Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Gefängnis-Architekt: Wie schön darf ein Knast sein?
> Der Österreicher Josef Hohensinn plant Gefängnisse. Er will mit seiner
> Architektur nicht einsperren, sondern befreien. Zu luxuriös? Findet er
> nicht.
Bild: Gewöhnliche Justizvollzugsanstalt: Josef Hohensinn will schöner bauen.
Der österreichische Architekt Josef Hohensinn will mit seinen
lichtdurchfluteten, farbigen Gefängnisbauten das Eingesperrtsein humaner
gestalten. „Menschen dürfen nicht wie Tiere gehalten werden. Sonst kommt es
zu gewalttätigen Eruptionen“, sagt Hohensinn im sonntaz-Gespräch.
2004 ist im österreichischen Leoben eines der schönsten Gefängnisse Europas
errichtet worden. Hohensinn hatte es entworfen. In der Leobener
Justizvollzugsanstalt gibt es bunte Sofas, großzügige Sportanlagen,
Kuschelräume für Pärchen, lichtdurchflutete Einzelzellen,
Gemeinschaftsräume und sogar Loggien, Balkone. Ende 2012 wird in Berlin ein
ähnliches Gefängnis fertiggestellt sein.
Die Boulevardpresse hat das Leobener Gefängnis als "Designer-Knast" und
"5-Sterne-Gefängnis" bezeichnet. Josef Hohensinn ist davon überzeugt, dass
seine Gefängnisse nicht zu luxuriös sind. Im sonntaz-Gespräch sagt er:
"Unser Anliegen ist, die Insassen mit Anstand und Würde zu behandeln."
## Architektur zur Resozialisierung
Hohensinn versteht seine Architektur als Resozialisierungsmaßnahme. Er
möchte mit seinen Mitteln den Gefangenen "ein menschenwürdiges Leben
ermöglichen." Durch einen freundlichen Lebensraum glaubt er, die
Aggressionen der Insassen abbauen zu können.
Hohensinn, geboren 1956, ist ein ruhiger, ausgeglichener und bedächtiger
Mensch. Im Mittelpunkt seiner Arbeit steht, unabhängig davon, ob er gerade
ein Wohnhaus, ein Justizgebäude oder ein Gefängnis entwirft, der Mensch als
humanistisches Wesen. Über die Insassen in einem Gefängnis sagt er: „Diese
Menschen sind ja in unserer Obhut. Wir müssen doch, egal was sie getan
haben, anständig mit ihnen umgehen.“
Hohensinn glaubt nicht an die alte Kultur des Einsperrens und der
Abschreckung. Das panoptische System von Jeremy Bentham mit einem Turm in
der Mitte, von dem aus jeder Insasse jederzeit beobachtet werden kann, hält
er für überholt. Seine Philosophie eines modernen Gefängnisses liegt in der
Betreuung, in der Sozialisierung der Gefangenen.
## Der wichtige Zaun
So wird es im Berliner Gefängnis Wohngruppen mit 15 Personen geben. Die
Gefangenen können sich in diesen Wohngruppen relativ frei bewegen und auf
den Loggias frische Luft schnappen. In den privaten Zellen wird es keine
elektronische Überwachung geben. Hohensinn sagt: „Wir wollen keine totale
Entmündigung der Häftlinge. Wir versuchen den Gefangenen ein normales Leben
zu ermöglichen.“
Anstatt mit einer meterhohen Mauer, wird die Berliner Justizvollzugsanstalt
im brandenburgischen Großbeeren durch eine Doppelzaunanlage mit
Videoüberwachung und Bewegungsmeldern gesichert sein. Für Hohensinn war es
sehr wichtig, diesen Zaun zu haben, „um die Landschaft in den Freibereich
der Anstalt miteinfließen zu lassen“.
Wie Josef Hohensinn selbst wohnt und warum er manchen Freigänger für
überwachter als Gefängnis-Insassen hält, lesen Sie in der [1][sonntaz vom
28/29. April] 2012. Am Kiosk, [2][eKiosk] oder gleich im [3][Wochenendabo].
Und für Fans und Freunde: [4][facebook.com/sonntaz]
29 Apr 2012
## LINKS
[1] /sonntaz
[2] /zeitung/e-paper/e-kiosk/
[3] /zeitung/abo/wochenendabo
[4] http://www.facebook.com/sonntaz
## AUTOREN
Alem Grabovac
Alem Grabovac
## TAGS
Niedersachsen
## ARTIKEL ZUM THEMA
Zellenfenster werden kleiner: Gesiebte Luft wird noch dünner
Vor Fenster in Gefängnissen in Niedersachsen kommen künftig Lochbleche.
Gefangene klagen über zu wenig Frischluft und eine Aufheizung der Zellen.
Kinder von Strafgefangenen: Schwierige Familientreffen im Knast
Etwa 100.000 Kindern in Deutschland fehlt im Alltag ein Elternteil, weil er
im Gefängnis sitzt. Bisher gibt es kaum Betreuungsangebote.
Architektur-Biennale in Venedig: Ein Teil der Gesellschaft
Der britische Stararchitekt David Chipperfield will bei der Bienale
erschüttern und provozieren. Nach seinem Willen kommt es in Venedig zu
einem „Common Ground“.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.