# taz.de -- Streit der Woche: Ein Ding der (Un)möglichkeit | |
> Finanzkrise, Politikkrise, Armut, Kriege, Umweltkatastrophen, Rassismus, | |
> Gewalt: Kann es bei so viel miesen Aussichten ein gutes Leben im | |
> schlechten geben? | |
Bild: Das Gute und das Schlechte sind wie zwei Hände der gleichen Person. | |
Gibt es ein gutes Leben im schlechten? – so lautet die aktuelle Frage zum | |
Streit der Woche in der sonntaz. „No way gibt es das im (schl)echten | |
Leben“, antwortet Heike Schwarz. Die deutsch-südafrikanische taz-Genossin | |
ist „Zeitzeugin des wohl offensichtlichsten Elends, das auf keinem anderen | |
Kontinent der Erde so weit verbreitet ist“ wie in Afrika, schreibt sie. „Im | |
südafrikanischen Guguletu findet auf einem Gebiet von sechs | |
Quadratkilometern an jedem dritten Tag ein Mord statt. Im Hier und Jetzt | |
der Parallelgesellschaften der Slums herrschen Demütigung, Gewalt und | |
Angst, fast restlos“, schreibt sie weiter. | |
Mit der Frage, ob es ein gutes Leben im schlechten gibt, wird das Thema | |
aufgegriffen, das sich die taz zum zwanzigjährigen Geburtstag der | |
taz-Genossenschaft, der am 14. April gefeiert wird, selbst stellt: „Das | |
gute Leben – es gibt Alternativen“ lautet das Thema des diesjährigen | |
[1][tazlabs]. | |
Aber so eindeutig wie bei Heike Schwarz fallen die Antworten der anderen | |
Genossen und Genossinnen nicht aus. Das gute Leben – es ist eine | |
Herausforderung, es zu benennen. Das mag daran liegen, dass es sich aus der | |
Verneinung schlechter Wirklichkeiten speist. Nicht Krieg, nicht Hunger, | |
nicht Gewalt, keine Bereicherung auf Kosten anderer, keine Zerstörung der | |
Umwelt. So konnte es passieren, dass, wer das gute Leben will, in die | |
Defensive geraten ist. | |
Dialektisch denkende Genossen und Genossinnen – denn anlässlich des 20. | |
Genossenschafts-Jubliäums wurden nur sie befragt – verneinen die Frage. | |
„Das gute Leben im Sinne einer eindeutigen Begriffsbestimmung kann es nicht | |
geben – das wäre kein gutes Leben mehr, sondern eine Bevormundung des | |
Einzelnen“, meint etwa Hans Nutzinger, Professor für Unternehmenstheorie. | |
Menschen, die jedoch eher in der Praxis verankert sind, bejahen die Frage. | |
Dazu gehört auch Ursula Sladek, die vor fast drei Jahrzehnten das | |
atomstromfreie Elektrizitätswerk EWS gründete. „Bei aller sozialen | |
Ungerechtigkeit, bei allen ökologischen Problemen, bei allem Schlechten in | |
der Welt kann sich jeder Einzelne hier bei uns für ein gutes Leben | |
entscheiden.“ | |
Und zwar, argumentiert sie, kann man sich als Individuum engagieren, die | |
Ärmel hochkrempeln und Gegenwart so gestalten, dass sie nicht nur für einen | |
selbst, sondern auch für andere, gesünder, gerechter, schöner wird. | |
Dass jeder einzelne sich im Guten engagieren kann in einer Welt, die unter | |
schlechten Vorzeichen steht, das ist auch der Tenor in den meisten anderen | |
Antworten – vom Soziologen Thomas Maurenbrecher, dem Kabarettisten Ecco | |
Meineke, der Neurologin Isabella Heuser und Martin Krempel, einem | |
taz.de-Leser. | |
14 Apr 2012 | |
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## AUTOREN | |
Waltraud Schwab | |
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tazlab 2012: „Das gute Leben“ | |
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