
Ein knausriger Metzger aus Schwaben errichtet ein Drogerie-Reich der
absoluten Kontrolle. Als alles implodiert, müssen die Kinder ran. Ihr
Mathelehrer wundert sich.
Auffanggesellschaft für Schlecker-Arbeiter: Retter suchen nach Plan B
Die Länder können sich noch immer nicht auf eine Auffanggesellschaft
einigen. Jetzt sucht der Insolvenzverwalter nach alternativen
Finanzierungen. Denn die Zeit drängt.
Bei Schlecker, vor Ort: Aus der Schaum
Viele Schlecker-Filialen müssen nächste Woche schließen, der Abverkauf ist
in vollem Gange. Freuen kann sich unter den Kunden kaum jemand über die
Angebote.
Debatte Schlecker: Neustart in Mitarbeiterhand
Die insolvente Drogeriekette Schlecker müsste nicht zerschlagen werden,
denn es gibt eine bessere Lösung. Ein Plädoyer für Belegschaftseigentum.
Schlecker-Gesamtbetriebsratsvorsitzende: Kämpferin mit Tränen
Seit 17 Jahren bei Schlecker, seit sechs Jahren freigestellt: Christel
Hoffmann ist die Gesamtbetriebsratsvorsitzende der insolventen
Drogerie-Kette.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.