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# taz.de -- Weitere Dioxin-Funde in NRW: Das Giftige vom Ei
> Auf zwei weiteren Höfen in NRW wurden Dioxin-kontaminierte Eier gefunden.
> Beide Betriebe wurden gesperrt. Ein Zusammenhang zum Fall in Minden
> besteht bisher nicht.
Bild: Bei amtlichen Routine-Untersuchungen wurden auf zwei Duisburger Höfen Gr…
BERLIN taz | Zwei weitere nordrhein-westfälische Höfe müssen wegen
Dioxinbelastung den Verkauf ihrer Eier einstellen. Das
Landesverbraucher-schutzministerium wies am Mittwochabend die Stadt
Duisburg an, die Höfe in ihrem Stadtgebiet zu sperren.
Bereits am Mittwoch hatte das Ministerium den Verkauf von Eiern eines
großen Biohofes mit 25.000 Hennen in der Region Minden-Lübbecke gestoppt,
weil erhöhte Werte des dioxin-ähnlichen Stoffes PCB (Polychlorierte
Biphenyle) gefunden wurden.
Beide Stoffe sind nur in sehr großen Mengen akut gefährlich, sie stehen
aber im Verdacht, langfristig krebserregend zu sein. Der Mensch nimmt sie
über tierische Fette auf. Zwischen den Fällen in Duisburg und
Minden-Lübbecke besteht laut den Behörden nach bisherigen Erkenntnissen
keine Verbindung. Bei den Duisburger Kleinbetrieben handelt es sich um
einen Biohof mit 120 Hennen und einen Lehrbauernhof der Arbeiter-Wohlfahrt
Duisburg (AWO) mit 150 Tieren.
Während die Eier des konventionellen Kleinbetriebs das Doppelte der
Dioxingrenzwerte aufwiesen, lagen die Eier des Bio-Kleinbetriebs nur knapp
über den Grenzwerten. Weil die Experten des örtlichen Veterinärsamts das
für unverhältnismäßig hielten, stoppte die Stadt Duisburg den Verkauf erst
jetzt - nach Aufforderung durch das Landesministerium - und nicht am 20.
März, als die Ergebnisse vorlagen.
## Hanebüchende Begründung
Zum Ärger des Ministeriums: „Wir müssen die Belastung mit diesen
Giftstoffen so gering wie möglich halten und deshalb jedem Fall sofort
nachgehen“, erläutert Wilhelm Deitermann, Sprecher des Ministeriums. Martin
Rücker, Sprecher der NGO Foodwatch sagt: „Eine Stadt hat keinerlei
Kompetenzen, Grenzwerte selbst auszulegen.“ Die Begründung, Werte um 100
Prozent über dem Grenzwert seien nicht ausreichend, sei hanebüchend.
„Duisburg hätte den Verkauf sofort stoppen müssen, auch wenn noch weitere
Proben zur Ermittlung der Ursachen nötig waren.“ Rücker sieht aber auch im
Fall des Großbetriebs in Minden-Lübbecke noch Klärungsbedarf, denn auch
dort lagen die Eigenproben des Hofes offenbar schon am 15. März vor.
Das Landesministerium hatte am Mittwoch angegeben, diese ersten Proben
hätten nur überhöhte Werte unter dem Grenzwert enthalten, es selbst habe
erst am 2. April durch die örtlichen Behörden von dem Fall erfahren. Man
überprüfe noch, ob die Eigenproben meldepflichtig waren und wegen der
Verzögerung gegen den Hof vorgehe.
„Aber warum sollten die Behörden dann später von den Werten erfahren haben
- hat der Betrieb sie doch schon früher informiert, als zugegeben wurde?“,
fragt Rücker. Das Ministerium will sich aktuell nicht dazu äußern. Jetzt
sei erstmal wichtig, die Ursachen für die erhöhten Dioxin- und PCB-Werte zu
finden.
## Kein Hinweis auf belastete Futtermittelkette
Diese sind in allen drei Fällen weiterhin ungeklärt. „Aber bisher deutet
nichts darauf hin, dass die Belastung aus der Futtermittelkette stammt oder
eine Verbindung zwischen den Fällen besteht“, sagt Deitermann. Sowohl der
große, als auch der kleine Biobetrieb beziehen ihre Futtermittel von
niedersächsischen Lieferanten – allerdings nicht vom selben.
Außerdem waren alle bisher genommenen Futtermittelproben negativ, wie das
niedersächsische Verbraucherschutzministerium mitteilte. Das gelte auch für
Rückstellungen der Altproben aus dem Zeitraum, aus dem die PCB-belasteten
Eier des Großbetriebes stammen.
Auf diese war am Mittwoch noch gewartet worden. Da die Proben von den
Futtermittelherstellern selbst genommen und ausgewertet wurden, wollen die
Behörden noch die amtlichen Ergebnisse abwarten, die vermutlich erst nach
Ostern vorliegen werden.
Aktuell weist alles auf erhöhte Stoffbelastungen auf den Höfen selbst hin.
Die Behörden suchen die Ursachen nun sowohl auf dem Großhof in
Minden-Lübbecke als auch auf beiden Duisburger Höfen in Boden- und
Wasserproben aus den Auslaufbereichen der Hühner.
## In schwanken Dosen überall auffindbar
Bei dem kleinen Bio-Hof sei neben einer Belastung durch unsachgemäßen
Umgang mit den Tieren oder den Futtermitteln auch eine Hintergrundbelastung
mit Dioxin möglich, sagt Deitermann. Das Gift, das unter anderem bei der
Verbrennung organischen Materials entsteht, tritt in der Umwelt in
schwankenden Dosen überall auf.
Besonders in ehemaligen Industrieregionen herrschen erhöhte Umgebungswerte.
Deitermann: „Bei dem konventionellen Hof muss man wegen der höheren Werte
allerdings von einer Problematik auf dem Hof selbst ausgehen.“ Das Gift
könnte im Wasser der Tiere, in der Einstreu ihrer Gehege oder in einer
Altlast im Boden stecken- etwa einer ehemaligen Feuerstelle.
Damit unterscheiden sich die aktuellen Fälle Dioxin-belasteter Eier
entscheidend vom großen Dioxinskandal aus dem Jahr 2010. Damals löste
Dioxin in Futtermitteln der inzwischen insolventen Firma Harles und
Jentzsch Rückrufaktionen in mehreren Ländern hervor, bundesweit wurden über
1000 Höfe gesperrt. Ihre Tiere hatten Fette aufgenommen, die aus einer
Biodiesel-Raffinerie der Firma Petrotec stammten und mit dem Schadstoff
belastet waren.
## Biohof muss mit Vertrauensverlusten rechnen
Den Namen des Duisburger Biohofes wollten die Behörden nicht angeben,
Ministeriumssprecher Deitermann geht aber davon aus, dass der Kleinbetrieb
nach Veröffentlichung seiner Stempelnummer mit großen Vertrauensverlusten
zu kämpfen haben wird. Für den AWO-Hof sind die Verluste hingegen minder
schwerer Natur. „Wir halten die Hühner hier, um den Kindern zu zeigen,
woher die Eier kommen“, sagt der Geschäftsführer Wolfgang Krause.
Mit 70 Eiern in der Woche sei die Produktion ohnehin überschaubar gewesen,
da man nicht wisse, woran die Belastung liege, werde man in Zukunft auf den
Eierverkauf verzichten. „Die Hühner bleiben am Leben, bei uns auf dem Hof
geht auch die Arbeit mit den Kindern normal weiter“, sagt Krause. Allein:
„Beim Osterfeuer am Samstag wird es jetzt eben keine Eier geben.“
5 Apr 2012
## AUTOREN
Karen Grass
## TAGS
Mais
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