# taz.de -- Umbau des Schauspielhauses: Alles anders zum Abschied | |
> Während des Umbaus des Schauspielhauses spielt das Ensemble lauter | |
> Neuproduktionen auf einer provisorischen Bühne, die über den | |
> Zuschauerplätzen gebaut ist. | |
Bild: Aus der Not eine Tugend gemacht: Bauprobe im Schauspielhaus. | |
„Sportlich“ nennt Florian Vogel das, was auf ihn und das Ensemble des | |
Hamburger Schauspielhauses zukommt. Vogel ist der künstlerische Leiter des | |
Schauspielhauses und hatte zusammen mit dem geschäftsführenden Intendanten | |
Jack Kurfess die Aufgabe, jene Spielzeit zu planen, in der die Bühne des | |
Hauses wegen Sanierung geschlossen sein wird. Alternativ wird in der | |
Spielzeit 2012/2013 auf einer Bühne gespielt, die auf den vorderen Sitzen | |
des Parketts aufgebaut wird. | |
Das verringert die Zahl der Zuschauerplätze von 1.200 auf 709 und verändert | |
die Nähe zwischen Schauspielern und Publikum. Außerdem hat es weitreichende | |
Folgen für die künstlerischen Möglichkeiten. Die kommende Spielzeit, die am | |
7. September beginnt, wird zweifellos eine besondere werden. | |
Die neue Bühnensituation wird die Möglichkeiten für die Bühnenbildner | |
deutlich einschränken. Auch die Abläufe während der Aufführungen werden | |
andere sein: So werden die Schauspieler für ihre Auf- und Abgänge durch | |
Logen im ersten Rang steigen müssen. Am Schauspielhaus hat man aus der Not | |
eine Tugend gemacht: Es wird zehn völlig neue Produktionen geben, von denen | |
sieben Uraufführungen sind, die wiederum zum Teil eigens für diese | |
Bühnensituation geschrieben wurden. Zu den engagierten Autoren gehören | |
unter anderem René Pollesch und Albert Ostermaier, außerdem ist eine | |
Dramatisierung des Romans „So was von da“ von Tino Hanekamp geplant. | |
Aller Voraussicht nach werden die zehn neuen Produktionen nur in der | |
Spielzeit 2012/13 zu sehen sein. „Es wird schwierig sein, die Stücke in den | |
Malersaal oder auf eine Guckkastenbühne zu transferieren“, sagt Vogel. „Es | |
wird eine Festivalspielzeit werden.“ Das bedeutet auch, dass kein einziges | |
Stück aus der aktuellen oder den vergangenen Spielzeiten zu sehen sein | |
wird. Wer noch etwas aus dem Repertoire sehen möchte, hat dafür nur noch | |
bis zum 27. Mai Zeit. Am 1. Juni beginnt die 16,5 Millionen Euro teuere | |
Sanierung. Sie war nötig geworden, weil der TÜV die zum Teil aus den | |
1960er-Jahren stammende Bühnentechnik nicht mehr abgenommen hätte. | |
Besonders wird die Spielzeit 2012/13 auch, da sie die letzte der aktuellen | |
Mannschaft ist. Im Herbst 2013 wird Karin Beier neue Intendantin am | |
Schauspielhaus, und das bedeutet auch einen Schnitt in personeller | |
Hinsicht: Lediglich von dem Leiter des Jungen Schauspielhauses Klaus | |
Schumacher ist bekannt, dass er bleiben wird. Für die meisten anderen | |
dürfte die kommende Spielzeit eine Zeit des Abschieds werden, verbunden mit | |
allen positiven und negativen Auswirkungen, die so ein Abschied auf die | |
Motivation und den künstlerischen Mut hat. | |
Die Verringerung der Platzzahl und die Verkürzung der Spielzeit bringe für | |
das Schauspielhaus einen Einnahmeausfall von einer Million Euro mit sich, | |
sagt Kurfess. Von der Behörde kriege man den Ausfall nicht ausgeglichen. | |
„Wir werden an allen Posten sparen“, sagt Kurfess. Manchen Schauspielern | |
habe man schon unbezahlten Urlaub angeboten. Was den Umbau betrifft, so sei | |
das Schauspielhaus finanziell und zeitlich im Plan, sagt Kurfess. „Es wäre | |
auch sinnvoll gewesen, die Heizung, die Sanitäranlagen und die Beleuchtung | |
zu sanieren, aber dafür war kein Geld mehr da.“ | |
25 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
Klaus Irler | |
## TAGS | |
Hamburg | |
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