# taz.de -- Bauwagendemo auf der Hafenstraße: Polizei-Autoknacker vor Gericht | |
> Nach acht Jahren befasst sich das Oberverwaltungsgericht mit der | |
> polizeilichen Auflösung der Bauwagendemonstration "Einmal im Leben | |
> pünktlich sein". | |
Bild: Polizeilicher Abschleppdienst: Ein Wohngefährt wird an der Hafenstraße … | |
Fast genau acht Jahre ist es her, dass sich am 24. April 2004 mehrere | |
hundert Bauwagen-BewohnerInnen mit ihren 105 Gefährten auf der Hafenstraße | |
versammelten, um gegen die Bauwagenplatz-Politik des CDU-Senats zu | |
protestieren. Die Polizei löste damals die Versammlung mit 600 Beamten nach | |
zwei Stunden gewaltsam auf und demolierte diverse rollenden Unterkünfte, um | |
sie abzutransportieren. Am Donnerstag verhandelt nun das | |
Oberverwaltungsgericht (OVG) darüber, ob die polizeilichen Maßnahmen | |
rechtswidrig waren. | |
Im November 2002 lässt der Schwarz-Schill-Senat den Bauwagenplatz Bambule | |
im Karoviertel räumen und löst damit wochenlange Proteste aus. 2004 möchte | |
der nunmehr alleinige CDU-Senat unter der Ägide des vom Rechtspopulisten | |
Ronald Schill geholten Innensenator Udo Nagel (parteilos) den Bauwagenplatz | |
Wendebecken im Barmbek-Nord räumen lassen. | |
Am Morgen des 24. April 2004 versammeln sich daher frühmorgens auf einen | |
Schlag bundesweit Anhänger der alternativen Lebensform vor den ehemals | |
besetzten Häusern an der Hafenstraße, um für ihre Wohnform zu werben. | |
Motto: „Einmal im Leben pünktlich sein“. Einsatzleiter Thomas Mülder läs… | |
die Versammlung nach Verhandlungen mit den Rechtsanwälten Andreas Beuth und | |
Manfred Getzmann anfangs auch gewähren, verlangt aber, dass ein | |
Versammlungsleiter benannt wird. Diese Aufgabe übernimmt der damaligen | |
Regenbogen-Bürgerschaftsabgeordnete Norbert Hackbusch und meldet die | |
unangemeldete Demonstration nachträglich an. | |
Doch bevor Hackbusch die Aufgabe als Versammlungsleiter überhaupt richtig | |
aufnehmen kann, gibt Mülder auf Weisung des Gesamteinsatzleiters Kuno | |
Lehmann den Befehl zur Räumung. Die Wohnwagen werden zum Teil mit | |
Brechstangen aufgebrochen oder mit Bolzenschneidern geknackt, | |
kurzgeschlossen und weggefahren. | |
Schon im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht hatte der Kläger und heutige | |
Linkspartei-Bürgerschaftsabgeordnete Hackbusch das Vorgehen der Polizei | |
gerügt, die ihr Vorgehen mit den „erheblichen Verkehrsbehinderungen“ | |
begründet hatte. „Es war eine nicht angemeldete und nicht spontane | |
Demonstration“, sagte damals Polizei-Justiziarin Andrea Horstmann, räumte | |
aber ein, in jenen Zeiten wäre auch eine angemeldete Demo verboten worden. | |
Trotz der Kenntnis der Entscheidung des Oberlandesgerichts schloss sich | |
Verwaltungsrichterin Daniela Grellinger-Schmid der Auffassung an, dass die | |
Verkehrsbehinderungen eine „Gefahr für die öffentliche Sicherheit“ gewesen | |
seien und ließ keine Berufung vor dem OVG zu. Doch Hackbuschs Anwältin | |
Cornelia Ganten-Lange setzte ein Berufungsverfahren durch. | |
Denn das OVG hat „ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit des Urteils“ und | |
hält dies Verfahren „von grundsätzlicher Bedeutung“, so der Beschluss. �… | |
Verletzung der Anmeldepflicht führt laut Bundesverfassungsgericht nicht | |
automatisch dazu, dass eine Demonstration den Schutz des Grundgesetzes | |
verliert“, erläutert Ganten-Lange. Wenn der Auflösung rechtswidrig war, | |
könnten die Wagen-Besitzer Regress geltend machen. | |
16 Apr 2012 | |
## AUTOREN | |
Kai von Appen | |
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