# taz.de -- Proteste gegen Fluglärm: Klangproben aus der Konserve | |
> Im Streit um den Ausbau des Frankfurter Flughafens sind die Fronten | |
> verhärtet. Eine „Menschenkette gegen Fluglärm“ protestiert am Sonntag | |
> gegen die Umweltbelastung. | |
Bild: Runter kommen sie immer: Im Herbst wurde die neue Landebahn eröffnet. An… | |
FRANKFURT/M. taz | Petra Roth (CDU), wohnt fernab der Einflugschneise des | |
Flughafens. Deshalb wurde das Haus der scheidenden Oberbürgermeisterin von | |
Frankfurt am Main, unlängst mit Originalfluglärm vom Tonband beschallt, den | |
Aktivisten vorher aufgenommen hatten. Sie waren mit dem Lautsprecherwagen | |
vorgefahren, um die Politikerin sechsmal für jeweils fünf Minuten mit | |
authentischen Klangbeispielen von 85 Dezibel zu beglücken. | |
Mit solchen vereinzelten Guerillaaktionen ist es nicht getan. Am Sonntag | |
werden in Frankfurt mindestens 4.000 Demonstranten erwartet, um mit einer | |
vier Kilometer langen „Menschenkette gegen Fluglärm“ direkt am Mainufer auf | |
das Problem aufmerksam zu machen. Auch Verstärkung aus anderen | |
Bundesländern soll dabei sein. | |
Organisiert wird die Demonstration vom Bündnis der Bürgerinitiativen gegen | |
den Flughafenausbau, unterstützt von 13 weiteren Organisationen, Verbänden | |
und Gewerkschaften. Kirchen sollen pünktlich zu Beginn der Veranstaltung | |
ihre Glocken läuten und ihre Räume als „Oasen der Stille“ zur Verfügung | |
stellen. | |
Die Bewegung fordert die Stilllegung der neu gebauten Landebahn Nordwest, | |
einen Stopp geplanter Flughafenerweiterungen, die Einhaltung der Nachtruhe | |
von 22 bis 6 Uhr, die Deckelung der Flugbewegungen sowie Kontrolle und | |
Verminderung der Luftschadstoffe. | |
## Lärm- und schadstoffgeplagte Anwohner | |
Dabei sind die Fronten seit Jahren die gleichen. Auf der einen Seite stehen | |
die Flughafenbetreiberin Fraport AG und die Lufthansa, auf der anderen | |
lärm- und schadstoffgeplagte Anwohner vor allem der südlichen Stadtgebiete | |
Frankfurts – und der gesamten Rhein-Main-Region. | |
Mela Krauß, Ärztin und eine der Initiatorinnen der Menschenkette, erhofft | |
sich deshalb vor allem „Solidarität auch von anderen Stadtteilen. Im Norden | |
werden die Probleme häufig noch negiert. Wir wollen mit dieser | |
Menschenkette ganz Frankfurt erreichen“, sagte sie. | |
Vom Münchner Bürgerentscheid gegen den Bau einer dritten Startbahn auf dem | |
Flughafen im Erdinger Moos am 17. Juni erhoffen sich auch die | |
Fluglärmgegner in Hessen und Rheinland-Pfalz einen gewissen Auftrieb: „Das | |
hat uns sehr beeindruckt“, sagt Krauß: „Es hat gezeigt, dass Solidarität | |
möglich ist. Dort haben auch Leute dagegen gestimmt, die gar nicht von der | |
neuen Bahn betroffen wären.“ | |
In München soll der Ausbau nach dem Willen des Flughafenchefs dennoch | |
genehmigungsrechtlich vorangetrieben werden. In Frankfurt, wo die Landebahn | |
bereits im Betrieb ist, haben hessische Unternehmerverbände, Fraport, | |
Lufthansa und Condor vor allem ihre eigenen Mitarbeiter unter dem Motto „Ja | |
zu Fra!“ mobilisiert. Fraport-Chef Stefan Schulte bezeichnet den Flughafen | |
als „Jobmaschine für das Rhein-Main-Gebiet“, für seinen Lufthansa-Kollegen | |
Christoph Franz ist er gar das „Kronjuwel“ der Region. | |
## Protestierende wollen Wahlversprechen einfordern | |
Dem widersprechen Studien, nach denen der Flughafen keineswegs als „Motor“ | |
für mehr Beschäftigung wirkt. „Wenn ein Logistikunternehmen wie Schenker an | |
den Flughafen zieht, dann hat es natürlich anderswo seine Zelte | |
abgebrochen“, sagt Ursula Fechter, Mitunterzeichnerin des Aufrufs zur | |
Menschenkette. | |
Als Kandidatin für die jüngste OB-Wahl in Frankfurt hat sie mit ihrer | |
Ablehnung der neuen Landebahn in manchen Wahlkreisen bis zu 50 Prozent der | |
Stimmen gewonnen – und am Ende eine Empfehlung für den neuen | |
SPD-Oberbürgermeister Peter Feldmann ausgesprochen: „Wir wollen ihn mit | |
unserer Aktion auch daran erinnern, was er uns versprochen hat.“ | |
Fechter betont, es gehe nicht darum den Flughafen infrage zu stellen: „Wir | |
sind nicht gegen den Flughafen. Aber das Maß des Erträglichen ist | |
überschritten.“ Sogar das Bundesverfassungsgericht habe sein Verbot von | |
Nachtflügen unter anderem damit begründet, es müsse auch „Grenzen des | |
Wachstums“ geben. Nach dem Hessischen Verwaltungsverfahrensgesetz ist es | |
durchaus möglich, „Verwaltungsakte“ wie den Bau einer neuen Landebahn | |
rückgängig zu machen. | |
23 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Arno Frank | |
## TAGS | |
München | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Urteil zur dritten Startbahn in München: Bayernhymne und Tumulte | |
Seit einem Bürgerentscheid liegt die dritte Startbahn in München auf Eis. | |
Aus rechtlicher Sicht spricht nichts gegen den Bau, so ein Gerichtsurteil. | |
Im Saal gab es Tumulte. | |
Flughafen Berlin-Brandenburg: Schalldichte Fenster vergessen | |
Nach einem Urteil müssen die Flughafenplaner beim Schallschutz nachbessern. | |
Das kann mehr als 500 Millionen Euro kosten. Der Flughafen wird 1,2 | |
Milliarden Euro teurer als geplant. | |
Menschenkette gegen Fluglärm in Frankfurt: Erhöhter Leidensdruck | |
5.000 Menschen protestieren in der Mainmetropole gegen Fluglärm. | |
Grundsätzlich gegen den Airport sind die wenigsten Demonstranten – es geht | |
ihnen um die neue Landebahn. | |
Kommentar Münchner Flughafen: Kleingeistig? Na und! | |
Die Münchner wählten lokal und dachten global: Die überraschende Ablehnung | |
des Großflughafens ist eine Solidaritätserklärung mit dem lärmgeplagten | |
Umland. | |
Volksentscheid Münchner Flughafen: "Koa Dritte" | |
München lehnt die dritte Startbahn des Flughafens ab. Die Initiatoren des | |
Volksentscheids sind glücklich, Betreibergesellschaft und Landesregierung | |
weniger. | |
Streit um Fluglärm in Frankfurt: Und weiter geht's | |
Es wird ein Nachtflugverbot in Frankfurt geben, doch zufrieden ist niemand. | |
Die Anwohner wollen tagsüber mehr Ruhe, die Branche fürchtet | |
wirtschaftliche Schäden. |