# taz.de -- Champions-League-Finale: „Verstärken, bis wir wieder allein sind… | |
> Der FC Bayern glaubt auch im Falle einer Niederlage gegen Chelsea an | |
> seine sportlich-strategische Überlegenheit. Die Münchner wissen um ihr | |
> gut gefülltes Festgeldkonto. | |
Bild: Leuchten außer Konkurrenz: Die Bayern wollen schnellstmöglich wieder an… | |
MÜNCHEN taz | Die Weltenläufe wird dieses Fußballspiel am Samstagabend | |
nicht wirklich tangieren. Nord- und Südpol werden ihre Position halten, und | |
auch die Sonne wird am Sonntag im Osten aufgehen, zumindest in Europa. Auch | |
tektonische Verschiebungen in der Fußballszene des Kontinents sind kaum zu | |
erwarten. | |
Verliert Chelsea und zieht Mäzen Abramowitsch nach 1,1 Milliarden Euro | |
Investitionen in den Londoner Klub den Stecker, „dann kannst du die als | |
Puzzle am Kiosk kaufen“, glaubt Bayern-Präsident Uli Hoeneß, „wenn wir | |
gewinnen, machen wir 20 bis 25 Millionen Euro Gewinn: sportlicher Erfolg | |
auf Basis wirtschaftlicher Vernunft.“ Und wenn nicht? | |
Zu diesem Szenario will natürlich vorab kaum jemand etwas sagen. Ein | |
zweites Jahr ohne auch nur irgendeinen Titel? Undenkbar beim FC Ruhmreich | |
und eigentlich ein Grund zur sofortigen Selbstauflösung. Passieren wird in | |
diesem Fall erst mal: nichts. Jupp Heynckes bleibt Trainer und hilft Freund | |
Hoeneß beim Nachfolger-Suchen. | |
## Umsatzrekord mit 350 Millionen | |
Der Stamm der Mannschaft bleibt unverändert, da neun Leistungsträger | |
langfristig unter Vertrag sind: Arjen Robben, David Alaba, Toni Kroos, | |
Thomas Müller und Franck Ribéry bis 2015, Manuel Neuer, Philipp Lahm, | |
Bastian Schweinsteiger und Mario Gomez gar bis 2016. Hinzu kommen der | |
Baseler Xherdan Shaqiri, Gladbachs Innenverteidiger Dante, Ersatztorwart | |
Tom Starke und dann noch „eine Bombe im Sturm“ (Hoeneß). | |
„Man muss den Kader vielleicht gnadenlos qualitativ vergrößern, auch im | |
Hinblick auf die EM“, sagt Hoeneß, „wir werden unsere Mannschaft so lange | |
verstärken, bis wir wieder alleine sind. Und: Wir haben das Geld dazu.“ | |
Wohl wahr: 350 Millionen Euro bedeuten einen Umsatzrekord. | |
Was sich nicht ändern wird, ist das Spiel des FC Bayern. Willy Sagnol, mit | |
Bayern Champions-League-Sieger 2001, sagt: „Bayern hat eine | |
Erfolgsphilosophie, Dortmund eine Spielphilosophie. Bayern gewinnt oft, | |
wenn Ribéry, Robben oder Gomez etwas gelingt, aber das beruht selten auf | |
Spielzügen.“ | |
## „Was willst du machen, wir sind da“ | |
Und weiter: „Die Spieler heute haben sicher mehr fußballerische Qualität. | |
Wir waren dagegen eine Mannschaft mit viel Charakter. Das fehlt dem Team | |
heute. Das ’Leadership‘ ist nicht optimal. Das sieht man in schwierigen | |
Phasen. Aber ein Verein kann nicht immer einen Effenberg, einen Kahn oder | |
einen Jeremies haben.“ Stefan Effenberg, Anführer des 2001er-Teams, sieht | |
das ähnlich: | |
„Es wäre sinnvoll, wenn Bayern im System flexibler wäre. Im Vergleich zu | |
Dortmund agieren sie zu statisch.Es ist nicht gut, immer nur darauf zu | |
hoffen, dass Ribéry und Robben nicht gestoppt werden können. Die | |
Einkaufspolitik war nicht immer das Gelbe vom Ei. Es muss was gemacht | |
werden, damit sich die in der ersten Elf nicht zu sicher fühlen.“ | |
Ribéry sieht die Kritik gelassen: „Was willst du machen, wir sind da“, sagt | |
er. Soll wohl heißen: Es liegt an uns. Ein gewisser Christian Nerlinger, | |
angeblich Sportdirektor beim FC Bayern, sieht den Klub dagegen „gut | |
aufgestellt, auch schon für die Zukunft“. Die nähere Zukunft heißt | |
freilich: Robbery und das Prinzip Hoffnung. | |
18 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Thomas Becker | |
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DDR | |
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