# taz.de -- Eltern eines NSU-Mitglieds im TV-Interview: „Das kann man nicht v… | |
> Die Eltern von Uwe Böhnhardt sprechen im „Panorama“-Interview in der ARD | |
> über die Taten ihres Sohns. Hätten sie die Morde des Nazitrios verhindern | |
> können? | |
Bild: Die Böhnhardts erzählen, wie sie ihren Sohn verloren haben. | |
Es ist das erste Mal, dass die Eltern eines Terroristen des | |
„Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) vor die Kameras gehen: Uwe | |
Böhnhardts Mutter und Vater schildern in einer halbstündigen Sondersendung | |
des ARD-Magazins „Panorama“, wie ihnen ihr Sohn im Laufe der 90er Jahre | |
entglitten ist und zum fanatischen Neonazi wurde. | |
Die Eltern erzählen, wie ihr Sohn in der Schule scheiterte, mehrmals sitzen | |
blieb, klaute und schon mit 15 Jahren im Gefängnis landete. Wie er eine | |
Zeit lang ins Heim kam. Und wie er sich irgendwann der rechten Szene in | |
Jena anschloss, Ausländer-raus-Parolen drosch und gegen die Juden hetzte. | |
„Ich habe ihn gefragt: Kennst du überhaupt Juden? Was soll denn das?“ Aus | |
jedem Satz der Mutter Brigitte Böhnhardt hört man heraus, dass sie bis | |
heute nicht verstehen kann, dass sie, die einst als Lehrerin arbeitete, der | |
Radikalisierung ihres Sohns nichts entgegenzusetzen hatte. Und wie | |
fassungslos sie ist, dass ihr Sohn nicht nur zum Neonazi wurde, sondern zum | |
Mörder. Seit Bekanntwerden der Mordserie denke sie jeden Tag an die Opfer, | |
sagt Brigitte Böhnhardt. Es tue ihr „unendlich Leid“, aber um Verzeihung | |
könne sie die Angehörigen ja nicht bitten. „Das kann man nicht verzeihen.“ | |
Neue Fragen werfen allerdings die Schilderungen der Böhnhardts auf, dass | |
sie auch nach dem Untertauchen des Neonazitrios über Jahre hinweg noch | |
Kontakt zu ihrem Sohn hielten. Von Telefonzellen aus sprachen sie mit ihm | |
und trafen sich mit ihm in Parks. Vor einem dieser Treffen habe die | |
mutmaßliche Terroristin Beate Zschäpe darum gebeten, Plätzchenrezepte | |
mitzubringen, was die Mutter von Uwe Böhnhardt denn auch tat. Hätten die | |
Fahnder nicht über die Eltern an die Untergetauchten kommen können? | |
Und hätten die Eltern ihrerseits nicht ihren Sohn verpfeifen können, ja | |
vielleicht sogar müssen? Schließlich hatten er und die beiden anderen | |
Neonazis vor ihrem Untertauchen Rohrbomben gebaut. Bis 2002 hielt der | |
Kontakt zu den dreien im Untergrund, dann hätten die sich beim letzten | |
Treffen mit einer Umarmung verabschiedet. Von den Morden, so schwört | |
Brigitte Böhnhardt, habe sie nichts geahnt. „Ich kann das nicht fassen, | |
dass sie uns umarmen können und haben schon vier Menschen getötet.“ | |
Nicht nur das Interview mit den Böhnhardts ist aufschlussreich, auch der | |
Rest der halbstündigen Doku zum NSU ist gute, sehr solide Recherche, auch | |
wenn viele der vom „Panorama“-Team zusammengetragenen Fakten über den NSU | |
bereits bekannt sind. Sparen können hätten sich die Macher allerdings die | |
nachgestellten Szenen, etwa zu den Urlauben auf Fehmarn oder zu Zschäpes | |
viertägiger Flucht. Auch deren beiden Katzen Heidi und Lilly im Tierheim | |
hätte man nicht zeigen müssen; auch wenn sie es waren, nach denen sich | |
Beate Zschäpe zuerst erkundigte, als sie sich am 8. November 2011 der | |
Polizei stellte. | |
„Panorama“, Donnerstag, 19.4., 21.45 Uhr, ARD | |
19 Apr 2012 | |
## AUTOREN | |
Wolf Schmidt | |
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