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# taz.de -- Frankreichs neuer Präsident: Adieu Sarkozy, bonjour Hollande!
> Nicolas Sarkozy hat seine Niederlage eingestanden – die Sozialisten
> feiern einen historischen Sieg. Erstmals seit 17 Jahren stellen sie den
> Präsidenten.
Bild: Das ist der Neue.
PARIS taz | Frankreich hat am Sonntag seinen neuen Präsidenten gewählt.
Laut provisorischen Hochrechnungen hat der Sozialist François Hollande mit
rund 52 Prozent der Stimmen die Stichwahl gewonnen, Nicolas Sarkozy hat den
Kampf um seine Wiederwahl verloren. Schon nach der ersten Runde vom 22.
April lag Hollande in Führung, trotz einer Mobilisierung in den letzten
Tagen und einem intensiven Bemühen um die Wähler der Rechtspopulistin
Marine Le Pen, gelang es dem der bisherigen Präsidenten zu keinem Zeitpunkt
das Blatt zu seinen Gunsten zu wenden. Das Verdikt ist klar, denn mit mehr
als 80 Prozent ist die Wahlbeteiligung sehr hoch, wenn auch weniger als
2007. Zum ersten Mal seit François Mitterrand hat Frankreich einen
sozialistischen Staatschef gewählt.
In einer kurzen Rede hat Nicolas Sarkozy seine Niederlage eingestanden. Er
forderte seine in einem Pariser Saal versammelten Anhänger auf, die
Entscheidung der Franzosen zu respektieren. Er bedauere es, trotz ihrer
prächtigen Unterstützung nicht in der Lage gewesen zu sein, wie 2007 den
Sieg für die von ihnen gemeinsame getragenen Werte und Ideen zu erringen.
Er dankte all seinen Wählern und Sympathisanten und bat sie daran zu
denken, dass es etwas Größeres gibt: „Das Vaterland, Frankreich“. Er selb…
wolle für die Niederlage die volle Verantwortung übernehmen. Ohne das
präzisieren, tönte er an, dass er sich aus der politischen
Auseinandersetzung zurückzuziehen gedenkt. Frankreich habe einen neuen
Präsidenten, und er werde zu einem „Franzosen unter den anderen Franzosen“.
Als Sprecher der bisherigen Regierungspartei gratulierte auch Außenminister
Alain Juppé umgehend am Fernsehen Hollande zu seinem Sieg und wünschte ihm
viel Glück für das beginnende Mandat. Das Wahlergebnis sei gewiss eine
Niederlage, nicht aber ein „Tsunami gegen Sarkozy“, wie dies von Medien
herbeigeredet worden sei. Die Vorschläge des Sozialisten seien nicht, was
er für notwendig, dennoch wünsche er Hollande im Interesse Frankreichs
Erfolg.
## Anrufe bei Merkel und Obama
Dessen Kampagnenleiter, Pierre Moscovici, erklärte, die Sozialisten seien
sich bewusst, dass das Land sich in einer Krise befindet. Er versicherte
der neue Präsident sei bestens für seine Aufgabe vorbereitet. Er werde noch
am Wahlabend die deutsche Kanzlerin Angela Merkel anrufen und auch mit den
anderen Partnern, unter ihnen Barack Obama, Kontakt aufnehmen.
François Hollande hat seinen Sieg, an der Seite seiner Partnerin, der
Journalistin Valérie Trierweiler, zuerst in seiner Wahlheimat Tulle in der
Corrèze gefeiert. Dort sagte er: „Ich bin glücklich, dass ich Hoffnung
vermittelt habe. Der Wandel, den ich Euch versprochen habe (...) beginnt
jetzt.“ Anschließend flog er nach Paris, wo seine Anhänger schon gleich
nach der Bekanntgabe des Resultats das Wahlfest begonnen hatte. Auf dem
historischen Bastille-Platz hatte sich eine riesige Menschenmenge
eingefunden.
Die Accessoires, ein paar rote Rosen oder Nelken und den Champagner zum
Anstoßen, hatte das linke Paris bereits seit Tagen siegesgewiss
vorbereitet. Die Älteren unter den Festenden auf der Bastille erinnern sich
nostalgisch an 1981. Damals jubelten sie am selben Ort im Mai spontan über
die erste Wahl eines Sozialisten zum Staatspräsidenten seit dem Krieg.
Geschichtsträchtig war der gestrige Erfolg aber auch darum, weil die
französische Linke seit 1995 jede Präsidentenwahl verloren hatte. Am
schlimmsten war die Erniedrigung, als 2002 Lionel Jospin mit ein paar
Zehnteln hinter dem Komma weniger gegen den Rechtsextremisten Jean-Marie Le
Pen aus der Stichwahl ausschied. Diese Schande sollte François Hollandes
Sieg heute ein für allemal auslöschen. Im Vergleich zu 1981 sind die
politischen Erwartungen an den „Wechsel“ aber geradezu bescheiden.
## „Gerechtigkeit“ und „sozialer Ausgleich“
Kein radikales Reformprogramm wie vor 31 Jahren ist angesagt. Nur besser
als sein Vorgänger soll es Hollandes machen, meint man im Siegerlager fast
resigniert wegen der Krise, die wenig Platz für hoch schäumende Träume
lässt. Der sozialistische Präsident hat ihnen nicht viel versprochen. Bei
allem, was er beschließt, sollen aber die „Gerechtigkeit“ und der „sozia…
Ausgleich“ als Maxime seines Handelns gelten. Unter jenen, die im ersten
Durchgang weiter links als Hollande gewählt hatten, hoffen indes viele,
dass der gestrige Sieg der Linken nur ein Anfang sei.
Der Ausgang der Präsidentschaftswahlen dürfte auch Auswirkungen auf die
Erneuerung der Nationalversammlung haben. Die bürgerliche UMP muss mit dem
Verlust der bisherigen Mehrheit zu Gunsten der vereinten Linken
(Sozialisten, Grüne und Linksfront) rechnen, die bereits im Senat sowie in
den Regionen das Sagen hat. Erstmals seit 1986 ist auch zu erwarten, dass
der rechtspopulistische Front National in der Abgeordnetenkammer vertreten
sein wird.
6 May 2012
## AUTOREN
Rudolf Balmer
## TAGS
Francois Hollande
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