| # taz.de -- Landbesitz in Entwicklungsländern: Bauernland in Bauernhand | |
| > Die Proteste werden lauter – gegen den Ausverkauf von Land in | |
| > Entwicklungsländern. Nun verspricht die UN-Agrarorganisation | |
| > traditionellen Landwirten mehr Schutz. | |
| Bild: Mehr Schutz für Landwirte: Feldarbeit in Uganda. | |
| BERLIN taz | Weltweit nehmen Empörung und Proteste wegen des Ausverkaufs | |
| von fruchtbarem Land in Entwicklungsländern zu – zum ersten Mal gibt es | |
| jetzt ein internationales Regelwerk, das die Eigentumsrechte gerade von | |
| Kleinbauern besser schützen soll. Das Ernährungssicherheitskomitee der | |
| UN-Agrarorganisation (FAO) verabschiedete am Freitag auf einer | |
| Sondersitzung in Rom einstimmig „freiwillige Richtlinien“ zum Grundbesitz, | |
| die als Empfehlungen an Staaten dienen und globale Mindeststandards setzen | |
| sollen. | |
| „Es war einstimmig, alle sind aufgestanden und haben applaudiert“, sagte | |
| FAO-Sprecher George Kourous. Rund 40 Regierungen waren vertreten, und die | |
| Verabschiedung war der einzige Tagesordnungspunkt der Sondersitzung. Sechs | |
| Jahre lang hatten insgesamt 96 Regierungen, internationale | |
| Nichtregierungsorganisationen, lokale zivilgesellschaftliche Gruppen und | |
| Privatunternehmer beraten, in einem von Deutschland, Finnland und der | |
| Schweiz finanzierten Konsultationsprozess. | |
| Es geht unter anderem um die schriftliche Fixierung von Landbesitztiteln, | |
| um die Gleichstellung der Geschlechter, um den Schutz traditioneller | |
| Landnutzungsrechte und um die Festlegung von Kriterien für Enteignung: | |
| Diese soll künftig nur noch „im öffentlichen Interesse“ stattfinden, und | |
| dieses Interesse muss im Gesetz definiert sein. | |
| ## Freiwillige Richtlinien | |
| „Die Richtlinien sind freiwillig, aber weil sie in einem so umfassenden | |
| Prozess entstanden sind und es eine gemeinsame Einsicht in ihre | |
| Notwendigkeit gibt, erwarten wir, dass sie Standards für die Gesetzgebung | |
| bilden werden“, sagte Yaya Olaniran, Vorsitzender des | |
| FAO-Ernährungssicherheitskomitees. Die FAO begründet die Richtlinien damit, | |
| dass die Konkurrenz um Land zunimmt. Gleichzeitig würden neue Gebiete | |
| kultiviert, durch Wachstum der Städte besetzt und nach | |
| Fruchtbarkeitsverlust, Klimawandel oder gewaltsamen Konflikten verlassen | |
| werden. | |
| Die Vereinbarung kommt zu einer Zeit zunehmender Kontroversen darüber, dass | |
| internationale Investoren, meist aus reichen asiatischen und arabischen | |
| Ländern, fruchtbares Ackerland in asiatischen und afrikanischen | |
| Entwicklungsländern für lächerliche Beträge kaufen oder pachten, um | |
| Exportlandwirtschaft zu betreiben. Ansässige Kleinbauern, die für den | |
| lokalen Markt produzieren, werden dadurch verdrängt. Vielerorts stehen die | |
| Regierungen auf der Seite der Investoren gegen die eigene Bevölkerung. | |
| Beispiel Uganda: Vor wenigen Tagen drohte die Regierung mit dem Rauswurf | |
| der internationalen Organisation Oxfam, nachdem diese zusammen mit | |
| ugandischen Gruppen behauptet hatte, 22.500 Menschen in den Distrikten | |
| Kiboga und Mubende seien zugunsten einer britischen Holzplantagenfirma | |
| vertrieben worden. Dies habe zu „böswilligen Angriffen auf die Person des | |
| Präsidenten“ geführt, erklärte das Innenministerium. | |
| Beispiel Äthiopien: 300.000 Hektar Land seien bereits an Investoren | |
| verpachtet, sagte Premierminister Meles Zenawi am Mittwoch auf einem | |
| Investitionsforum; die meisten davon in der Region Gambella, wo nach | |
| Angaben der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch über ein Fünftel | |
| der 300.000 Bewohner zwangsumgesiedelt wurden. Allein 100.000 Hektar | |
| besetzt ein indisches Rosenzüchterunternehmen. | |
| Meles Zenawi sagte, weitere 4 Millionen Hektar – 40.000 Quadratkilometer – | |
| „fruchtbares und unbenutztes Land“ stünden zur Verfügung. Die Gesellschaft | |
| für bedrohte Völker kritisierte gestern, tatsächlich lebten auf den | |
| fraglichen Flächen 100.000 Menschen. In Äthiopien gibt es kein privates | |
| Landeigentum. Bauern sind daher machtlos, wenn der Staat das von ihnen | |
| bebaute Land vergibt. | |
| 11 May 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Dominic Johnson | |
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