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# taz.de -- Einwanderungsgesetz in den USA: Richter sieht keinen Rassismus
> Das Einwanderungsgesetz von Arizona ist das härteste der USA. Jetzt wird
> es überprüft. Kommt es durch, werden andere Bundesstaaten nachziehen.
Bild: Vor allem Latinos in den USA fühlen sich vor den Kopf gestoßen.
WASHINGTON taz | Zwei Jahre, nachdem sie in Arizona das bis damals
schärfste Einwanderungsgesetz der USA unterschrieben hat, kommt
Gouverneurin Jan Brewer am Mittwoch in Washington mit strahlendem Lächeln
aus dem Obersten Gerichtshof heraus. „Es sieht gut aus“, sagt sie zu
Reportern: „sehr gut“.
Das Gesetz soll es Polizisten in Arizona ermöglichen, Menschen ohne
konkreten Verdacht auf ihre Aufenthaltspapiere zu überprüfen. Außerdem
sollen Verstöße gegen Einwanderungsvorschriften zu einer Straftat werden.
Der Oberste Gerichtshof der USA überprüft nun, ob Bundesstaaten in
Einwanderungsfragen selbst Gesetze erlassen dürfen.
Am Abend ziehen ein paar Hundert Demonstranten, darunter viele Latinos, mit
Transparenten gegen das Gesetz „SB 10170“ durch die Innenstadt des 3.700
Kilometer südwestlich gelegenen Phoenix in Arizona. „Nein zur Fahndung nach
rassistischen Kriterien“, skandieren sie.
Mitten im Präsidentschaftswahlkampf der USA liegt damit die Entscheidung
über ein zweites heikles Thema in den Händen der obersten Richter. Sowohl
das richterliche Verdikt zur Gesundheitsreform, als auch das zum
Einwanderungsgesetz aus Arizona werden im Frühsommer erwartet. Beide
Entscheidungen bergen politische Sprengkraft.
## Zuwanderung aus Mexiko sinkt
Doch während die Anhörung durch das Oberste Gericht am Mittwoch das
Einwanderungsthema aufwertet, wird es paradoxerweise in derselben Woche
durch eine wissenschaftliche Studie relativiert. Am Montag hat das
angesehene Forschungsinstitut des „Pew Hispanic Center“ fest gestellt, dass
sich die Wanderungsströme zwischen Mexiko und den USA in den Krisenjahren
umgekehrt haben: Erstmals kommen nun weniger Menschen aus Mexiko in die
USA, als umgekehrt. Und im Inneren der USA soll die Zahl der vermuteten
Papierlosen von mehr als 12 Millionen auf unter 11 Millionen gesunken sein.
Zur Erklärung dieser radikalen Veränderung nennen die Wissenschaftler
Entwicklungen auf beiden Seiten der Grenze: die gesunkene Geburtenrate im
Süden, die gefährlicher gewordene Grenze, sowie die hohe Arbeitslosigkeit
und die immer zahlreicheren Abschiebungen aus dem Norden. Seit dem
Amtsantritt von Präsident Barack Obama sind jedes Jahr rund 400.000
Menschen aus den USA abgeschoben worden.
Doch für Gouverneurin Brewer, die zum rechten Flügel der republikanischen
Partei gehört, stand bei dem Gesetz die innere Sicherheit. Ihr Gesetz werde
die „Sicherheit der Menschen in Arizona“ verbessern und es sei nötig, weil
die Bundesregierung in Washington die versprochene Einwanderungspolitik
nicht erledige, sagt sie.
Die andere Seite - darunter die US-Regierung - hält dagegen, das Gesetz sei
vor allem eine Schikane und Diskriminierung gegen Latinos und stelle zudem
eine Verletzung der Hoheitsrechte der Bundesregierung dar, die allein zum
Schutz der internationalen Grenzen und zur Festlegung der
Einwanderungspolitik berechtigt sei. Der Bundesstaat Arizona, so die
Kritiker, hat seine Zuständigkeit überschritten.
## Affront gegen die Latinos
Das Gesetz „SB 1070“ gibt Polizisten in Arizona weitgehende neue
Vollmachten gegenüber Immigranten. So kann ein Polizist, der einen
„hinreichenden Verdacht“ hat, beliebige Personen so lange festhalten, bis
ihre Aufenthaltsgenehmigung fest gestellt ist. Das Gesetz zwingt
Immigranten in Arizona dazu, permanent Dokumente bei sich zu führen. Und es
macht nicht nur Arbeiten ohne Papiere, sondern schon die Suche nach einer
Arbeit strafbar, wenn die Suchenden keine Papiere haben.
Seit Gouverneurin Brewer ihr Gesetz im April 2010 unterschrieben hat, ist
die große Latino-Community in dem an Mexiko angerenzenden Arizona in Unruhe
geraten. Doch zugleich sind zahlreiche andere republikanisch regierte
Bundesstaaten dem Vorbild von Arizona gefolgt. Sechs haben bereits,
teilweise noch schärfere, Gesetze verabschiedet. Weitere haben Entwürfe
geschrieben. Je nach Ausgang des Entscheides im Obersten Gericht in
Washington werden sie sie in den nächsten Wochen aus der Schublade holen.
Die Gerichte der verschiedenen Instanzen sind bislang den Einwürfen der
Kritiker gegen das Gesetz „SB 1070“ gefolgt. Doch bei dem Obersten Gericht
als letzter Instanz stellt sich die Lage offenbar anders dar. Dort war am
Mittwoch wenig Verständnis für die Kritiker zu spüren. „Was ist das
Problem, wenn ein Polizist in Arizona einen Telefonanruf macht?“, fragte
der Richter Stephen Breyer.
Meinungsumfragen zeigen, dass die Mehrheit der US-Bevölkerung Verständnis
für das Gesetz aus Arizona hat. Doch eine Gruppe von US-Bürgern fühlt sich
von Initiativen wie „SB 1070“ vor den Kopf gestossen: die Latinos. Sie
stellen landesweit 16 Prozent der US-Bevölkerung – mit steigender Tendezn –
und sie sind die von beiden Parteien am heftigsten umworbene Wählergruppe.
In einigen Bundesstaaten werden die Latinos bei den Wahlen im November das
Zünglein an der Waage sein.
26 Apr 2012
## AUTOREN
Dorothea Hahn
## TAGS
Schwerpunkt USA unter Donald Trump
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