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# taz.de -- Kommentar Breivik-Prozess: Rechtsstaat weiter unter Druck
> Das Gericht steht jetzt vor der Problem: Kommt der norwegische Attentäter
> lebenslänglich in die Psychiatrie oder bekommt er die Höchststrafe, das
> sind maximal 21 Jahre im Gefängnis?
Formal geht es nur um die juristische Straffolge, die den Rechtsterroristen
Anders Behring Breivik erwarten wird: Gefängnis oder Unterbringung in einer
geschlossenen psychiatrischen Anstalt. Ein neues Gutachten, das dem
Angeklagten jetzt Zurechnungsfähigkeit bescheinigt, hat den Richtern nun
auch den Weg eröffnet, eine Haftstrafe zu erlassen.
Der Gutachterstreit, zu dem das Gericht in einigen Wochen Stellung nehmen
muss, hat aber auch politische Dimensionen. Breivik begründete seine Taten
ja explizit politisch.
Das Weltbild, das er in seinem „Manifest“ entwickelte, seine
Konspirationstheorien – all das sind Elemente, wie sie in Europa auch in
vielen rassistischen Bewegungen zu finden sind.
Das – so wie im Erstgutachten geschehen – mit der Diagnose „paranoide
Schizophrenie“ zu belegen, würde als Effekt auch große Teile der
rechtsextremen Szene als „krank“ abtun, was gefährliche Folgen haben
könnte: Mit kranken Vorstellungen muss man sich nicht weiter politisch
auseinandersetzen. Ja, man kann es eigentlich auch gar nicht.
Da hilft nur die Psychiatrie. An den Umgang mit Oppositionellen in der
Sowjetunion fühlten sich nicht nur antiislamische Blogger erinnert.
Ob es reine Unkenntnis der ersten Gutachter war, die sie Breiviks
Vorstellungswelt als so einzigartig begreifen ließ – es gibt fehlerhafte
Behauptungen in ihrem Gutachten, die das nahelegen.
Das Gericht in Oslo muss sich nun nicht nur zwischen zwei konträren
Begutachtungen entscheiden, sondern steht vor einem neuen Problem:
Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung wäre im Prinzip
lebenslänglich möglich.
Höchstdauer für eine Haftstrafe sind aber „nur“ 21 Jahre, weshalb die
Regierung vor dem Breivik-Urteil noch schnell ein Gesetz in Kraft treten
lassen möchte, das eine derzeit nicht vorgesehene anschließende
„Sicherungsverwahrung“ möglich machen soll. Der Terrorist stellt den
norwegischen Rechtsstaat auf die Probe.
10 Apr 2012
## AUTOREN
Reinhard Wolff
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