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# taz.de -- Gesetzeslücke im Dioxinskandal entdeckt: Straflos Gifte mischen
> Die Firma Harles und Jentzsch aus Uetersen könnte ohne Strafe aus dem
> Skandal um verseuchte Futtermittel herauskommen.
Bild: Erst verschleiern, dann selbst anzeigen: Durchsuchung bei Harles und Jent…
HAMBURG taz | Sie könnten ohne Bestrafung davonkommen. Wegen einer
Gesetzeslücke ist es möglich, dass die Verantwortlichen für den Skandal um
dioxinverseuchtes Tierfutter rechtlich nicht belangt werden können. Die
Firma Harles und Jentzsch aus Uetersen im schleswig-holsteinischen Kreis
Pinneberg würde dann keine strafrechtlichen Konsequenzen zu fürchten haben.
Sie soll nach Angaben der zuständigen Staatsanwaltschaft in Itzehoe im Jahr
2010 "Futtermittel, die die menschliche Gesundheit beeinträchtigen können,
wissentlich in Verkehr gebracht haben".
Die Relevanz der Gesetzeslücke werde zurzeit geprüft, bestätigt Ermittler
Friedrich-Gerhard Wieduwilt: "Wir müssen sehen, inwieweit das Einfluss auf
die Bewertung der Rechtslage hat", sagte er am Donnerstagabend dem
Schleswig-Holstein-Magazin im NDR-Fernsehen. Am gestrigen Freitag war weder
Wieduwilt noch ein anderer Vertreter der Staatsanwaltschaft mehr zu
erreichen.
Nach Paragraf 44, Absatz 6 des Lebens- und Futtermittelgesetzes darf eine
Selbstanzeige "nicht zur strafrechtlichen Verfolgung des Unterrichtenden …
verwendet werden". Der damalige Geschäftsführer von Harles und Jentzsch,
Siegfried Sievers, hatte Ende Dezember 2010 der zuständigen
Lebensmittelkontrollstelle die erhöhten Dioxinwerte gemeldet. Allerdings
soll die Firma diese durch Eigenkontrollen bereits seit März 2010 gekannt
haben. Um die Giftfunde zu verschleiern, soll Harles und Jentzsch die
Futterfette monatelang verdünnt oder beim Kontrolllabor als technische
Fette deklariert haben, für die höhere Grenzwerte gelten.
Die Recherchen sind nach Angaben der Staatsanwaltschaft "komplexer als
zunächst angenommen". Die Ermittlungen würden nicht vor Ende des Jahres
abgeschlossen sein, hieß es vor zwei Monaten. Ob und wann dann Anklage
erhoben würde, sei noch offen.
Anfang Januar war publik geworden, dass Harles und Jentzsch systematisch
Futtermittel gepanscht haben dürfte. Diese waren mit überhöhten
Dioxinwerten unter anderem in Hühnerfarmen verfüttert worden. Bei
Laboranalysen des schleswig-holsteinischen Landwirtschaftsministeriums
waren 112 Proben aus den Firmenstandorten Uetersen und Bösel untersucht
worden. Dabei wurde in 46 Fällen der zulässige Höchstwert von 0,75
Nanogramm Dioxin überschritten, maximal um das Achtzigfache.
Das Unternehmen musste kurz darauf Insolvenz anmelden. seit Ende Januar
arbeitet es unter Leitung eines Insolvenzverwalters. Futterfette aber
dürfen nicht mehr hergestellt werden.
Der Skandal hatte vor allem in Schleswig-Holstein eine Diskussion über
Agrarwirtschaft ausgelöst. Landwirtschaftsministerin Juliane Rumpf (CDU)
lehnte eine Grundsatzdebatte allerdings ab. "Aus diesem Skandal eine
Forderung nach Änderung der Agrarpolitik abzuleiten, halte ich für abwegig,
ja sogar für schädlich", sagte Rumpf. Damit würde die Verunsicherung der
Verbraucher weiter geschürt: "Es geht hier nicht um ,öko' und
,konventionell', um ,groß' oder ,klein', sondern um die Sicherheit unserer
Lebensmittel", sagte Rumpf.
23 Dec 2011
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
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