# taz.de -- Kommentar Land-Grabbing: Den Besitz der Armen schützen | |
> In den nächsten Jahren ist mit einem Wettlauf um die letzten freien | |
> Flächen der Welt zu rechnen. Deshalb sind die neuen UN-Richtlinien zum | |
> Landeigentum längst überfällig. | |
In Schwellen- und Entwicklungsländern wachsen die Mittelschichten und | |
steigt der Konsum von Gütern des täglichen Bedarfs. Dies ist eine | |
willkommene Entwicklung: Jeder auf der Welt sollte in der Lage sein, seine | |
Grundbedürfnisse zu befriedigen und seine Familie zu ernähren. Nur ist die | |
Weltwirtschaft nicht darauf ausgelegt, dass Milliarden von Chinesen, Indern | |
und Afrikanern in Zukunft ebenso viel zu essen haben wie bislang schon die | |
weiße Elite der Europäer und Nordamerikaner. So verschärft sich Konkurrenz | |
um Agrarflächen. | |
In den nächsten Jahren ist mit einem Run auf die letzten freien Flächen der | |
Welt zu rechnen, vor allem auf mehrere Millionen Quadratkilometer dünn | |
besiedelten und größtenteils unberührten Landes im riesigen Herzen Afrikas, | |
in den Savannen nördlich und südlich des Kongo-Flussbeckens, von Angola bis | |
Südsudan. | |
Die Konflikte, wenn exportorientierte Großinvestoren auf eine | |
unterkapitalisierte Subsistenzwirtschaft ohne den Schutz des Staates und | |
des Rechts stoßen, dürften erheblich werden. In Ländern wie Madagaskar oder | |
Uganda sind sie bereits zu spüren. Dass die Zahl der Hungernden weltweit | |
tendenziell steigt, obwohl die Zahl der Armen tendenziell sinkt, ist ein | |
Indiz dafür, dass eine globale Unterschicht ins absolute Elend gedrängt | |
wird. | |
So ist es überfällig, dass die Weltagrarorganisation FAO jetzt Richtlinien | |
zur Achtung bäuerlichen Landeigentums verabschiedet hat. Das Regelwerk | |
bildet einen Satz von Mindeststandards, hinter den keine Regierung der Welt | |
mehr zurückfallen sollte. Es liegt nun an den Regierungen, die Einhaltung | |
dieser Richtlinien durchzusetzen. Und zwar nicht nur im fernen Äthiopien | |
oder Indonesien, wo die bedrohten Bauern leben, sondern auch hier in | |
Europa, wo so mancher Investor seinen Sitz und seinen Absatzmarkt hat. | |
11 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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