# taz.de -- Kartellverfahren gegen Apple: Keine Gnade für Mauschler | |
> Die US-Justiz hält am Verfahren gegen Apple wegen Preisabsprachen im | |
> E-Book-Bereich fest. Die Argumente gegen das Amazon-Monopol haben nicht | |
> überzeugt. | |
Bild: Apple und fünf Buchverlagen wird vorgeworfen, sich bei Einführung des i… | |
NEW YORK rtr/taz | Apple muss sich zusammen mit fünf Buchverlagen wegen | |
Preisabsprachen im E-Book-Geschäft vor Gericht verantworten. US-Richterin | |
Denise Cote lehnte nun einen gemeinsamen Antrag des iPhone- und | |
iPad-Herstellers und der anderen betroffenen Unternehmen ab, die | |
vergangenen Monat eingegangene Sammelklage fallen zu lassen. | |
Cote begründete ihre Entscheidung damit, dass - sollten sich die Vorwürfe | |
bewahrheiten - die Parteien gegen das Gesetz verstoßen hätten. Die | |
Angeklagten sind beschuldigt, sich vor zwei Jahren bei Einführung des iPads | |
abgesprochen und die Preise für elektronische Bücher angehoben zu haben. | |
Das Justizministeriums wirft Apple und den Verlagen vor, sich mit diesem | |
Kartell widerrechtlich gegen die Dominanz von Amazon auf dem E-Book-Markt | |
zusammen getan zu haben. Der Klageschrift zufolge stiegen die Preise Anfang | |
2010 innerhalb von drei Tagen um durchschnittlich zwei bis drei Dollar. | |
Nach Angaben des Justizministeriums soll es folgenden Deal gegeben haben: | |
Während der Händler akzeptierte, dass die Verlage die Preise ihrer Titel | |
selbst festlegen, soll Apple pro verkauftem elektronischem Buch 30 Prozent | |
Gewinnanteil erhalten haben. Allein das sehen Experten schon als | |
gravierenden Eingriff in den Wettbewerb. | |
## Apple diktiert Preise | |
Doch für noch gravierender hält Thomas Hoeren, Professor für | |
Wirtschaftsrecht an der Universität eine andere Vertragsklausel, die Apple | |
den Verlagen mutmaßlich aufdrückte: Sie verpflichteten sich, keinen anderen | |
Händler ihre Produkte billiger verkaufen zu lassen als Apple - wodurch auch | |
Amazon und andere Händler die Bücher teurer anbieten, oder auf die Lizenzen | |
verzichten mussten. | |
Solche Regelungen nach dem so genannten Meistbegünstigungsprinzip sind Teil | |
des Rechtsrahmens der Welthandelsorganisation und legen normalerweise fest, | |
dass Staaten bei der Auftragsvergabe nicht nationale Unternehmen bevorzugen | |
dürfen. Privaten sind solche Gleichbehandlungsregelungen allerdings | |
verboten. „Sie sind in etwa das Schlimmste, was man wettbewerbsrechtlich | |
machen kann und der größte Profiteur war natürlich Apple“, sagt Hoeren. | |
Die Betroffenen bezeichnen hingegen die Vorwürfe als unplausibel. Nach den | |
angeblichen Absprachen seien die Preise im E-Book-Sektor unterschiedlicher | |
geworden und nicht einheitlicher. Während in Deutschland eine gesetzliche | |
Preisbindung für den Buchmarkt gilt, halten die USA die Freiheit des | |
Marktes hoch. Da englischsprachige Literatur viel weniger an die jeweilige | |
Nation gebunden ist und eher einen Weltmarkt bedient, gilt es keine | |
Kleinverlage und Händler in der nationalen Buchbranche zu protegieren. | |
Die Verlage hatten dennoch moniert, unter Amazons Preisen zu leiden, | |
wodurch auch ihre Autoren immer weniger erhalten könnten. Mit dieser | |
Begründung hatte der Geschäftsführer der involvierten Holtzbrinck-Tochter | |
Macmillan, John Sargent, im April einen Vergleich mit dem Justizministerium | |
abgelehnt: Im Gegensatz zu den Verlagen Hachette, HarperCollins und Simon & | |
Schuster, die einlenkten, wolle er nicht die Rückkehr des Amazon-Monopols - | |
auch um der Autoren Willen. | |
## Preisbindung schützt Autoren nicht unbedingt | |
Für Wirtschaftsrechtler Hoeren spricht das Argument des Autorenschutzes | |
nicht unbedingt für eine Preisbindung: In vielen Bereichen wie bei | |
naturwissenschaftlichen Publikationen verdienten die Autoren ohnehin kaum | |
noch etwas an den Tantiemen. „Für sie ist es eher von Vorteil, wenn die | |
Bücher billiger sind und sich öfter verkaufen - so steigern sie ihre | |
Bekanntheit.“ Für Populärautoren sehe das anders aus, hier könnten die | |
Verlage die Preissenkung weitergeben. | |
Doch ansonsten profitiere jeder davon, wenn das Kartellverfahren gegen | |
Apple und die Verlage erfolgreich wäre. Während bei der staatlich | |
festgelegten Preisbindung wie in Deutschland vor allem die Kleinverleger | |
und Kleinhändler geschützt würden, ginge das Privatkartell zulasten aller, | |
die nicht beteiligt waren. „In Zeiten des Internets ist Preiskampf ohnehin | |
eine amorphe Angelegenheit, da selbst Kleinstverlage ihre Bücher | |
unkompliziert vertreiben können und durch den gestiegenen Wettbewerb alle | |
Anbieter kreativ werden müssen.“ | |
Apple sowie die beiden Verlage Penguin und Macmillan wollen das nicht | |
wahrhaben. Seit vergangenem Monat verteidigen sie sich nun vor Gericht. | |
Nach einer ersten Niederlage diese Woche findet die nächste Anhörung am 22. | |
Juni statt. | |
16 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Karen Grass | |
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