# taz.de -- Kriminalität in El Salvador: Kampf gegen Schutzgelderpresser | |
> Die Telefonbücher in El Salvador werden nicht aktualisiert. Diese | |
> Maßnahme ist Teil der Verbrechensbekämpfung, denn erpresst werden kann | |
> auch am Telefon. | |
Bild: Dieser Mann war vor seiner Verhaftung ein wichtiges Mitglied einer Mara S… | |
SAN SALVADOR taz | El Salvador gehört zu den Ländern, in denen es mehr | |
Anschlüsse für Mobiltelefone gibt als Einwohner. Das Festnetz aber hat | |
viele Dörfer noch nicht erreicht. Sie stehen also nicht im Telefonbuch und | |
werden dort auch in Zukunft nicht erscheinen, selbst wenn sie einmal ans | |
Netz angeschlossen werden sollten. Telefonbücher nämlich wird es in Zukunft | |
nicht mehr geben. | |
Der Verzicht auf eine aktualisierte Neuauflage ist Teil der | |
Verbrechensbekämpfung. El Salvador hat eine der weltweit höchsten Mordraten | |
(65 Morde pro 100.000 Einwohner im Jahr, Tendenz: steigend). Das ist nur | |
der Gipfel der Kriminalität. Es wird auch massenhaft überfallen, geraubt, | |
entführt und erpresst. Nur aufgeklärt wird so gut wie nie, weshalb Ganoven | |
davon ausgehen können, dass sie nie für ihre Taten geradestehen müssen. | |
So ein Klima ist ideal für Verbrecher. Vor allem die gefahrloseste aller | |
Untaten hat sich darin flächendeckend ausgebreitet: die | |
Schutzgelderpressung. Sie ist so einfach, weil sie keinen direkten Kontakt | |
zwischen Täter und Opfer erfordert. Erpressen kann man auch am Telefon. | |
Inzwischen gibt es kaum mehr einen Laden und eine Schule, der oder die kein | |
Schutzgeld bezahlt. Dazu kommen Privatleute, die nicht wollen, dass ihr | |
Haus brennt oder sie direkt davor von einer Kugel getroffen werden. Man | |
weiß, dass die Maras genannten Jugendbanden dick im Erpressungsgeschäft | |
sind und mit ihnen nicht zu spaßen ist. Niemand aber kann mit Sicherheit | |
sagen, ob er von einer Mara erpresst wird oder einem Trittbrettfahrer, der | |
es auch mal versuchen will. | |
## Nur wenige haben noch nie einen Erpresseranruf erhalten | |
Für einen Erpressungsversuch braucht der Täter drei Dinge: den Namen seines | |
Opfers, die Adresse und die Telefonnummer. Alle drei Informationen stehen | |
im Telefonbuch. Ich kenne nur wenige in El Salvador, die noch keinen | |
entsprechenden Anruf erhalten haben. Als Erstes fragen die Anrufer nach dem | |
Menschen, unter dessen Namen der Anschluss im Telefonbuch steht. Die | |
Polizei rät in solchen Fällen, schnell eine Nummernänderung zu beantragen. | |
Auch wir haben in unserem Büro solche Anrufe bekommen und sind gewappnet. | |
Unser Telefon wurde vor vielen Jahren von einer Frau angemeldet, die fast | |
schon so viele Jahre dort nicht mehr wohnt. Wir haben es nie umgemeldet. | |
Wenn ein Anrufer nach dieser Dame verlangt, sagen wir, sie sei gerade nicht | |
da. Der Anrufer hält uns für Hausangestellte, bei denen nichts zu erpressen | |
ist, und ruft den nächsten Namen an. Bislang hat sich keiner zweimal | |
gemeldet. | |
12 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
Toni Keppeler | |
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