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# taz.de -- Medienforscher über Crowdfunding: „Keine Alternative zur Kulturf…
> Es sei nicht einfach, über Crowdfunding einen Roman zu bezahlen, sagt
> Medienforscher Andreas Will. Vor allem unkommerzielle Projekte würden
> Crowdfunder anziehen.
Bild: Die Künstler im Mittelpunkt, die Crowd bezahlt.
taz.de: Herr Will, als Nebenschauplatz der Urheberrechtsdebatte wird
derzeit viel nach alternativen Vergütungskonzepten für Kunstschaffende
gesucht. Im Zusammenhang mit Literatur fällt dann gerne das Stichwort
Crowdfunding. Das Problem ist: [1][Für die Literatur funktioniert
Crowdfunding nicht].
Andreas Will: Ich stelle mir das auch sehr schwierig vor, beispielsweise
über Crowdfunding einen Roman zu finanzieren. Das ist ein enormer
Vertrauensvorschuss, den die Unterstützer dem Autoren zubilligen müssen,
auf sehr kleinen Grundlagen; meist gibt es am Anfang ja nur eine
Ideenskizze. Und darauf aufbauend müssen dann, sagen wir, zwei Jahre Arbeit
bezahlt werden.
Und dazu lassen sich potenzielle Unterstützer nicht überreden?
Vielleicht, dann aber sehr wahrscheinlich nur, wenn der Autor sich bereits
einen Namen gemacht hat. Und selbst dann wäre zu bedenken, dass so ein
Autor Crowdfunding nicht unbedingt braucht, weil er ja bereits im Betrieb,
auf dem Markt angekommen ist.
Die Motive der Unterstützer lassen sich auf fünf Punkte eingrenzen. Zwei
haben einen spielerischen Aspekt: dass man neugierig auf Crowdfunding ist
und dass man Spaß an der Sache hat und gut unterhalten wird. Der dritte
Punkt ist die Zugehörigkeit: dass man also ein Projekt sieht, an dem man
teilhaben möchte, bei dessen Realisierung man mitmachen will. Außerdem
kommt Empathie dazu, dass man sich also in den Künstler einfühlt. Und der
letzte Punkt ist der Idealismus. Je unkommerzieller das Projekt, desto
anziehender wirkt es offenbar.
Gesamtgesellschaftliche Motive spielen keine Rolle? Also die Überlegung:
„So ein Buch brauchen wir alle jetzt, dieses Theaterstück ist wichtig für
die Kultur im Land"?
Keine oder zumindest keine wichtige Rolle. Wir haben festgestellt, dass die
meisten Motive intrinsisch sind, also aus den Personen selbst kommen: sie
befriedigen damit konkrete Bedürfnisse, zum Beispiel wollen sie Spaß haben.
Extrinsische Motive sind hingegen weniger wichtig.
Wie ist es mit Geschenken, kleinen Gimmicks, die man ab einem bestimmten
Betrag erhalten soll?
Interessanterweise geben viele Unterstützer an, dass solche Gegenleistungen
für sie nicht von großer Bedeutung sind. Auf Nachfrage geben dann
allerdings viele an, dass sie für das Geld schon gerne das fertige Produkt
hätten, also eine CD oder eine Konzertkarte. Man kann hier von einer
Entzauberung des Crowdfunding reden, denn eigentlich ist das ein Modell,
das wir seit 150 Jahren aus dem Buchmarkt kennen: das der Subskription
nämlich. Nur in neuem Mäntelchen.
Bei welchen Sorten Kunst funktionieren Crowfunding-Plattformen?
Das ist schwer zu sagen, dazu gibt es noch keine Forschungsergebnisse.
Bisher ist die Summe der Projekte da auch nicht breit genug, um das
belastbar feststellen zu können. Ich glaube, dass Filme, Musik, bildende
Kunst und Computerspiele gut bis sehr gut funktionieren, aber wie gesagt:
eine Aussage unter Vorbehalt.
Und was bringt die Zukunft? Auf der Konferenz Co:funding wurde die
Befürchtung laut, dass einige Plattformen eingehen werden, wenn demnächst
Kickstarter auf den deutschen Markt kommt.
Ich sehe da zwei Entwicklungsrichtungen: Zum einen werden sich bei den
General-Interest-Plattformen nur wenige durchsetzen, der Rest wird
Schwierigkeiten haben, sich am Markt zu halten. Kann sein, dass sich
Kickstarter etabliert, wenn sie in Deutschland starten, aber ausgemacht ist
das nicht. Jedenfalls ist der Platz für General-Interest-Plattformen
begrenzt, vielleicht bei drei oder vier Anbietern, die dann die
erforderliche Größe haben, um tragfähig zu bleiben. Das ist das eine.
Daneben wird es, und das ist der andere Trend, eine Verknüpfung von Online
und Offline geben; da bleibt dann Raum für spezialisierte Plattformen, die
beispielsweise an eine Region gebunden sind. Die räumliche Nähe kann
wichtig sein, insbesondere für kleine Projekte, für die Band, die in ihrer
Stadt ein Konzert geben will, und nur ein kleines Zielbudget braucht. Der
nächste Schritt sind dann Co-Finanzierungen: mit Firmen und lokalen
Unternehmen, die für jeden gecrowdfundeten Euro beispielsweise einen Euro
dazugeben. Das gibt es jetzt schon und wird vermutlich auch ausgebaut
werden.
Existiert so ein Modell auch mit öffentlichen Einrichtungen? Als
Alternative zur klassischen Kulturförderung?
Zumindest Stiftungen zur Kulturförderung. Allerdings: Crowdfunding ist
keine Alternative zur klassischen Kulturförderung, sondern eine Ergänzung.
13 May 2012
## LINKS
[1] http://www.kraut-publishers.de/blog/?p=89
## AUTOREN
Frédéric Valin
## TAGS
Schwerpunkt Urheberrecht
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