| # taz.de -- Gewalt in El Salvador: Friedensverhandlungen mit Verbrechern | |
| > El Salvadors Präsident Funes macht den Jugendbanden der Maras | |
| > Zugeständnisse. Diese hatten zuvor versprochen, weniger zu morden. | |
| Bild: Die Maras haben einen Waffenstillstand unterzeichnet. | |
| SAN SALVADOR taz | Die Regierung von El Salvador hat bei der Bekämpfung der | |
| Gewaltkriminalität eine Kehrtwende vollzogen: Präsident Mauricio Funes | |
| hatte zunächst eine Politik der „harten Hand“ gegen die gefürchteten | |
| Jugendbanden der Maras versprochen und die innere Sicherheit dafür in die | |
| Hände von Militärs gelegt. Jetzt gibt es Hafterleichterungen für die | |
| inhaftierten Chefs der beiden großen Verbände der „Mara Salvatrucha“ und | |
| „Pandilla 18“, die zusammen rund 20.000 Mitglieder zählen. | |
| Im Gegenzug haben die Maras einen Waffenstillstand untereinander | |
| unterzeichnet und versprochen, auf Morde an Polizisten und Soldaten zu | |
| verzichten. Das zunächst geheim gehaltene Abkommen gilt seit zwei Wochen. | |
| Seither ist die Zahl der Morde um fast 60 Prozent zurückgegangen, von | |
| durchschnittlich 14 auf 6 pro Tag. | |
| Die Verhandlungen waren aufgeflogen, als die dreißig im einzigen | |
| Hochsicherheitsgefängnis einsitzenden Chefs der Maras vor gut zwei Wochen | |
| in normale Gefängnisse zu ihrem Fußvolk verlegt wurden. Dort können sie | |
| Besucher empfangen und haben Zugang zu Telefonen. Sicherheitsminister | |
| General David Munguía Payés behauptete zunächst, die Verlegung habe nichts | |
| mit Hafterleichterungen zu tun. | |
| Vielmehr habe der Geheimdienst herausgefunden, dass von Honduras aus 24 | |
| Boden-Boden-Raketen ins Land geschmuggelt worden seien, mit deren Hilfe die | |
| Mara-Chefs befreit werden sollten. Warum man sie deshalb in deutlich | |
| weniger sichere Gefängnisse verlegt hat, blieb sein Geheimnis. | |
| ## „Ein Wunder“ | |
| Diese Woche nun hat Präsident Funes zugegeben, dass die Hafterleichterungen | |
| für die Mara-Chefs ein Zugeständnis der Regierung sind. Aber nicht er oder | |
| sonst ein Mitglied seiner Regierung hätten mit den Kriminellen verhandelt, | |
| sondern der Militärbischof des Landes und der ehemalige Guerillero Rañl | |
| Mijango, der heute als informeller Mitarbeiter des Geheimdienstes gilt. Nur | |
| mit diesen Vermittlern habe er sich getroffen. | |
| Mijango feierte den Erfolg seiner Mission: „Wir sind Zeugen eines Wunders“, | |
| sagte er. Die Hafterleichterungen seien ein erster Schritt. Dazu seien mit | |
| den Maras Angebote zur Wiedereingliederung in die Gesellschaft vereinbart | |
| worden. Wie diese aussehen sollen, ist noch nicht bekannt. Funes rief | |
| zunächst nur die Bevölkerung dazu auf, die Wiedereingliederung der vorher | |
| von ihm verteufelten Mara-Mitglieder zu unterstützen. | |
| Das Abkommen bezieht sich nur auf Morde zwischen den verschiedenen Maras | |
| und an Polizisten und Soldaten. Morde an der Zivilbevölkerung werden | |
| genauso wenig erwähnt wie die anderen kriminellen Machenschaften der | |
| Banden. Sie unterhalten unter anderem ein flächendeckendes Netz für | |
| Schutzgelderpressung und kontrollieren den lokalen Drogenhandel. | |
| Nicht nur deshalb kritisiert der staatliche Menschenrechtsbeauftragte Oscar | |
| Luna den Präsidenten. „Man kann Hafterleichterung nicht nach Gutdünken | |
| verteilen“, sagt er. „Und schon gar nicht gegen das Versprechen, weniger | |
| Morde zu begehen.“ Das sei „ein Weg außerhalb rechtsstaatlicher Regeln“. | |
| Für Funes aber zählen nur Zahlen. Als er vor vier Monaten gegen den Willen | |
| seiner eigenen linken Partei FMLN die Schlüsselstellen der inneren | |
| Sicherheit mit Militärs besetzte, hatte er versprochen, sie würden die | |
| Mordrate innerhalb eines Jahres um 30 Prozent senken. Bis Ende Februar | |
| hatte sie sich stattdessen von durchschnittlich 11 auf 14 Tote pro Tag | |
| erhöht. | |
| 30 Mar 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Cecibel Romero | |
| ## TAGS | |
| El Salvador | |
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