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# taz.de -- Streit um Fluglärm in Frankfurt: Und weiter geht's
> Es wird ein Nachtflugverbot in Frankfurt geben, doch zufrieden ist
> niemand. Die Anwohner wollen tagsüber mehr Ruhe, die Branche fürchtet
> wirtschaftliche Schäden.
Bild: Trotz Gerichtsurteil ist der Streit in Frankfurt um Flugzeiten noch läng…
FRANKFURT AM MAIN taz | Der Streit um die Lärmbelästigung am Frankfurter
Flughafen ist mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nicht beigelegt.
Am Mittwoch bestätigten die Leipziger Richter zwar das im Herbst vom
hessischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) vorläufig verhängte Nachtflugverbot
von 23 bis 5 Uhr.
Doch weder die Luftfahrtbranche noch die Initiativen der lärmgeplagten
Anwohner zeigten sich mit dieser Entscheidung zufrieden. Seit Jahren wird
um die Abwägung wirtschaftlicher Interessen gegen das Ruhebedürfnis einer
ganzen Region gestritten.
Dieses sieht die Sprecherin der Bürgerinitiativen gegen Fluglärm, Ingrid
Kopp, trotz des Gerichtsurteils nicht ausreichend geschützt: „Es bleiben
immer noch 18 Stunden voller Höllenlärm.“ Sie fordert ein Nachtflugverbot
von 22 bis 6 Uhr sowie eine deutliche Reduzierung der Flüge am Tag. Dafür
will sie, wie schon in den vergangenen Monaten, gemeinsam mit Tausenden
anderen weiterhin montags im Terminal demonstrieren.
Wenig erfreut über das Urteil ist auch die Luftfahrtbranche. Lufthansa-Chef
Christoph Franz bezeichnete es als „schweren Schlag gegen den
Wirtschaftsstandort Deutschland“. Die Airline werde den „Bedarf für
nächtliche Flüge im ergänzenden Planfeststellungsverfahren erneut deutlich
machen“.
## Landesregierung verliert
In einem solchen Verfahren muss das Land Hessen neue Regeln für Flüge
zwischen 22 und 6 Uhr festlegen. Genaue Details könne man erst nach
Vorliegen der schriftlichen Urteilsbegründung bekanntgeben, so Hessens
Wirtschaftsminister Dieter Posch. Seine Landesregierung war gegen ein
Urteil des VGH aus dem Jahre 2009, das ein Nachtflugverbot forderte, in
Revision gegangen – und hat nun höchstrichterlich verloren. Dennoch scheint
sich Posch als Sieger zu fühlen: „Die Herstellung dieser Rechtsklarheit war
der Zweck unserer Revision.“
So lautete stets die offizielle Darstellung: Die schwarz-gelbe
Landesregierung klagt gegen ein Nachtflugverbot, obwohl sie dieses
eigentlich durchsetzen will. Dadurch fühlten sich viele betroffene Anwohner
getäuscht. Auch Frank Kaufmann, grüner Landtagsabgeordneter, kritisiert
dieses Vorgehen als „Gipfel der Verlogenheit“.
Zumal der Anwalt der Landesregierung während der Verhandlung in Leipzig
vehement für Nachtflüge gestritten hatte. „Die Landesregierung hat sich
damit zum Handlanger der Luftfahrtindustrie gemacht anstatt zum Anwalt der
Menschen“, kritisiert Kopp. Bestärkt werden die Kritiker durch erste
Reaktionen Poschs auf das Leipziger Urteil. Dieser sieht zwar „die
Möglichkeit, das Nachtflugverbot von 23 bis 5 Uhr zu verwirklichen“.
Allerdings betonte er auch: „Das Bundesverwaltungsgericht schließt
Expressfracht in dieser Zeit nicht aus. Ich gehe aber davon aus, dass der
Schutz der Bevölkerung Vorrang hat.“ Ein definitives Bekenntnis zum
Nachtflugverbot sieht anders aus.
## Gegner kämpfen weiter
Die Unglaubwürdigkeit der hessischen Landesregierung hat auch mit einem
Wortbruch zu tun. Im Jahre 2002 hatte der damalige Ministerpräsident Roland
Koch (CDU) versprochen: „Kein Ausbau ohne Nachtflugverbot.“ Doch als die
Landesregierung den Bau der Landebahn im Jahr 2007 genehmigte, ließ sie
zahlreiche Nachtflüge zu.
Kritiker wie Ingrid Kopp wollen auf jeden Fall weiterkämpfen und womöglich
vor das Bundesverfassungsgericht ziehen, um eine Lärmreduzierung auch am
Tag zu erreichen. „Denn hier werden Menschenrechte verletzt“, so die
60-Jährige. Der Streit an Deutschlands größtem Luftfahrtdrehkreuz ist also
noch lange nicht ausgestanden – genauso wenig wie die Diskussionen an
anderen deutschen Flughäfen.
Ausbaukritiker etwa aus Berlin und München blickten am Mittwoch gespannt
nach Leipzig und erhoffen sich nun eine Signalwirkung. Eine solche könnte
es auch für den Leipziger Flughafen geben, allerdings zum Leidwesen der
ruhebedürftigen Anwohner. Denn der Leipziger Airport kann einen
24-Stunden-Frachtbetrieb gewährleisten und hofft nun auf Umsiedlungen aus
Frankfurt.
4 Apr 2012
## AUTOREN
Timo Reuter
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