# taz.de -- Hertha BSC Berlin vor dem Abstieg: Zurück auf Los! | |
> Präsident Werner Gegenbauer und Manager Michael Preetz sind mit ihrem | |
> Plan, den Verein zu verändern, gescheitert. Der zweite Abstieg droht. Wie | |
> geht's jetzt weiter? | |
Bild: Hertha-Manager Preetz entließ mit Markus Babbel und Michael Skibbe zwei … | |
BERLIN taz | Vielleicht gibt es schon am Sonntag wieder eine | |
Schlüsselposition bei Hertha BSC zu besetzen. Wenn nämlich die Berliner ihr | |
letztes Spiel zu Hause gegen 1899 Hoffenheim nicht gewinnen, dann wird | |
Trainer Otto Rehhagel seine Abschiedsworte sprechen. | |
Es werden die Plattitüden der letzten Wochen sein: „Wir haben alles | |
versucht.“ Und: „Ich kann der Mannschaft keinen Vorwurf machen.“ Und der | |
Standardsatz eines jeden Abstiegstrainers wird gewiss auch nicht fehlen: | |
„Ein solches Verletzungspech habe ich noch nie erlebt.“ | |
Auf die beruhigende Wirkung des erfahrenen Rehhagel hatte Manager Michael | |
Preetz Mitte Februar für den Abstiegskampf gesetzt, der 73-Jährige aber hat | |
sich offensichtlich mit der Dosis vertan: Er hat das Team eingeschläfert. | |
Nun wird erstaunlicherweise Ralf Rangnick in Berlin als nächster Trainer | |
gehandelt. | |
Ein Obergelehrter moderner Fußballtaktik, der sich in den Sphären eines Pep | |
Guardiola wähnt, bei der kriselnden Hertha? Das Gerücht vermag schon zu | |
verblüffen, überraschender indes ist, dass Rangnick sich gar nicht dagegen | |
verwehrt, mit Hertha in Verbindung gebracht zu werden. Im Gegenteil: Er | |
bestätigte sogar, Gespräche mit den Vereinsspitze geführt zu haben. Und die | |
zweite Liga soll dabei auch kein Hinderungsgrund für ihn sein. | |
## Ralf Rangnick sucht die Herausforderung | |
Ist Hertha doch gar keine so schlechte Adresse? Davon waren die meisten | |
eigentlich spätestens zu dem Zeitpunkt überzeugt, als sich im Dezember | |
Preetz und Trainer Markus Babbel öffentlich der Lüge bezichtigten. Die | |
Wunden dieser Fehde sind bis heute nicht verheilt. Babbel, der als Trainer | |
von Hoffenheim nun am Samstag das Schicksal der Hertha besiegeln kann, | |
zündete im Vorfeld des Spiels reichlich Störfeuer. Die Kernbotschaft, die | |
er sendete: Mit mir wäre Hertha dieses Zitterspiel erspart geblieben. | |
Die Trainerstelle bei Hertha schien nur noch schwer vermittelbar zu sein – | |
zumindest wenn der Klub nicht all seine Ansprüche sausen lässt. Gerade nach | |
Rehhagels letzten schon an Gleichgültigkeit grenzenden Auftritten drängte | |
sich der Eindruck auf, dass der Senior den Posten nur deshalb besetzte, | |
weil er weit und breit der Einzige war, der, wie er stets betonte, nichts | |
zu verlieren hatte. | |
Rangnicks Interesse wirft jedoch ein anderes Licht auf den Klub an der | |
Spree. Der 53-jährige Schwabe hat erkannt: Bei Hertha BSC gibt es jede | |
Menge zu gewinnen. Den Verein zu dauerhaftem Erfolg zu führen, mag wie eine | |
Mission Impossible erscheinen, aber genau dieser Umstand ist es, der eine | |
unvergleichliche Rendite verspricht. | |
Es ist die größtmögliche Herausforderung. Die Bemühungen von Präsident | |
Werner Gegenbauer und Preetz in den letzten drei Jahren, Hertha BSC ein | |
neues Gesicht zu geben, offenbaren, wie schnell sich bei diesem Verein | |
selbst die besten Absichten ins Gegenteil verkehren. Unentwegt sprachen die | |
beiden von Demut und einer Politik der ruhigen Hand. Ein ganz neues | |
Vereinskapitel sollte nach der unsteten und großspurigen Regentschaft von | |
Dieter Hoeneß aufgeschlagen werden. Im ersten Jahr des Tandems | |
Gegenbauer/Preetz torpedierte der Abstieg die hehren Vorsätze. | |
## Babbel, Skibbe, Rehhagel und kein Erfolg | |
In der Spielzeit darauf schien das Saatgut mit dem Aufstieg aus der zweiten | |
Liga und der neu entfachten Euphorie aufzugehen. Doch in dieser Saison sind | |
Gegenbauer und Preetz plötzlich mit der Lügen-Affäre (Babbel), der | |
Einstellung des erfolglosesten Trainers (Skibbe) und dem missratenen | |
Befreiungsschlag (Rehhagel) zu den größten Schlagzeilengebern dieser Saison | |
geworden. Die Bodenständigen mutierten zu Skandalnudeln. Die | |
Außendarstellung des Vereins lief aus dem Ruder. | |
Die daraufhin gewählte Selbstisolation (Geheimtraining) und das von Preetz | |
mit sich selbst geführte Interview auf der Vereinshomepage verbesserten den | |
Eindruck nicht. „Vom Image her gesehen, stehen wir wieder auf dem letzten | |
Platz. Ganz Deutschland lacht über uns“, sagt der frühere Hertha-Profi | |
Michael Sziedat. Auf der Mitgliederversammlung Ende Mai will sich der | |
59-Jährige ins Präsidium wählen lassen. | |
Vizepräsident Jörg Thomas bekennt, dass der Rat ehemaliger Profis dem | |
Gremium gewiss nicht schaden könne. Die Schicksalsergebenheit der | |
Präsidiumsmitglieder in sportlichen Fragen ist in der Tat verwunderlich. | |
„Über die Zukunft von Michael Preetz haben wir noch nie gesprochen. Herr | |
Gegenbauer hat das Thema nicht auf die Tagesordnung gesetzt“, erklärt | |
Thomas. Nach der Partie gegen Hoffenheim würde aber gewiss darüber geredet | |
werden. | |
## Preetz und Gegenbauer keine Diktatoren | |
Preetz und Gegenbauer haben fraglos nichts mit dem diktatorischen Gebaren | |
eines Dieter Hoeneß zu tun. Bevor sie Entscheidungen treffen, achten sie | |
mehr auf die atmosphärischen Schwingungen im Verein. | |
Aber letztlich scheinen die Beschlüsse dann doch auch im Alleingang | |
durchgedrückt zu werden. Widerspruch ist unerwünscht. Gegenbauer bestimmt | |
die Tagesordnung und hält Preetz den Rücken frei. Selbst dann, wenn alles | |
schief läuft. Auch in der Nach-Hoeneß-Ära ist bei Hertha vieles beim Alten | |
geblieben. | |
4 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Johannes Kopp | |
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