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# taz.de -- Vor der Fussball-EM in der Ukraine: Schlechtes Englisch und andere …
> In der Ukraine bereiten sich die Menschen auf die „Euro“ vor. Einige
> hoffen auf gute Geschäfte, anderen wird verordnet, „freiwillig" zu
> helfen. Sonst drohen Repressionen.
Bild: Wenn von oben Sicherheit verordnet wird, kann auch Freiwilligkeit zur Mit…
KIEW taz | „Ein Boykott der Fußballeuropameisterschaft? Das bringt doch
nichts“, sagt Andrej. Der 25-Jährige wartet wie dutzende andere Händler an
diesem Morgen vor seinem Stand auf dem Andrejewski Spusk, einem beliebten
Ausflugsort im Zentrum der ukrainischen Hauptstadt Kiew, auf die ersten
Kunden. Im Angebot sind die üblichen hölzernen Souvenirs. Auch die
unvermeidliche Matrjoschka (die Puppe in der Puppe) – wahlweise
traditionell oder mit den Konterfeis von Politikern – fehlt nicht.
So richtig verdienen will Andrej jedoch an den von der Uefa signierten
Accessoires für die „Evro“ (Euro), wie das bevorstehende
Fußballgroßereignis in der Ukraine heißt: Schals, T-Shirts in allen
möglichen Farben und Größen, Schlüsselanhänger, Aschen- und Kaffeebecher.
„Die Sachen laufen gut, die Leute kaufen alles“, sagt er. Ein T-Shirt
kostet umgerechnet 10 Euro, ein Aschenbecher die Hälfte. Rabatt könne er
auf die Waren nicht geben, so sei die Vorschrift. Bei der Matrjoschka von
Staatschef Wiktor Janukowitsch könne man über den Preis von 20 Euro jedoch
verhandeln.
## Üble Nebenerscheinungen
Obwohl er sich gute Einnahmen erhofft, ärgert sich Andrej über die
Nebenerscheinungen. Er wohnt in einem Studentenheim, wo ein Schlafplatz im
Dreibettzimmer normalerweise 100 Euro monatlich kostet. Während der Evro
müssen Besucher dafür 25 Euro pro Tag zahlen. „Die Leute wollen eben
einfach nur Geld verdienen. Da unterscheidet sich die Ukraine nicht von
anderen Ländern“, sagt Andrej.
Die Sprachstudentin Viktoria hat noch Glück: Anders als ihre Kommilitonen
wird sie ihren Platz im Wohnheim zum 1. Juni nicht zwangsräumen müssen. Der
Grund: Die 22-Jährige wird sich während der Evro dreieinhalb Wochen lang
als eine von 2.000 freiwilligen Hilfskräften um ausländische Besucher
kümmern. Allein in Kiew werden rund eine Million Gäste erwartet.
So ganz freiwillig sei der Einsatz jedoch nicht. Eine Mitstudentin, die
sich geweigert hatte, an einem Probeeinsatz teilzunehmen, sei am nächsten
Tag besonders hart geprüft worden und durchgefallen. Als Viktoria diesen
Vorfall twitterte, sei sie beschimpft worden, sie würde das Image der
Ukraine in den Dreck ziehen. „Ich war wirklich schockiert“, sagt sie.
## Willkür und Bestechung
Marina Tsapok treiben ganz andere Sorgen um. Sie ist Programmkoordinatorin
bei der Menschenrechtsorganisation UMDPL, die Verstöße von Milizionären
dokumentiert und Bürger in Seminaren über ihre Rechte gegenüber den
sogenannten Ordnungshütern aufklärt. Eine besonders beliebte Methode seien,
so Tsapok, willkürliche Leibesvisitationen auf der Straße und das
Konfiszieren von Gegenständen wie Handys. Meist versuche sich der
Betroffene dann lieber gleich freizukaufen.
Wie sich die Milizionäre gegenüber den Fanhorden verhalten werden – vor
allem wenn auch noch Alkohol im Spiel ist –, wagt Marina Tsapok nicht
vorherzusagen. In Kiew wird es mit 51.000 Quadratmetern die flächenmäßig
bislang größte Fanmeile in Europa geben. Sie soll bis zu 70.000 Personen
fassen. Bei Auseinandersetzungen könnten die Milizionäre so richtig
hinlangen. „Das größte Problem ist, dass fast keiner von ihnen Englisch
spricht. Wir haben das selbst ausprobiert“, sagt Marina Tsapok.
Jetzt sollen die Milizionäre mit elektronischen Miniübersetzungsgeräten
ausgestattet werden. Doch ob hingestammelte Sätze wie „my name is Vasil“
wirklich Probleme lösen helfen, ist zweifelhaft.
30 Apr 2012
## AUTOREN
Barbara Oertel
Barbara Oertel
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