# taz.de -- Kolumne Pressschlag: Die Sonnenanbeter der Liga | |
> Seit die Bundesliga sonnenverstrahlt ist, geht es mit den Solarfirmen | |
> bergab. Auch im Bereich der Solarwerbung zeichnet sich ein negativer | |
> Trend ab. | |
Bild: Schon 1994 ließ der SC Freiburg sich ein Sonnenkraftwerk aufs Tribünend… | |
Die Welt der Börse ist unübersichtlich, die Zukunft von Unternehmen und | |
Kursverläufen unsicher. Nicht selten kommt eine Art Voodoo des | |
Börsenhandels zum Einsatz, um sich im Dickicht der Zocker und Global Player | |
zurechtzufinden: der Kontraindikator. Klagt die Bild-Zeitung in fetten | |
Lettern über die schlimmste Wirtschaftskrise des Jahrzehnts, dann ist es an | |
der Zeit, Aktien zu kaufen. | |
Berauscht sich das Blatt indes an neuen DAX-Kurshochs, dann heißt es meist: | |
Verkaufen, aber schnell! Der Kontraindikator besagt: Folge nicht der Masse, | |
sondern nur deinem Verstand. Seit Neuestem funktioniert auch die Bundesliga | |
als Kontraindikator. Fast jedes Team lässt sich von einer Solarfirma | |
sponsern. Noch nie war das Engagement dieser Branche im Fußball so | |
umfassend. Das hätte gewiefte Investoren stutzig machen müssen. | |
Nur Wolfsburg, Gladbach, der Atomgigant Nürnberg (Areva), Stuttgart und | |
Bald-Absteiger Lautern trotzen dem Trend. In ihrem Portfolio befindet sich | |
keine Solarfirma. Leverkusen und Hoffenheim werben dafür sogar auf der | |
Brust für einschlägige Firmen. | |
Nun hat sich aber bis auf den letzten Stehplatz herumgesprochen, dass es um | |
die Solarbranche, vor allem die deutsche, nicht so doll bestellt ist. In | |
dieser Woche musste Q-Cells, Sponsor von Borussia Dortmund, Insolvenz | |
anmelden. Der Kurs von Solarworld (1. FC Köln) ist in den vergangenen | |
Monaten stark eingebrochen, auch der von Canadian Solar (Hannover 96) oder | |
First Solar (Mainz 05). | |
## Klubs mit dem richtigen Riecher | |
Von „Marktbereinigung“ ist die Rede und von „Billiganbietern“ aus Ferno… | |
die den Deutschen das Geschäft vermasseln. Als Spielverderber tritt auch | |
die Bundesregierung in Szene. Sie hat die Solarförderung gekürzt. Fakt ist: | |
Seit die Bundesliga sonnenverstrahlt ist, geht es mit den Solarfirmen | |
bergab. Ein paar versuchen sich dennoch zu behaupten. | |
Ein paar Klubs haben den richtigen Riecher gehabt und auf chinesische, | |
südkoreanische oder kleinere, regional-mittelständische Firmen gesetzt – | |
wie Hoffenheim (Suntech, China), Schalke (Shanghai Chaori Solar, China) | |
oder Hertha (B5 Solar, Wustermark). Ihnen werden bessere Überlebenschancen | |
im umkämpften Markt zugebilligt. | |
Wäre noch zu klären, was beim Sport-Club in Freiburg los ist, dem Pionier | |
des solaren Fußballbooms. Im Breisgau wurde ja bekanntlich zuerst mit | |
Solarmodulen herumhantiert. Im Jahre 1994 ließ sich der SC von einem | |
gewissen Herrn Georg Salvenmoser ein Solarkraftwerk aufs Dach bauen. Das | |
war damals sehr fortschrittlich und wurde von so manchem | |
Bundesliga-Funktionär belächelt. Heute steht Solar freilich nicht mehr für | |
Visionen, sondern für Massenware, die durch den Fußball veredelt werden | |
soll. | |
Von einer „Entmythologisierung der Solarenergie“ sprach der Herr | |
Salvenmoser seinerzeit. Die ist gründlich gelungen – wenn selbst der FC | |
Bayern München (Yingli Solar, China) einen Vertrag in der Tasche hat und | |
der BVB seine Q-Cells-Werbebanden nun voraussichtlich Stück für Stück auf | |
dem Sperrmüll entsorgt. Sähe irgendwie nicht so gut aus, wenn der Meister | |
mit einem Verlierer wirbt. | |
6 Apr 2012 | |
## AUTOREN | |
Markus Völker | |
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