| # taz.de -- Belagerung der Deutschen Bank: Kein Profit auf Kosten anderer | |
| > 24 Stunden lang haben AktivistInnen die Deutsche Bank in Bremen belagert, | |
| > um gegen Landgrabbing und Spekulationen auf Nahrungsmittel zu | |
| > demonstrieren. | |
| Bild: Politisches Zelten: Protest gegen die Geschäftspolitik der Deutschen Ban… | |
| BREMEN taz | Olaf Bernau sieht geschafft aus. Die Nacht war kurz. „Bis | |
| Mitternacht waren noch gut einhundert Menschen hier“, sagt er am zweiten | |
| Tag der Belagerung der Deutschen Bank in Bremen. Bernau ist Mitglied des | |
| Netzwerkes Afrique-Europe-Interact, das seit Dienstagnachmittag gemeinsam | |
| mit Attac, Foodwatch und weiteren AktivistInnen zum „Internationalen Tag | |
| der Landlosen“ 24 Stunden lang ihre Zelte auf dem Domshof aufgeschlagen | |
| hat. | |
| Ihre Protestaktion unter dem Schlagwort „Neokolonialen Landraub stoppen!“ | |
| richtete sich gegen Nahrungsmittelspekulationen und den Ankauf von | |
| Ackerland durch Großinvestoren in Entwicklungsländern, das so genannte | |
| Landgrabbing. Das findet neben Lateinamerika und Asien vornehmlich in | |
| Afrika statt, unter anderem in der Republik Kongo, Äthiopien, Mali oder dem | |
| Süd-Sudan. | |
| Hier kaufen Investoren große Flächen fruchtbares Land und bauen Nahrungs- | |
| und Futtermittel für den Export oder Energiepflanzen für die Produktion von | |
| Biotreibstoff an. Viele Kleinbauern verlieren dadurch ihre | |
| Existenzgrundlage. Durch Übernutzung versiegen ihre Brunnen, Weidegründe | |
| für das Vieh sind ihnen nicht mehr zugänglich, Hunger und Landflucht sind | |
| die Folgen. | |
| Und nicht nur mit Flucht, auch mit gewaltsamer Vertreibung geht das | |
| Landgrabbing einher. Vor elf Jahren habe das kenianische Militär 2.000 | |
| Kleinbauern mit ihren Familien vertrieben, um rund 2.500 Hektar Platz für | |
| den Kaffee-Produzenten Dallmayr zu schaffen, so ein Vorwurf der | |
| Organisation Via Campesina. | |
| Die Firma Dallmayr bestreitet diesen Vorwurf und nimmt wie folgt dazu | |
| Stellung: "Die Alois Dallmayr Kaffee oHG besitzt keine eigenen | |
| landwirtschaftlichen Flächen, auch nicht mittelbar. Weder in Kenia noch | |
| anderswo wurde im Auftrag von Dallmayr eine angebliche Landvertreibung | |
| durchgeführt, auch nicht mittelbar." | |
| Die AktivistInnen lasten vor allem der Deutschen Bank und ihrer | |
| Fonds-Tochter DWS an, am Landgrabbing und an Spekulationen mit | |
| Nahrungsmitteln beteiligt zu sein. Das dementierte die DWS gegenüber der | |
| taz am Montag: Sie habe sich eine Selbstverpflichtung auferlegt, keinerlei | |
| Geschäft mit Ackerland in Entwicklungsländern zu tätigen. Einen Tag später | |
| zog sie diese Aussage jedoch schon wieder zurück: Man habe sich zwar aus | |
| einigen in den Landgeschäften tätigen Unternehmen zurückgezogen, an | |
| mindestens einer Firma sei DWS allerdings weiterhin beteiligt. | |
| Olaf Bernau hat andere Informationen: Insgesamt habe die Deutsche Bank zehn | |
| Fonds, die in das Landgrabbing investieren. Zu denen gehörten unzählige | |
| Firmen. „Und daneben ist sie mit 45 Fonds, die auf Nahrungsmittel | |
| spekulieren, weltweit die Nummer eins in diesem Sektor“, sagt Bernau. | |
| Gemeinsam mit 25 weiteren AktivistInnen hat Bernau vor dem Eingang des | |
| Bankgebäudes gezeltet, und er hat auch mit Kunden über die Geschäfte der | |
| Deutschen Bank gesprochen. „Die meisten wussten nichts darüber und viele | |
| haben gefragt, welche Bank denn überhaupt vertrauenswürdig sei.“ | |
| Eine berechtigte Frage, denn es ist beileibe nicht nur die Deutsche Bank, | |
| die auf Nahrungsmittel spekuliert. Auch die Commerzbank, die Deka-Bank der | |
| Sparkassen oder die Hypovereinsbank beteiligen sich am Geschäft mit | |
| Ackerflächen und Lebensmitteln. Für Bankkunden ist es fast unmöglich, | |
| herauszubekommen, welches Geldinstitut „sauber“ ist und welches nicht. In | |
| den Geschäftsberichten der Banken findet sich nur der allgemeine Punkt | |
| „Investmentbanking“ – nicht aber, worin investiert und worauf spekuliert | |
| wird. | |
| Die Bremer Attac-Gruppe schlägt eine „Krötenwanderung“ vor. Sie hat dazu | |
| eine bunte, musikalisch-szenische Aufforderung inszeniert, mit seinen | |
| „Kröten“ von der schlechten zur guten Bank zu wechseln. Vier gibt es davon: | |
| Die Ethikbank, die Umweltbank, die Triodos-Bank und die GLS-Bank. Letztere | |
| steht für „Gemeinschaftsbank für Leihen und Schenken“ und existiert berei… | |
| seit fast vierzig Jahren. Alle vier Banken investieren in soziale, | |
| ökologische, ethische und kulturelle Projekte. | |
| „Der Bankkunde kann sich hier sicher sein“, sagt Attac-Mitglied Jürgen | |
| Fuchs, „dass strenge Kriterien angesetzt werden und sein Geld weder für | |
| Atom- oder Rüstungsgeschäfte noch für Spekulationen auf Nahrungsmittel | |
| eingesetzt wird“. Daneben gibt es für gläubige Kunden auch kirchliche | |
| Banken wie etwa die Steyler Bank oder die Bank für Kirche und Diakonie, die | |
| ihre Anlagepolitik ebenfalls ethischen Kriterien unterwerfen. | |
| Alternative Banken sind für Jürgen Fuchs ein wichtiger Schritt hin zur Idee | |
| der „Gemeinwohl-Ökonomie“. Christian Felber, Gründer von Attac Österreich | |
| hat sie so definiert: „Es gibt weiter Profit, aber über den Profit werden | |
| Kriterien des Gemeinwohls gestellt.“ – Ein Leitbild also, das das Streben | |
| nach Gewinn Bedingungen unterwirft, aber keineswegs verbietet; vielleicht | |
| also auch ein Zukunftsmodell für die Deutsche Bank? | |
| 18 Apr 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Simone Schnase | |
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