# taz.de -- Bald Entschädigung für DDR-Heimerziehung: Im Werkhof gebrochene H… | |
> Das Familienmisterium stellt den Bericht zur Heimerziehung in der DDR | |
> vor. Die Geschädigten bekommen 40 Millionen Euro für Therapiekosten und | |
> Renten. | |
Bild: Dunkler Trakt: ein ehemaliger Insasse steht im Zellentrakt des Geschlosse… | |
BERLIN taz | Roland Militz stockt und beginnt seine Rede noch einmal von | |
vorn. „Ich könnte weinen“, sagt er: „Das erste Mal wird uns zugehört.“ | |
Roland Militz ist ein ehemaliges DDR-Heimkind, in staatlichen | |
Erziehungseinrichtungen hat er Gewalt und Menschenverachtung erfahren. Am | |
Montag sitzt er am Pressetisch des Familienministeriums, das den Bericht | |
zur Heimerziehung in der DDR vorstellt. | |
Mit dabei sind auch MinisterInnen aus den neuen Bundesländern, die das | |
Papier mit verfasst haben. So wie westdeutsche Heimkinder sollen nun auch | |
die ehemaligen ostdeutschen Heimkinder für ihr Leiden entschädigt werden. | |
Dafür soll es ab 1. Juli einen Fonds mit 40 Millionen Euro geben. | |
Das Geld soll für therapeutische Behandlungen und Rentenansprüche der | |
Betroffenen verwendet werden, die oft noch immer unter den Folgen der | |
Behandlungen in den Heimen leiden. Die Summe werde nach Aussage von Hermann | |
Kues, Staatssekretär im Familienministerium, zur Hälfte von den Ländern und | |
vom Bund getragen werden. Der Westfonds beträgt 120 Millionen Euro. | |
„Ich schäme mich für das, was Kinder und Jugendliche damals erlebt haben“, | |
sagte Manuela Schwesig, SPD-Sozialministerin in Meckenburg-Vorpommern: „Wir | |
übernehmen dafür die politische Verantwortung.“ Betroffene wurden häufig zu | |
Unrecht in Sonderheime oder in Werkhöfe eingewiesen, wenn sie | |
beispielsweise offen gegen das System rebellierten, die Schule oder die | |
Lehre schwänzten oder straffällig wurden. | |
Sie haben unter anderem körperliche und sexuelle Gewalt erlebt und wurden | |
zur Zwangsarbeit verpflichtet. Als eine der grausamsten Anstalten galt der | |
Jugendwerkhof Torgau. Roland Militz sagte am Montag, dass „man glaubte, | |
Jugendliche mit gebrochenem Herzen und mit Arbeit besser zu erziehen als | |
mit einem Stück Brot“. | |
Wie viele Kinder und Jugendliche in normalen Heimen, Sonderheimen und | |
Jugendwerkhöfen untergebracht waren, ist nicht genau bekannt. Das | |
sächsische Sozialministerium geht von etwa 600.000 Betroffenen aus, Heike | |
Taubert (SPD), Sozial- und Familienministerin in Thüringen, spricht von bis | |
zu 400.000. Wobei unterschieden werden muss zwischen normalen Heimen, in | |
die Waisen, Kinder aus zerrütteten oder beruflich stark eingespannten | |
Familien eingewiesen wurden, und den Sonderheimen und Jugendwerkhöfen, die | |
mitunter brutale Verwahranstalten waren. | |
26 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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Karlsruhe. |