# taz.de -- Hertha in der Relegation: Sie haben es doch noch geschafft | |
> Die Berliner Hertha rettet sich mit einem Sieg gegen Hoffenheim in die | |
> Relegation und kann die Erstklassigkeit vielleicht halten. Der Gegner | |
> steht auch schon fest. | |
Bild: La Ola der Hertha nach dem 3:1-Sieg über die TSG Hoffenheim. | |
BERLIN taz | Der Mann am Mikrofon eröffnete bereits in der 78. Minute die | |
Party: „Und jetzt feiert!“ Änis Ben-Hatira hatte soeben seinen zweiten | |
Treffer gegen 1899 Hoffenheim erzielt. | |
Die gegen Bayern chancenlosen Kölner waren da längst aus dem Rennen um den | |
Relegationsplatz, Hertha hatte nur noch sich selbst zum Gegner. Das Wissen | |
darum und die Erfahrung dieser Saison hätten den Stadionsprecher eigentlich | |
Vorsicht lehren müssen. | |
Die bangsten sieben Minuten in der jüngsten Vereinsgeschichte hatte Hertha | |
nämlich erst vor sich. Beklemmend still war es, als Marvin Comper (85.) den | |
Anschlusstreffer erzielte. Einer der in dieser Saison obligatorischen | |
Hertha-Patzer hätte den Verein nun in die zweite Liga befördern können. | |
Erst mit der letzten Spielaktion wurden die Berliner erlöst. Raffael | |
leitete nach einer Hoffenheimer Ecke einen Konter ein und traf ins | |
verlassene Tor. | |
„Die letzten Minuten muss man dann da draußen sitzen, wie man das | |
übersteht, weiß man hinterher auch nicht mehr“, bekannte hernach der | |
73-jährige Otto Rehhagel. Der Berliner Coach fand wieder zu seiner lange | |
vermissten Redseligkeit zurück. Wobei es bei seinen Statements wild | |
durcheinanderging. | |
## „So spielen wie der FC Barcelona“ | |
Das Spiel, das Rehhagel zur „Nervenschlacht“ hochstilisierte, hatte seine | |
Spuren hinterlassen. „Ich träume natürlich davon, dass wir eines Tages so | |
spielen wie der FC Barcelona“, bekundete er, nachdem er bereits zum zweiten | |
Mal gebeten worden war, etwas zu Änis Ben-Hatira zu sagen. Ein paar lobende | |
Worte für den Doppeltorschützen flocht er dabei aber auch noch ein. Als er | |
zum ersten Mal nach Ben-Hatira befragt wurde, hatte er eine Erklärung dafür | |
abgeliefert, wie es zum Ausschluss von Tunay Torun aus dem Kader kam. | |
Für etwas mehr Ordnung in der Nachbetrachtung sorgte Peter Niemeyer: „Wir | |
können unheimlich froh sein, dass nach so einer beschissenen Rückrunde der | |
liebe Gott uns die Chance gegeben hat, dem Abstieg von der Schippe zu | |
springen. Eigentlich hätten wir das nicht verdient.“ | |
Einst, im Jahre 1952, wurde die (West-)Berlinhilfe ja einmal zum | |
BRD-Gesetz. In dieser Saison spielte die Konkurrenz der schwächelnden | |
Hertha so in die Karten, als ob diese Regelung nun in das Regelwerk der | |
Bundesliga aufgenommen worden wäre. | |
An die Zeiten des Kalten Krieges erinnerten auch die Begleiterscheinungen | |
um die Rückkehr des einstigen Hertha-Trainers Markus Babbel, der im | |
Dezember mit dem Titel „Lügenbaron“ ins Exil geschickt wurde. Im | |
Stadionheft wurde der Name des Hoffenheimer Coachs in einem dreiseitigen | |
Artikel über die TSG einfach ausgespart. | |
## Doch noch Handschlag mit Markus Babbel | |
Und die Frage, ob es bereits zu einem Handschlag zwischen den Intimfeinden | |
Babbel und Preetz gekommen sei, nahm nach dem Spiel solch eine Bedeutung | |
an, als ob es ein Symbolakt von historischen Weltrang wäre. Geschätzte | |
sieben Meter Luftlinie lagen zwischen Preetz und Babbel, als Letzterer | |
ankündigte: „Wenn er nachher noch da steht, werde ich ihm die Hand geben.“ | |
Und so kam es. | |
Für Preetz war anderes von größerer Bedeutung: „Wir haben gezeigt, dass wir | |
Drucksituationen standhalten und auch ein wichtiges Spiel gewinnen können.“ | |
Warum das vorher nicht geklappt hat, wusste er nicht zu erklären. „Vorwärts | |
und vergessen“, heißt jetzt die Parole bei Hertha. Der Klub ist nur der | |
Zukunft zugewandt. | |
Einziger Wermutstropfen dabei ist der Ausfall von Pierre-Michel Lasogga, | |
der sich einen Kreuzbandriss zuzog und für die beiden Spiele gegen | |
Düsseldorf ausfallen wird. | |
6 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Johannes Kopp | |
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