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# taz.de -- Ökonomen Koo und Krugman: Finanzkrise mal unterhaltsam
> Paul Krugman und Richard Koo gehören zu den einflussreichsten Ökonomen
> der Welt. Zur Finanzkrise gehen ihre Meinungen weit auseinander. Zur
> Freude der Zuschauer.
Bild: So würde es wohl keiner der beiden Starökonomen sagen.
BERLIN taz | Es gibt nicht viele Ökonomen, die süffisant schreiben können.
Doch der US-amerikanische Nobelpreisträger [1][Paul Krugman] gehört zu
diesen seltenen Ausnahmen – genau wie [2][Richard Koo], Chefökonom des
japanischen Wirtschaftsforschungsinstituts Nomura.
Zur Freude des Publikums beschränken sich die beiden nicht darauf, nur
andere Ökonomen zu attackieren – sie haben sich auch gegenseitig als Objekt
des Spotts entdeckt. Damit begonnen hat eindeutig Koo, der sich 2009 in
seinem Standardwerk „The Holy Grail of Macroeconomics“ gleich mehrmals über
Krugman lustig machte. So warf er dem Princeton-Professor vor, die
Deflation in Japan zu kommentieren, ohne überhaupt die Nachrichtenlage zu
kennen: „Aber vielleicht sind Professoren ja in der Lage, ihren
Lebensunterhalt zu verdienen, ohne Zeitungen zu lesen“, schrieb Koo in
seinem Buch, das leider nicht ins Deutsche übersetzt ist.
Es dauerte ein bisschen, bis Krugman Koos Buch öffentlich zur Kenntnis
nahm. Dann aber äußerte er sich im August 2010 – nachdem er es noch einmal
für eine „Sammelrezension“ gelesen hatte, wie er in seinem Blog in der New
York Times betonte. Koo sollte sich also nicht allzu geehrt fühlen, dass er
nun mit Aufmerksamkeit bedacht wurde.
Auch bei Krugman fehlt es nicht an harten Worten: Koo würde sich auf einem
„Kriegspfad“ befinden, sobald es um Geldpolitik ginge. Und überhaupt habe
man den Eindruck, dass er „Argumente erfindet“, wann immer sie ihm nützlich
erschienen.
## Die Frage hinter dem Spaß
Ein neuer Höhepunkt wurde im Juni 2011 erreicht, als Koo mit der These
auftrat, dass allein Krugman daran schuld sei, dass die US-Wirtschaft nicht
stärker wächst. Er habe das Weiße Haus falsch beraten und von einem
Konjunkturpaket abgebracht. „Wow, Koo macht Krugman fertig“, jubelten
US-Kommentatoren. Krugman wiederum konterte in seinem Blog mit einem
Eintrag, der den ironischen Titel trug: „Richard Koo ist unzufrieden mit
mir.“
Gelegentlich zeigt sich Krugman aber auch großzügig. Kürzlich schrieb er,
dass Koo die Eurokrise „völlig richtig“ analysiere. Einen kleinen Hieb
konnte sich Krugman aber nicht verkneifen: „Ich verstehe immer noch nicht,
warum er nicht einsieht, dass eine Inflation hilfreich wäre, um die
Überschuldung abzubauen.“
So amüsant die Debatte ist: Dahinter verbirgt sich die zentrale Frage, wie
sich so schwere Rezessionen wie die Finanzkrise ab 2008 oder die Eurokrise
überwinden lassen. Koo rückt ins Zentrum, dass in vielen Ländern die
Haushalte und Firmen völlig überschuldet sind. Sie werden daher versuchen,
ihre Kredite zurückzuzahlen. Dafür schränken sie ihren Konsum und ihre
Investitionen ein – was der Wirtschaft Nachfrage entzieht und die Rezession
verschärft.
Für Koo ist klar: Diese Abwärtsspirale kann nur noch der Staat aufhalten,
indem er sich verschuldet und Konjunkturprogramme auflegt. Die
Zentralbanken hingegen hält er für machtlos: Wenn Haushalte und Firmen
überschuldet sind, dann nehmen sie keine Kredite mehr auf – selbst wenn der
Zins bei null liegt.
Auch Krugman fordert Konjunkturpakete des Staates, will aber zudem, dass
auch die Zentralbanken aktiv werden. Sie könnten, so hofft er, eine
Inflation erzeugen, indem sie Geld in die Wirtschaft pumpen. Für viele
Bürger ist Inflation ein Schreckenswort, weil dann das Geldvermögen
entwertet wird. Doch gleichzeitig, und darauf setzt Krugman, werden auch
die Schulden entwertet und zahlen sich wie von selbst zurück. Wie diese
Debatte zeigt, entwickelt sich der Keynesianismus weiter – obwohl Koo
betont, dass er „kein Keynesianer“ sei.
12 Apr 2012
## LINKS
[1] http://krugman.blogs.nytimes.com/
[2] http://de.wikipedia.org/wiki/Richard_Koo
## AUTOREN
Ulrike Herrmann
## TAGS
Schwerpunkt Occupy-Bewegung
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