# taz.de -- V-Mann ermöglichte Schießtraining der NSU: „Vorboten des Nazite… | |
> Der bekannte Thüringer NPD-V-Mann Tino Brandt war Pächter eines | |
> Berggrundstücks, auf dem Neonazis mit scharfen Waffen schossen – darunter | |
> Uwe Böhnhardt. | |
Bild: Die Leuchtenburg bei Kahla – an ihrem Fuß trainierten Nazis. | |
HAMBURG taz | Er war nicht bloß dabei. Der V-Mann und Neonazi Tino Brandt | |
ermöglichte Kameraden in Thüringen, mit scharfen Waffen zu schießen. Auf | |
einem Berggrundstück bei Kahla konnten sie Mitte der 1990er Jahre üben. | |
Einer von ihnen: Uwe Böhnhardt. Anwohner wollen das verstorbene Mitglied | |
des „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) auf Bildern erkannt haben. | |
Vom Frühsommer 1996 bis ins Jahr 2000 nutzten Neonazis das rund 2.180 | |
Quadratmeter große [1][Gelände unterhalb der Leuchtenburg] regelmäßig. Bis | |
heute steht auf dem Berggrundstück eine grüne Holzhütte – leicht verfallen. | |
Einschusslöcher sind erkennbar. | |
Aus Saalfeld und Jena kamen die Neonazis die zu dem | |
Neonazikameradschaftsnetzwerk „Thüringer Heimatschutz“ um Brandt gehörten. | |
Bei der „Kameradschaft Jena“ waren das NSU-Trio Uwe Mundlos, Beate Zschäpe | |
und Uwe Böhnhardt organisiert. In Tarnanzügen, so ein Aktenvermerk der | |
Polizeiinspektion Jena-Mitte, wären die meist jugendlichen Neonazis | |
gekleidet gewesen. Auch Kampfhunde hatten Kameraden mit, erzählen Anwohner. | |
Vor sechzehn Jahren, am 28. Juli 1996, waren einzelne Anwohner an dem | |
abgelegenen Grundstück mit den Neonazis aneinander geraten. Mit einer | |
Mistgabel wurde Brandt im Streit um den Geländeverlauf und Zufahrtsweg | |
geschlagen, dokumentierte die Polizei. Von acht Neonazis stellten sie die | |
Personalien fest, darunter André Kapke, damals ein enger Freund des Trios. | |
## Das Geld blieb in der Szene | |
Die Beamten ermittelten, dass Brandt, der für seine V-Mann-Tätigkeit | |
200.000 Mark erhielt, das Gelände gepachtet hatte. Das Geld blieb in der | |
Szene: Laut einem weiteren Aktenvermerk der Polizei gehörte das | |
„Flurgrundstück 404“ Peter Dehoust aus Coburg. Der frühere NPD-Funktionär | |
und heutige Publizist soll auf Bitte von Brandt, zur der Zeit bereits | |
Informant des Thüringer Verfassungsschutzes, das Grundstück für 1.500 Mark | |
erworben haben. | |
Schussgeräusche seien immer wieder von dort zu hören gewesen, sagt heute | |
ein Mann dem MDR. Mitte Oktober 1997 beobachtete ein Anwohner, wie die | |
Gruppe mit einer Langwaffe übte. Im selben Monat schaute sich die „EG Tex“ | |
des Landeskriminalamtes das Grundstück an und entdeckten Einschüsse, | |
Schießscheiben und Essensreste. 56 Lichtbilder von Neonazis wurden Anwohner | |
gezeigt. 6 werden erkannt, neben Brand und Kapke auch Böhnhardt. „Mit | |
großer Sicherheit“, wie ein Anwohner gegenüber dem MDR versichert. | |
„Das waren die Vorboten des Naziterrors“, sagt Martina Renner von der | |
Linkspartei, die stellvertretende Vorsitzende des Untersuchungsausschusses | |
im Landtag. „Es stellt sich die Frage, inwieweit es beim Verfassungsschutz | |
bekannt war, geduldet oder sogar gefördert wurde, dass Tino Brandt nicht | |
nur aktiv an Schießübungen in Uniform und mit scharfen Waffen beteiligt | |
war, sondern dass er auch ein Grundstück für diese Zwecke pachtete“. | |
Aber auch die Polizei, so Renner, müsste sich die Nachfrage gefallen | |
lassen: Warum ermittelten die Beamten nicht intensiv, warum wurde das | |
Innenministerium nicht gewarnt? Mit zwei Kleinen Anfragen zu Brandt und zu | |
Schießübungen hatte die Linke im Landtag gerade versucht, Hintergründe zur | |
damaligen Militanz der rechten Szene zu erhellen. In den Antworten des | |
Innenministeriums wird nur eine Ort für Schiessübungen bestätigt: der | |
ehemalige Truppenübungsplatz Milbitz. Das Berggrundstück wird nicht | |
erwähnt. | |
30 Apr 2012 | |
## LINKS | |
[1] http://maps.google.de/maps?q=Leuchtenburg,+Seitenroda&hl=de&sll=50.… | |
## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
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