# taz.de -- Optimismus bei der Crowdfunding-Konferenz: Eine Nische mit Potenzial | |
> Es gibt viele Beispiele für erfolgreiches Crowdfunding, aber keine | |
> Plattform verdient bisher Geld. Dennoch ist die Crowdfunding-Szene | |
> hoffnungsvoll, dass alles besser wird. | |
Bild: Es gibt große Hoffnungen für Schwarmfinanzierung im Netz. | |
BERLIN taz | Ela Kagel gab sich zuversichtlich. „Das Thema fängt an, | |
richtig abzuheben“, sagte sie zur Begrüßung auf dem Podium und verwies auf | |
die vielen Medienberichte im letzten Jahr. Man wolle sich jetzt nicht allzu | |
sehr auf dem Status Quo konzentrieren, sondern lieber versuchen, ein wenig | |
in die Zukunft zu blicken. | |
Was kann, was will Crowdfunding und was wird es in der Zukunft bringen – | |
das sind die Fragen, die auf der Co:funding-Konferenz im Rahmen der | |
Re:publica verhandelt wurden. Tatsächlich führt Crowdfunding zwar ein | |
Nischendasein, aber eines mit Potential. Crowdfunding ist, grob gesagt, | |
Bitte und Angebot eines Ideenträgers an das Publikum, sein Projekt mit Geld | |
zu unterstützen. | |
Die Idee fand in der letzten Zeit immer mehr Anhänger: Von Oktober 2010 bis | |
Ende März versuchten auf den fünf großen deutschen Plattformen 628 Projekte | |
so an Geld zu kommen, knapp über 40 Prozent erreichten ihr Sammelziel. | |
Insgesamt wurden fast 700.000 Euro ausgeschüttet, macht im Schnitt 2.737 € | |
pro Projekt. Seinen größten Erfolg hatte das Konzept hierzulande aber | |
jenseits der Plattformen: Der Aufruf, in den Kinofilm zu Stromberg zu | |
investieren, schöpfte eine Million Euro in nur sechs Tage. | |
Soweit zum Stand. Was aber macht Crowdfunding interessant für Spender und | |
Investoren? Andreas Will von der TU Ilmenau stellte seine | |
Forschungsergebnisse vor, die suggerierten, dass Geldgeber vor allem | |
intrinsische Motive antreibt: eine gut gemachte Begleitung per | |
ausführlicher Beschreibung, Blog und Video sei wichtig, ebenso eine | |
ansprechende Gestaltung und ein realistisches Finanzierungsziel. | |
Weniger entscheidend seien Sachgegenleistungen oder eine direkte Verbindung | |
zum Initiator der Aktion. Slava Rubin von der amerikanischen Plattform | |
Iindiegogo widersprach: 90 Prozent der erfolgreichen Aktionen lockten mit | |
kleinen Gimmicks oder Geschenken, und nur 25 Prozent der Geldgeber seien | |
komplett Fremde – der Rest seien Freunde oder Freundesfreunde. | |
Man hatte bei den Diskussionen häufig den Eindruck, dass niemand eine feste | |
Vorstellung, einen festen Fahrplan hat. Ist eine große Bandbreite | |
unterschiedlicher Plattformen wünschenswert oder zersplittert das den Markt | |
zu sehr? Braucht es (wie in Belgien) extra Angebote nur für Comics oder | |
steht eine Konsolidierung unmittelbar bevor? | |
## Wenige Gewinner, viele Verlierer | |
Clas Beese, der an einer europäischen Vertretung für Crowdfunding baut, | |
glaubt an Letzteres, denn „keine der Plattformen verdient gerade Geld.“ Es | |
werde wenige Gewinner geben und einige Verlierer. „Wer weiß, was passiert, | |
wenn Kickstarter hier auf den Markt kommt“, der globale Marktführer also. | |
Wer weiß. Mal sehen. Dieser optimistisch-neugierige Grundton beherrschte | |
die Veranstaltung, selbst dann, als die Frage aufkam, wie Verlage, Autoren | |
und Journalisten Crowdfunding als Finanzierungsstrategie für sich nutzen | |
könnten. Van Bo Le-Mentzel stellte sein HartzIV-Möbelbuch vor, das in | |
weiten Teilen nicht er, sondern die Crowd geschrieben und illustriert hat | |
und von dessen Erlös er nicht leben will. | |
Andrea Kamphuis von den Kraut Publishers beklagte die niedrigen Honorare | |
für Dienstleister im Verlagswesen und erklärte, Schuld daran sei vor allem, | |
dass sich nicht einmal jedes zweite Buch refinanziere. Das könne man | |
umgehen, wenn man das altneue Modell der Subskription wieder anwende – auch | |
wenn die Erfahrungen von damals erwarten ließen, dass viele Projekte | |
scheitern würden. Aber so wisse man immerhin vorher, was sich finanzieren | |
ließe und was nicht. | |
Insgesamt, so bleibt der Eindruck, ist Crowdfunding noch ein weites | |
Experimentierfeld, eine Nische; jedenfalls kein Ersatz zu etablierten | |
Strukturen. Mag es [1][in Einzelfällen wie Podcasting] auch wegweisend | |
sein, ist es im Kulturellen von einer tragfähigen Alternative weit | |
entfernt. | |
7 May 2012 | |
## LINKS | |
[1] http://tim.geekheim.de/2012/05/01/zwei-jahre-flattr/ | |
## AUTOREN | |
Frédéric Valin | |
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