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# taz.de -- Militärputsch in Mali: Die Militärjunta gibt auf
> Die Putschisten in Bamako haben die Macht wieder abgegeben. Im Gegenzug
> hat Westafrika Sanktionen aufgehoben und überlegt, bei der Rückeroberung
> des Nordens zu helfen.
Bild: Soll eine Übergangsregierung bilden: Dioncounda Traoré (Mitte).
BERLIN taz | Im Bürgerkriegsland Mali ist ein wichtiger Schritt zur Lösung
der politischen Krise getan. Die Militärjunta, die am 22. März in der
Hauptstadt Bamako die Macht ergriffen hatte, einigte sich mit Westafrikas
Regionalorganisation Ecowas (Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft) auf
die Rückgabe der Macht an eine zivile Übergangsregierung.
Juntachef Kapitän Amadou Sanogo verlas die Einigung am Freitagabend im
malischen Staatsfernsehen in Anwesenheit des Ecowas-Vermittlers, des
Außenminister von Burkina Faso, Djibril Bassolé. Im Gegenzug hob die Ecowas
am Sonntag die scharfen Sanktionen gegen Mali auf, darunter die Schließung
der Grenzen und die ökonomische Isolation des Landes, die am 2. April als
Strafe für den Putsch in Kraft getreten waren.
Dioncounda Traoré, bisher Parlamentspräsident in Mali, soll nun in Bamako
eine Übergangsregierung bilden, die innerhalb von 40 Tagen freie Wahlen
organisiert. Dies entspricht der Verfassung, nach der der
Parlamentspräsident die Amtsgeschäfte des Staatschefs übernimmt, wenn
dieser verhindert ist. Der vom Militär gestürzte Staatschef Amadou Toumani
Touré, der sich seit dem Putsch an einem geheimen Ort in Bamako aufhielt,
erklärte umgehend schriftlich seinen Rücktritt zugunsten Traorés. Dieser
war am Samstag aus Burkina Faso, wohin er nach dem Putsch geflohen war,
nach Bamako zurückgekehrt und führt nun Gespräche über die
Regierungsbildung.
## Mali ist zerfallen
Nun sind alle zufrieden und können so tun, als sei nie etwas passiert. Der
neue Übergangspräsident Traoré lobte am Samstagabend sogar die Putschisten,
die er gerade von der Macht verdrängt hatte. „Ich möchte den jungen
Offizieren gratulieren, die immerhin die Weisheit und die Intelligenz
besaßen, zu verstehen, dass unser Land heute Einheit und Solidarität
braucht“, sagte er im Staatsfernsehen. „Unser Land braucht seine Armee, um
sein gesamtes Staatsgebiet zurückzugewinnen.“
Wie das gehen soll, bleibt völlig offen. Mali ist zerfallen. Die Armee
hatte im März geputscht, weil sie keine Lust mehr hatte, in einen
verlustreichen Krieg gegen die Tuaregrebellenbewegung MNLA
(Nationalbewegung zur Befreiung von Azawad) im Norden geschickt zu werden.
Folgerichtig stellte sie nach ihrem Putsch den Kampf ein, die MNLA eroberte
den gesamten Norden Malis und rief dort am 6. April den unabhängigen Staat
Azawad aus.
Dies wird von allen anderen Kräften inner- und außerhalb des Landes
abgelehnt – sogar von den Islamisten, die im Windschatten der MNLA im
Norden Malis eingerückt sind und nun erklären, sie kämpften für den Islam,
nicht für Unabhängigkeit. Aber diese Islamisten gelten inzwischen als noch
größere Gefahr für die Stabilität der Region als die Tuaregrebellen.
Westafrikas Planspiele für eine Militärintervention in Mali, die die
Putschisten zum Einlenken bewegen soll, könnten nun nach deren freiwilligem
Rückzug von der Macht in eine Intervention zur Rückeroberung Nordmalis
umgewandelt werden. Dies wurde am Wochenende bei einem Treffen der
Ecowas-Generalstabschefs in Nigeria sondiert. Im Anschluss an dieses
Treffen erklärte die Ecowas, Mali sei „unteilbar“ und man sei bereit, „a…
Mittel einschließlich der Gewaltanwendung zur Sicherung der territorialen
Integrität Malis“ anzuwenden. Ein Mandat dafür muss jetzt von Westafrikas
Staatschefs gebilligt werden.
9 Apr 2012
## AUTOREN
Dominic Johnson
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