# taz.de -- Kommentar Einwanderung : Die „Blue Card“ ist die Hoffnung | |
> Die Bundesregierung möchte ausländischen Akademikern und Fachkräften die | |
> Arbeit ermöglichen. Der Bedarf an Fachkräften ist dadurch noch nicht | |
> gedeckt. | |
Mit der „Blue Card“ öffnet Deutschland seine Tür ein kleines bisschen | |
weiter als bisher für Fachkräfte und Akademiker aus aller Welt. Die | |
schwarz-gelbe Bundesregierung setzt damit europäische Beschlüsse in | |
deutsches Recht um. | |
Dass dies so spät und dann noch verdruckst geschieht, zeigt, wie schwer es | |
Berlin fällt, sich offen zu mehr Zuwanderung zu bekennen. | |
Deutschland braucht aber mehr Einwanderer. Das fordert nicht nur die | |
Wirtschaft – das wissen auch alle Politiker, die sich die demografische | |
Entwicklung vor Augen führen. Deutschland wird künftig auch nicht nur auf | |
Ingenieure, Ärzte und Softwarespezialisten angewiesen sein, sondern wohl | |
auch auf Beschäftigte für einfachere Jobs. Niemand weiß, ob sich dieser | |
Bedarf in Zukunft allein durch Zuwanderer aus anderen EU-Staaten decken | |
lässt. | |
Im politischen Alltag aber schlagen meist die xenophoben Reflexe durch – | |
das zeigen die Debatten um eine Wiedereinführung von Grenzkontrollen | |
innerhalb der EU oder um die Frage, ob der Islam nun zu Deutschland gehört | |
oder nicht. Trotzdem verspricht die Bundesregierung, sich für eine neue | |
„Willkommenskultur“ einzusetzen, um Deutschland für Einwanderer attraktiv | |
zu machen. | |
Jeder Public-Relations-Profi weiß aber, dass Reklame nicht mit Versprechen | |
operieren sollte, die das Produkt nicht zu halten vermag: Man kann nicht | |
gut einen Opel verkaufen, indem man ihn zu einem Ferrari erklärt. Genauso | |
wenig kann man Deutschland zum Einwandererparadies stilisieren, wenn dies | |
nicht den Realitäten entspricht. Gerade die klügsten Köpfe unter den | |
Zuwanderern – die man ja haben will – werden das schnell merken. | |
Ob man in diesem Land von einer „Willkommenskultur“ sprechen kann, bemisst | |
sich daran, wie es mit jenen Einwanderern umgeht, die bereits hier leben. | |
Wenn Millionen von ihnen keine vollen Bürgerrechte und gleichen Chancen | |
genießen, obwohl sie schon sehr lange hier zu Hause sind, spricht das nicht | |
für Offenheit. | |
Und wer sich so schwertut wie diese Regierung, Einbürgerung und | |
gesellschaftliche Teilhabe zu erleichtern oder konsequent gegen jede Form | |
der Diskriminierung vorzugehen, der erweckt nicht den Eindruck, dass er es | |
mit der „Willkommenskultur“ ernst meint. Das wiegt mindestens so schwer wie | |
die anderen Hürden – die deutsche Sprache, auf deren perfekte Beherrschung | |
man hierzulande so viel Wert legt, und der Mangel an Internationalität –, | |
die potenzielle Einwanderer abschrecken können. | |
27 Apr 2012 | |
## AUTOREN | |
Daniel Bax | |
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