Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Folgen des Klimawandels: Unwetter in Mittelamerika
> Seit Tagen regnet sich ein Tief über Zentralamerika aus. Die Folge sind
> Fluten, Erdrutsche und an die hundert Tote. Wegen des Klimawandels wird
> das künftig häufiger geschehen.
Bild: Verzweifelte Suche: Rettungskräfte suchen Überlebende nach einem Erdrut…
SAN SALVADOR taz | Das tropische Tief, das seit Tagen über Zentralamerika
hängt, hat von den Meteorologen nicht einmal einen Namen bekommen. Sie
hatten es als unbedeutend eingeschätzt. Inzwischen aber hat es Auswirkungen
wie ein ausgewachsener Hurrikan.
An die hundert Tote, vor allem in El Salvador und Guatemala, dazu über
100.000 Evakuierte in Notlagern, unzählige Erdrutsche und Schlammlawinen,
Dutzende überflutete Dörfer und zusammengebrochene Brücken. Betroffen sind
auch Honduras, Nicaragua, Costa Rica und der Süden von Mexiko.
Wer in einer sicheren Wohngegend lebt und zum Fenster hinausschaut, dem
drängt sich nicht der Gedanke an eine Katastrophe auf. Es regnet einfach,
nicht einmal besonders stark, aber ohne Unterlass. Das Drama spielt sich
draußen auf dem Land ab, in den Armenvierteln an steilen Hängen und
Flussufern. Dort zeigt sich, dass Zentralamerika weltweit eine der Regionen
ist, die am anfälligsten ist für das, was Klima-Bürokraten "extreme
Wetterereignisse" nennen. Mit dem Klimawandel wird es noch schlimmer
werden.
El Salvadors Umweltminister Herman Rosa Chávez sieht schon jetzt eine
Tendenz zum Schlechteren: "In den sechziger und siebziger Jahren des
vergangenen Jahrhunderts hatten wir je ein extremes Wetterereignis", sagt
er. "In den achtzigern waren es zwei, in den neunzigern vier und im ersten
Jahrzehnt dieses Jahrhunderts schon sieben. Dies ist das erste des neuen
Jahrzehnts."
Selbst ohne Klimawandel wäre El Salvador ein geschundenes Land. Zu den
Hurrikans und Überschwemmungen kamen allein im vergangenen Jahrhundert
zwölf schwere Erdbeben, zwei Tsunamis und acht Vulkanausbrüche. Dem
UNO-Büro zur Koordinierung humanitärer Angelegenheiten zufolge ist der
überbevölkerte Kleinstaat weltweit das anfälligste Land für
Naturkatastrophen. 88,7 Prozent seiner Fläche gelten als Risikozonen, 95,4
Prozent der Menschen leben dort.
Der ursprüngliche Wald wurde zuerst für Indigo-Plantagen gerodet, dann für
Kaffee, Baumwolle und Zuckerrohr. Dazu kommt die zunehmende Verstädterung.
Armenviertel entstanden vor allem dort, wo niemand die Landflüchtigen
vertreibt, weil der Boden als wertlos gilt: an abrutschgefährdeten Hängen
und von Überflutungen bedrohten Flussufern.
## Klimawandel besonders heftig
Im Guatemala, Honduras und Nicaragua sehen die Risiko-Zahlen zwar
freundlicher aus, aber nur deshalb, weil diese Länder noch über
nennenswerte Regenwälder verfügen, durch die die nationalen
Durchschnittswerte abgeschwächt werden. In den besiedelten und
landwirtschaftlich genutzten Gegenden sieht es kaum besser aus als in El
Salvador. Vor allem in Guatemala werden Kleinbauern von Großgrundbesitzern
in immer anfälligere Hochlagen abgedrängt.
Nach einer Studie von Cepal, der UNO-Wirtschaftskommission für
Lateinamerika, wird die Region vom Klimawandel besonders hart getroffen.
Günstige Prognosen sehen bis zur nächsten Jahrhundertwende einen
Temperaturanstieg von 1,8 Grad voraus, pessimistische gehen von bis zu 6,5
Grad aus. Gleichzeitig werde die Niederschlagsmenge um fünf bis 30 Prozent
abnehmen.
Allerdings: Der Regen wird sich nicht mehr auf die sechs Monate der
Regenzeit verteilen, sondern geballt in einzelnen Unwettern fallen. Mit der
Folge von noch mehr Überschwemmungen. Trifft die günstigste Prognose ein,
sagt Umweltminister Rosa Chávez, "können wir uns vielleicht noch anpassen".
Bei 6,5 Grad mehr "sind wir hoffnungslos verloren".
18 Oct 2011
## AUTOREN
Toni Keppeler
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.