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# taz.de -- Streit um das Bildungspaket: Statistik gegen Statistik
> Kritiker sagen, nur ein Fünftel der Gelder im Hartz-IV-Paket für Kinder
> sei abgerufen worden. Nun versucht Arbeitsministerin von der Leyen, ihr
> wichtigstes Projekt zu verteidigen.
Bild: Hat eigene Zahlen mitgebracht: Arbeitsministerin von der Leyen.
BERLIN taz | „Es ist das Geld der Kinder“, sagte die
Bundesarbeitsministerin nachdrücklich. Ursula von der Leyen sitzt am
Freitag in der Bundespressekonferenz. Sie ist hier, um sich ein Jahr nach
der Einführung des sogenannten Hartz-IV-Bildungspakets gegen ihre Kritiker
zu verteidigen, die Anfang der Woche moniert hatten, dass nur ein Fünftel
der Gelder tatsächlich bei den Bedürftigen ankomme. Sie hat auch
Zahlenmaterial dabei, das ihre Position belegen soll.
Die Regierung hatte 2011 das 642-Millionen-Euro-Programm aufgelegt, weil
zuvor das Bundesverfassungsgericht den Hartz-IV-Satz für Kinder als zu
niedrig beurteilt hatte. Aber statt jedem Kind einen höheren Hartz-IV-Satz
auszubezahlen, beschloss die schwarz-gelbe Koalition, die Familien
beantragen und nachweisen zu lassen, wo und wie ihr Kind finanzielle
Unterstützung braucht.
Seither können im Rahmen des Bildungspakets Eltern einen Zuschuss zum
Mittagessen in Schule, Hort und Kindertagesstätte beantragen. Einen Euro
pro Tag müssen sie selbst zahlen. Für Sport, Musik oder Kultur gibt es 10
Euro im Monat. Finanziert werden auch eintägige Schulausflüge, in
Ausnahmefällen Nachhilfeunterricht und Beförderungskosten. Bereits vor der
Einführung des Bildungspakets gab es 100 Euro pro Schuljahr für Schulsachen
und Zuschüsse zu mehrtägigen Klassenfahrten. Diese Leistungen sind nun Teil
des Pakets.
Eine vom Arbeitsministerium in Auftrag gegebene, am Freitag präsentierte
Studie soll nachweisen, dass „das Paket gut angekommen ist“, wie Ursula von
der Leyen betont, und dass es „zielgenau“ wirkt. Die Studie des Instituts
für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik hat 2.000 anspruchsberechtigte
Familien befragt. 71 Prozent der Befragten sagten, sie seien gut über die
Leistungen des Bildungspakets informiert.
## Ein Drittel Verwaltungskosten
Nur 57 Prozent der migrantischen Familien wissen jedoch über ihre
Möglichkeiten gut Bescheid. Ausgegeben wurden die Gelder zu 35 Prozent für
das Mittagessen und zu 36 Prozent für Zuschüsse zu Klassenfahrten. Gerade
mal 23 Prozent beantragten Unterstützung für die Musikschul- oder
Vereinsmitgliedschaft ihrer Kinder – hier sieht die Ministerin den größten
Nachholbedarf.
Letztlich aber bleibt es dabei, dass im Schnitt nur 54 Prozent aller
berechtigten Familien, also etwas mehr als die Hälfte, Unterstützung
beantragt haben. Und dass, wie die Ministerin auf Nachfrage einräumte, 136
der 642 Millionen Euro in die Verwaltung des Fonds geflossen sind.
Dies ist der Punkt, an dem die Kritik der Opposition und der Sozialverbände
ansetzt. So sagte die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Renate Künast, am
Freitag, in Wahrheit sei nur ein Fünftel der Mittel abgerufen worden, der
„Verwaltungskropf“ mache ein Drittel der Ausgaben aus.
30 Mar 2012
## AUTOREN
Anja Maier
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