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# taz.de -- Neukölln: Todesnachricht per Flurfunk
> Nach Burak B.s Familie kritisiert nun auch die Mutter des ermordeten
> Yusef El A., von der Polizei nicht informiert worden zu sein. Die Behörde
> bestreitet Versäumnisse
Bild: Blumen am Tatort in Neukölln, wo Burak B. erschossen wurde.
In beiden Fällen der in den vergangenen Wochen in Neukölln getöteten jungen
Männer erheben die Angehörigen der Opfer Vorwürfe gegen die Polizei. Diese
habe sie nicht über den Tod ihrer Söhne informiert, heißt es sowohl von der
Familie des in der Nacht zu Donnerstag getöteten Burak B. wie auch von der
des im März erstochenen Yusef El A.
Nach der Tötung ihres Sohnes hätte die Polizei sogar zwei Tage nach der Tat
noch keinen Kontakt zur Familie aufgenommen, sagt Maida El A. der taz: „Ich
habe mich durchtelefonieren müssen, um herauszufinden, welcher Beamte den
Fall bearbeitet.“ Yusef El A. war am 4. März durch einen Messerstich
getötet worden, nachdem es bei einem Fußballspiel zu einem Streit gekommen
war.
Der 22-jährige Burak B. starb vergangene Woche, als ein unbekannter Mann an
einer Bushaltestelle auf ihn und seine Freunde schoss. Zwei weitere
Jugendliche wurden dabei schwer verletzt. Buraks Eltern waren vier Stunden
nach der Tat von Freunden ihres Sohnes über das Geschehen informiert worden
und hatten sich dann selbstständig auf die Suche nach der zuständigen
Polizeidirektion gemacht. Eine Cousine Buraks fuhr sie im Auto. Auf einer
der Wachen, die die Familie aufsuchte, legten die Beamten der Cousine
schließlich ein Foto des Toten vor (taz berichtete).
Die Polizei weist die Kritik der Familien zurück. Im Fall Yusef El A.s
hätten Ermittler Mutter und Vater des Verstorbenen im Krankenhaus
gesprochen, wo Ärzte versuchten, den 18-Jährigen wiederzubeleben, heißt es
in einer Antwort der Polizei auf eine entsprechende Anfrage der taz. Yusefs
Eltern hatten sich nach Hinweisen von Nachbarn in die Klinik begeben.
Im Fall des erschossenen Burak B. habe ein Mitarbeiter der Mordkommission
der Familie um 6.30 Uhr auf dem Polizeiabschnitt, auf dem die Eltern sich
zu der Zeit auf der Suche nach Ansprechpartnern befanden, den Tod ihres
Sohnes bestätigt.
Innenpolitiker sowohl von Oppositions- wie von Regierungsseite kritisieren
das Verhalten der Polizei. Die habe „immer eine zu passive
Opferkommunikation“, sagt etwa Benedikt Lux, innenpolitischer Sprecher der
Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus. Das sei „unsensibel“: „Gerade bei so
heiklen Vorfällen muss man schneller auf die Geschädigten zugehen.“ Er
halte dies aber für ein „generelles Defizit“, so Lux: „Ich sehe nicht, d…
es hier darum geht, bestimmte Geschädigte weniger zu informieren, weil sie
Migranten sind.“
Auch Thomas Kleineidam, innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion,
kritisiert die Polizei. Dass diese Angehörige umgehend zu informieren
hätte, sei „eine Selbstverständlichkeit“, sagt Kleineindam: „Die Frage,
warum das hier nicht so gehandhabt wurde, ist gerechtfertigt.“ Dass das
Versäumnis mit dem Migrationshintergrund der Familien zu tun habe, könne er
sich aber „nicht vorstellen“: „Die Polizei ist eine große Behörde. Da
passieren Fehler“, so der SPD-Politiker.
Die Polizei sieht sich jedoch keines Fehlverhaltens schuldig. Die
Überbringung von Todesnachrichten sei „eine schwierige und
verantwortungsvolle Aufgabe“, die in jedem einzelnen Fall „angemessen und
sehr gut vorbereitet“ erfolge, heißt es in der Antwort der Beamten auf die
taz-Anfrage. Die beiden Fälle in Neukölln würden exemplarisch belegen, dass
„eine frühzeitige Information und Einbindung der Angehörigen ein
elementarer Bestandteil der Arbeit einer Mordkommission ist“.
10 Apr 2012
## AUTOREN
Alke Wierth
Alke Wierth
## TAGS
Tod
Justiz
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