# taz.de -- Occupy wieder in Aktion: Golden Gate Bridge soll besetzt werden | |
> Weil „in diesem Land alles so fucked ist“: Der 1. Mai lockt Aktivisten | |
> auf die Straße. Die Bewegung ist vielfältiger geworden. Jetzt sind wieder | |
> „direkte Aktionen“ angesagt. | |
Bild: An der Wall Street macht sich wieder frühlingshafte Proteststimmung brei… | |
WASHINGTON taz | Der 1. Mai ist in den USA ein ganz gewöhnlicher | |
Arbeitstag. Doch in diesem Jahr will die Occupy-Bewegung die verdrängte | |
Tradition der Arbeiterbewegung mit neuen Aktionen wiederbeleben: In San | |
Francisco plant sie die Besetzung der Golden Gate Bridge, in New York sind | |
Demonstrationen vor Banken angekündigt, und in Oakland ist wieder einmal | |
von einem Generalstreik die Rede. | |
An verschiedenen Orten wollen sich Latino-Gruppen mit dem Slogan | |
anschließen: „Legalize. Unionize. Organize“. In der Hauptstadt Washington | |
hingegen, wo eines der Camps aus dem Herbst immer noch als Treffpunkt für | |
Vollversammlungen dient, will die Occupy-Bewegung jene Aktionen fortsetzen, | |
die sie ohnehin macht: kleine Demonstrationen in Vorgärten, um gegen | |
Zwangsräumungen zu protestieren, wenn der Sheriff anrückt, Sit-ins vor | |
Ministerien, die ihre Arbeit nicht erledigen, und nächtliche „sleepful | |
protests“ vor den Eingängen großer Konzernen. | |
„Der Winter war hart“, beschreibt Karina Stenquist die zurückliegenden | |
Monate, „viele Leute waren erschöpft, am Rande eines Burnouts“. Die | |
31-jährige Journalistin hat sich in der Bewegung auf die Arbeit an der | |
Zeitung der BesetzerInnen in Washington DC konzentriert. Ihr Titel: „Mic | |
Check“ – wie der Ruf, mit dem Occupyer ihre Reden beginnen. „Mic Check“ | |
bedeutet, dass eine Person spricht und die Zuhörenden jedes einzelne Wort | |
wiederholen, bis es am Ende der Versammlung angekommen ist. Die Themen in | |
der April-Ausgabe von „Mic Check“ spiegeln die Vielfalt der Occupy-Bewegung | |
wider. Die Themen reichen von den hohen Studiengebühren, wegen derer | |
Studenten sich auf Jahrzehnte verschulden, bis hin zu Polizeischikanen | |
gegen afroamerikanische Jugendliche. | |
„Nach der Räumung waren wir erst mal in alle vier Winde zerstreut“, sagt | |
der 23-jährige Sam Juwled. Er ist im Oktober zu der Bewegung gestoßen, | |
„weil in diesem Land alles so fucked ist“. Er schlägt sich mit zwei | |
Teilzeitjobs über die Runden. Und seine gegenwärtige Occupy-Aktivität | |
besteht darin, dass er manchmal vor der Bank of America auf der Straße | |
übernachtet, aus Protest gegen die vielen Zwangsräumungen, die die Bank zu | |
verantworten hat. Sein Freund Brian Eister hat kürzlich die kanadische | |
Botschaft in Washington „lahmgelegt“ – wegen der Teersandölförderung. Er | |
will weitere „direkte Aktionen“ machen. Brian Eister: „Mit ein paar Dutze… | |
Leuten kann man jede Menge erreichen“. | |
## Es ist stiller geworden | |
Solange es große Occupy-Camps quer durch die USA gab, die am 17. September | |
auf dem Zuccotti Park in Manhattan begannen, war die Energie der | |
BesetzerInnen darauf konzentriert, diese Positionen zu halten. „Wir sind zu | |
lange geblieben“, sagt Kevin Zeese, der im vergangenen Winter zu den | |
Besetzern des Freedom Plaza in Washington gehörte, rückblickend: „Es gibt | |
so viele andere Dinge, die wir tun müssen. Darauf können wir uns jetzt | |
stürzen.“ Die Bewegung, die im Herbst mit unerwarteter Wucht gestartet ist, | |
hat es geschafft, das Thema soziale Ungerechtigkeit in die Schlagzeilen und | |
auf die politische Tagesordnung zu bringen. | |
Doch inzwischen ist es stiller um die Occupy-Bewegung geworden. Ihre | |
kleinen Kommandoaktionen dringen nur noch selten in die großen Medien | |
durch. Manche Occupyer der ersten Stunde sorgen sich dagegen vor | |
Vereinnahmung und befürchten, vor den Wahlkarren der Demokratischen Partei | |
gespannt zu werden. | |
Andere hingegen sehen sich durch Nachahmung vor allem bestätigt. „Es zeigt, | |
dass wir das richtige Thema haben“, sagt Ben Zucker. Der 23-Jährige war von | |
Anfang an dabei und fühlt sich der Occupy-Bewegung weiterhin verbunden. | |
„Für uns ist das Wetter wichtiger als die Präsidentschaftswahl“, sagt er. | |
Aber am 1. Mai hat er keine Zeit für Proteste. Nach langer Suche hat er | |
einen Job gefunden. | |
30 Apr 2012 | |
## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Occupy-Bewegung | |
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