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# taz.de -- Trauer in Neukölln: Alleingelassen im Gedenken
> Mehrere hundert Menschen erinnern an den Anfang März erstochenen
> Jugendlichen Yusef El-A. Das Neuköllner Bezirksamt will sich daran nicht
> beteiligen.
Bild: Gedenken an Yusef El A.
Gut 400 meist arabischstämmige Menschen haben sich am Freitagnachmittag vor
dem Neuköllner Rathaus zum Gedenken an den vor drei Wochen getöteten
Deutscharaber Yusef El A. versammelt. Der 18-Jährige war Anfang März in der
Neuköllner High-Deck-Siedlung bei einem Streit erstochen worden, der sich
nach einem Fußballspiel entsponnen hatte. Der Messerstecher, ein 34 Jahre
alter Deutscher, ist frei, da die Ermittlungsbehörden davon ausgehen, dass
die Tat „aus einer Notwehrsituation erfolgt“ und damit „strafrechtlich
gerechtfertigt“ war, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte.
Bei vielen arabischstämmigen NeuköllnerInnen stoße das auf Unverständnis,
so Nader Khalil vom Deutsch-Arabischen Zentrum für Bildung und Integration
(DAZ), das deshalb zu der Gedenkveranstaltung aufgerufen hatte. „Wir wollen
die Spannung, die da ist, in die Öffentlichkeit tragen – und ihr zu einem
friedlichen Ausdruck verhelfen.“ Das DAZ, vom Evangelischen Jugend- und
Fürsorgewerk EJF getragen und von 16 arabischen Vereinen unterstützt, werde
„von der Gemeinde auch als Fürsprecher ihrer Interessen“ betrachtet, sagte
Khalil: „Dieser Erwartung wollen wir uns stellen.“
Von Spannung war auf dem Rathausvorplatz indes nichts zu spüren.
Jugendliche arabischer Herkunft trugen Plakate mit Aufschriften wie: „Im
Sinne von Yusef: Keine Gewalt!“ Der getötete Achtzehnjährige war in seinem
Kiez als ehrenamtlicher Streitschlichter tätig gewesen. Der Vater des
Opfers hatte bereits bei der Beerdigung seines Sohnes vor zwei Wochen dazu
aufgerufen, trotz des Unmuts friedlich zu bleiben. Auf der Kundgebung am
Freitag sprach Yusefs Mutter, die als Stadtteilmutter im High-Deck-Kiez
tätig war. Sie sei „enttäuscht von den Behörden“, sagte sie: „Wir wurd…
mit unserer Trauer nicht ernst genommen, sondern verurteilt.“
„Wir wollen ernst genommen werden“ – diesen Wunsch äußerten auch zahlre…
TeilnehmerInnen der Gedenkkundgebung, von denen viele noch lange nach deren
offiziellem Ende vor dem Rathaus verweilten und diskutierten. Aus dem
Rathaus selbst hatte sich trotz Anfrage des DAZ niemand bereit gefunden,
auf der Kundgebung zu sprechen. Das Bezirksamt habe „bereits getan, was es
für notwendig hielt“, sagte der stellvertretende Bürgermeister, Falko
Liecke (CDU), am Donnerstag der taz: „Das Bezirksamt hat kondoliert, der
Verstorbene wurde beerdigt, damit ist für uns die Sache im Prinzip
erledigt“, so Liecke wörtlich.
Auf der Kundgebung sah man das anders: „Wie können wir solche Tragödien
künftig verhindern? Damit müssen wir uns jetzt beschäftigen“, sagte etwa
der Imam Ferid Heider als Redner der Veranstaltung. Neukölln könne dabei
„Vorbild für die ganze Republik werden – wenn wir das wollen!“, so Heide…
Er wolle die Entscheidung des Bezirksamtes nicht bewerten, so der
Integrationsbeauftragte des Senats, Günter Piening, der zur
Trauerkundgebung gekommen war. Er finde die Initiative des DAZ aber
„wichtig“. Es sei offenbar „Druck im Kessel“, so Piening. „Und wenn
arabische Vereine das auf diese Weise kanalisieren, sollte man sich
eigentlich bei ihnen dafür bedanken.“
23 Mar 2012
## AUTOREN
Alke Wierth
Alke Wierth
## TAGS
Tod
Justiz
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